Zusammenhänge und Krankheitswert von Candidanachweisen in Mundhöhle und Darmtrakt. Candidaspezies zählen zu den häufigsten Besiedlern oraler Schleimhäute. Man kennt heute über 200 Arten, wobei neben der Leitspezies Candida albicans immer häufiger auch C. glabrata, C. kruseii und C. tropicalis nachgewiesen werden. Sie finden sich in meist nur geringen Mengen bei ca. 45% aller Erwachsenen und bei immerhin bis 65% gesunden Kindern, wobei dem Auftreten dieser Hefen primär kein Krankheitswert zuzuordnen ist. In den meisten Fällen besiedeln die Hefen als Kommensalen äußere und innere Epithelien bzw. Schleimhäute. Candida hat im Gegensatz zu anderen Pilzen, wie Histioplasma, Aspergillus oder Cryptococcus, kein biologisches Reservoir in der Umwelt, sondern unmittelbar in warmblütigen Organismen und wird damit nur in direktem Kontakt mit anderen Keimträgern übertragen. Die Hefen erweisen sich dabei als extrem anpassungsfähig an die jeweiligen Milieubedingungen im Wirtsorganismus und sind resistent gegenüber Schwankungen des pH-Wertes, des CO2-Partialdrucks und der Verfügbarkeit von Wachstums- und Ernährungsfaktoren, wie Aminosäuren und Eisen. Candida als Teil oraler und intestinaler Biozönosen In der Zahnarztpraxis äußerst sich dies im Manifestwerden einer oralen Candidiasis mit dichten, weißen Schleimhautbelägen, erythematösen oder pseudomembranösen gewebsinvasiven Verlaufsformen sowie einer Beteiligung in der Keimflora tiefer parodontaler Läsionen und in tiefen kariösen Kavitäten. An den Zahnarzt wird vom Patienten immer häufiger die Frage herangetragen, inwiefern orale Infektionen in Zusammenhang mit intestinaler Candidiasis stehen und eine gemeinsame, koordinierte Therapie in solchen Fällen notwendig ist. Übergänge zwischen kommensaler und pathogener Lebensweise Es kommt über Änderungen der Genexpression zur Ausbildung von Virulenzfaktoren der vorher harmlosen Pilzzellen. Dazu gehören neben Adhäsionsfaktoren, welche die Bindung an Epithelien ermöglichen auch direkt gewebsdestruktiv wirkende Agenzien, wie Proteinasen, Phospholipasen und Aspartat. Die Fähigkeit zur Integration in Biofilme gemeinsam mit anderen Mikroorganismen durch Bildung einer schützenden extrazellulären Matrix bietet eine Reihe wirksamer Schutzmechanismen gegenüber der körpereigenen Abwehr, aber auch gegenüber der Wirkung von Antimycotika. Innerhalb dieser Biofilme herrschen veränderte Stoffwechselbedingungen, welche Signalübertragungen zwischen den Mikroorganismen über bestimmte Moleküle wie Oxylipin ermöglichen und eine Ausschleusung von Medikamenten aus den Hefezellen über Effluxpumpen ermöglichen. Das klinische Bild in Korrelation mit dem mikrobiologischen Befund bestimmt die Therapie Gentypisierungen der beteiligten Stämme mittels RAPD ergaben eine hohe Übereinstimmung (65%) der genetischen Identität der Stämme an beiden Loci. Dies lässt folgern, dass bei entsprechender Symptomatik eine Koeliminierung der Candidastämme in Mundhöhle und Darmtrakt anzustreben ist. Dazu muss die Frage nach der aktuellen Pathogenität der Candidakolonisation gestellt werden. Im oralen Bereich ist dies relativ einfach. Nachweisbare weißliche Beläge, oft in Zusammenhang mit Xerostomie, Brennen der Schleimhäute oder Schmerz und Blutung, machen eine Intervention notwendig. In parodontalen Taschen fördert ein gemeinsames Auftreten von Anaerobiern mit Candidaarten den Abbau von Weich- und Hartgeweben und macht eine Sanierung erforderlich. Im Darm sind die Verhältnisse weniger einfach zu beurteilen. Durch überproportionale Zunahme der Hefepilze kann es zu einem organübergreifenden Beschwerdekomplex, bezeichnet als „Candida hypersensitive syndrome", kommen. Eine Assoziation zum Reizdarmsyndrom wird diskutiert, es fehlen aber derzeit noch ausreichende Daten. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass Candida über Mannoproteine der Zellwand allergische Reaktionen induzieren und darüber zu Hypersensibilisierungen führen kann. Bei bereits vorbestehenden Problemen wie chronischen entzündlichen Darmerkrankungen wirkt ein zusätzlicher Candidabefall symptomverstärkend. Der Switch vom harmlosen Schleimhautbesiedler zum pathogenen Mikroorganismus bedingt dann das krankheitserregende Potenzial. Im Falle entsprechender Beschwerden sollte daher die Mundhöhle als Keimquelle für gastrointestinale Infektionen nicht außer Acht gelassen und eine entsprechende antimycotische Therapie eingeleitet werden. Hingegen darf der ledigliche Nachweis von Candida ohne gleichzeitiges klinisches Krankheitsbild nicht Anlass zu einer unnötigen, den Organismus belastenden systemischen Antimycotikatherapie werden. Ch. Eder, L.Schuder |
![]() Candida in der oralen Flora
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