Vor 150 Jahren wurde die erste wissenschaftliche Gesellschaft zur Zahnmedizin in Österreich gegründet. Heuer wird gefeiert. Dr. Johannes Kirchner, Kustos des Wiener Museums für Zahnmedizin und Vorstandsmitglied des Wiener Zweigvereins der ÖGZMK, sprach über die Anfänge derselben und über die geplanten Feste zum Jubiläum. Anfang des 19. Jahrhunderts waren Zahnärzte alles andere als angesehene Leute. Wissenschaftliche Ausbildung gab es so gut wie keine, der Großteil der Bevölkerung wurde von „Zahnbrechern" behandelt, und selbst in Ärztekreisen war die Spezialisierung auf Zahnmedizin so ziemlich das Letzte. Das zeigt sich nicht zuletzt in einer Aussage, die Dr. Moriz Heider seinem Lehrer Dr. Georg Carabelli gegenüber getätigt haben soll: „Ein honetter Mensch, der etwas gelernt hat, kann kein Zahnarzt werden."Carabelli sah das wohl etwas anders, war er doch nicht nur Hofzahnarzt der Habsburg-Lothringer, sondern auch Inhaber des einzigen Lehrstuhls für Zahnheilkunde in der K.u.K.-Monarchie Österreich-Ungarn. Er gilt auch als Begründer der wissenschaftlichen Zahnmedizin, nicht zuletzt, da er ein fundiertes „Systematisches Handbuch der Zahnheilkunde" verfasste. |
Dr. Moriz Heider, erster Präsident
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Der Österreicher in Berlin Zu dieser Zeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts war das naturwissenschaftliche Wissen einerseits stark angewachsen, andererseits waren die verschiedensten Lehrmeinungen und zum Teil recht abenteuerliche Theorien im Umlauf. Viele Gebiete sahen die Notwendigkeit, das vorhandene Wissen zu erfassen, an die jeweiligen Kollegen zu vermitteln und nicht zuletzt die Theorien zu überprüfen. Kein Wunder, dass die medizinischen und naturwissenschaftlichen Gesellschaften fast wie Pilze aus dem Boden schossen. |
Dr. Georg Carabelli, Hofzahnarzt
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Im Zentrum die Wissenschaft Vom VÖZ zur ÖGZMK Die Wirren zweier Weltkriege, in denen so mancher Bürger ohne Ortswechsel in seinem Leben auf mehrere Staatszugehörigkeiten kam, und die jeweiligen Nachkriegswehen inklusive der Erfindung des Dentistenberufs (nicht zuletzt, um dem Zahnärztemangel Herr zu werden), aber auch die nach dem Zweiten Weltkrieg immer rasanter werdende Entwicklung der medizinischen Möglichkeiten führten zu einer Reihe von Vereinen und Gesellschaften, die sich der zahnärztlichen Wissenschaft und/oder Fortbildung verschrieben. Schließlich wurde der Wildwuchs an verschiedensten Vereinen so groß, dass erneut der Ruf nach einer Koordinierung und Vereinheitlichung laut wurde. 1977 wurde bei einem zahnärztlichen Kongress in Kärnten beschlossen, eine Österreichische Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ÖGZMK) als Nachfolgeorganisation des VÖZ zu gründen und alle Lokalvereine unter diesem Dachverband zusammenzufassen. Der ursprüngliche VÖZ wurde zum Zweigverein Wien. Jedes Bundesland sollte seinen Zweigverein erhalten, in dem möglichst die gesamten Aktivitäten hinsichtlich Wissenschaft und Fortbildung vereint sein sollten. Die Fülle an Spezialisten Die Spezialisierung macht der Einheit heute wieder einen Strich durch die Rechnung. Gesellschaften wie jene für Parodontologie, Implantologie, Endodontie, Kieferorthopädie und so weiter sind einerseits notwendige Erweiterungen im größer werdenden wissenschaftlichen Feld, andererseits aber leidet wieder die Koordination der Fortbildungsveranstaltungen und deren Termine unter der Fülle der Gesellschaften und ihrer Kongresse und Symposien. Dazu kommen noch Einladungen von Firmen, von denen viele, aber nicht alle, interessante und wissenschaftlich fundierte Informationen bieten, die aber nicht immer mit den wissenschaftlichen Gesellschaften zusammenarbeiten. Dennoch bleibt die ÖGZMK die zentrale wissenschaftliche Gesellschaft, ist sie doch auch das Dach für die vielen spezialisierten Fachgesellschaften und eine Reihe von Arbeitsgemeinschaften. Internet: www.oegzmk.atLivia Rohrmoser * Der Deutsche Bund war eine politische Vereinigung der deutschsprachigen Staaten. Das Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland war damals noch eine Ansammlung von Königreichen, (Groß-)Herzog- und (Kur-)Fürstentümern und Hansestädten. Die größten Reiche des Deutschen Bundes waren das Königreich Preußen, das Kaiserreich Österreich und das Königreich Bayern.
So wird gefeiert: Anlässlich des Österreichischen Zahnärztekongresses vom 22. bis 24. September in Villach wird Dr. Johannes Kirchner eine kleine Ausstellung zur Geschichte der ÖGZMK kuratieren, zu deren Besuch nicht nur Kongressteilnehmer herzlich eingeladen sind. Und schließlich feiert die ÖGZMK am 14. November bei der Herbsttagung in Rust, fast genau am Tag ihrer Gründung. |
Dr. Johannes Kirchner, Kustos des Wiener Museums für Zahnmedizin
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