Stress gehört zum Leben - Die Stress-Spirale

Gerade die Komplementärverfahren beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Stress.

Stressreaktion nach Selye: Auf Stress gibt es zuerst eine Alarmreaktion, dann eine Phase der Adaptation, der bei längerer Dauer die Erschöpfung folgt. Unser kinesiologischer Muskeltest basiert auch auf dieser Reaktion: Stress ist in diesem Fall eine Druckbelastung des Muskels, diese Zusatzbelastung kann der Muskel im Normalfall über kurze Zeit aushalten. Kommt dann ein weiterer Stressfaktor hinzu, etwa eine Schadstoffampulle, eine unverträgliche Nahrungsmittelprobe oder das Berühren einer pathologisch veränderten Zone, bricht die Muskelkraft zusammen.
Am Beispiel des Muskels erscheint alles klar; betrachtet man den Gesamtorganismus, spielen viele komplizierte Zusammenhänge mit, das Prinzip ist aber gleich. Stress und die darauf folgende Adaptationen heißt auch Herausforderung und Weiterentwicklung.  Solange wir den Anforderungen gewachsen sind, macht Stress das Leben interessant und die bestandenen Aufgaben bringen Befriedigung und Glücksgefühle. Das ist positiver Eustress.
Kommen zu viele Stressfaktoren zusammen oder dauert die Belastung zu lange, tritt die Erschöpfungsphase ein. Das kann im gefürchteten Burnout münden, aus dem man nur schwer wieder rauskommt. Dysstress entsteht z.B. durch einen Beruf, den man mit Widerwillen und daher unter großer Anstrengung durchstehen muss, aber auch durch die Zusatzbelastung infolge einer chronischen Erkrankung, einer stummen Entzündung oder unverträglicher Nahrungsmittel oder Dentalmaterialien.
Gesunde Ernährung, Meiden von Giftstoffen wie Nikotin, Alkohol und Kaffee, ausreichend Schlaf, Bewegung und reges Sozialleben können gegensteuern. Natürlich empfehlen wir das auch unseren Patienten. Je älter ich werde, umso mehr Verständnis habe ich für chronisch kranke Patienten oder überlastete Kollegen, die es nicht schaffen, diese Ratschläge durchzuziehen. Zusatzbelastungen wie ständiger Schmerz, die Betreuung von Kleinkindern, die Pflege von Angehörigen neben den täglichen Berufs- oder auch nur Alltagsanforderungen machen unsere guten Vorsätze zunichte – und es gibt wieder Leberkässemmeln, Suchtmittel oder Schmerztabletten. Dazu kommt, dass der Weg zurück lange dauert: Burn-out-Kuren dauern drei bis sechs Wochen, Betroffene sind oft sechs Monate krankgeschrieben, im Hintergrund steht die Frage, ob eine mögliche Rückkehr in den Job überhaupt sinnvoll ist. Die schnelle Stressantwort ist adrenerg: Ausschüttung von Katecholaminen innerhalb von Sekunden. Innerhalb von Minuten folgt die endokrine Stressantwort: Cortisol erhöht den Blutzucker und bringt Energie, diese hält länger an und kann zu Erschöpfung führen.
Die Stressorgane Nebenniere, Schilddrüse und Hypophyse laufen auf Hochtouren. Die Nebenniere wird langsam geschwächt, die Schilddrüse reagiert zuerst mit einer Überaktivität, dann folgt eine Erschöpfungsthyreoiditis (Hashimoto). Unter ständiger Anspannung funktionieren auch die Stoffwechselvorgänge im Körper nicht mehr richtig. Viele Stresspatienten klagen über chronische Gastritis, der Magen hat ja viel mit der Psyche zu tun. Andererseits sollte die Magenwandzelle ja den Säure-Basen-Haushalt regulieren, ein weiterer Teufelskreis entsteht. Auch die Gallenblase reagiert stark auf Emotionen („es geht einem die Galle über ...“). Steinbildung und Verdauungsstörungen folgen. Viele Ärzte verschreiben schnell Mittel, die Folgeschäden verhindern sollen: Rezeptorenblocker, krampflösende und entzündungshemmende Mittel, im Akutfall ein Segen, auf Dauer aber die Eigenregulation weiter behindernd.
Bei den meisten Patienten ist die Parasympathikusphase (Erholungszeit, Yin) gestört; sie können nicht abschalten und finden keinen erholsamen Schlaf. Sie können nicht einschlafen, wachen auf und grübeln oder bearbeiten die Probleme des Tages in wilden Träumen und unter Zähneknirschen. Die Bruxerschiene kann die Folgen aufhalten, zur Stressbewältigung gehört aber mehr. Sinnvoll wäre eine Entspannungsphase vor dem Schlafengehen, Entspannungsübungen oder ein Gläschen Rotwein. Es gibt auch elektronische Frequenzgeräte, die den Schlafrhythmus des Gehirns anregen.
Schlafgestörte Patienten sind tagsüber müde, unkonzentriert und nicht leistungsfähig.
Man aktiviert die Reserven, um den Tag durchzustehen: die Produktion von Stress- und Releasinghormonen für die Nebenniere läuft auf Hochtouren. Diese haben als Nebenwirkung eine Degranulation von Mastzellen im Darm, Histamin wird frei, es kommt zur Zunahme der Permeabilität.
Nur wenige Gestresste sind normalgewichtig, genießen ihr Essen und verspüren ein physiologisches Sättigungsgefühl. Einige essen extrem wenig, leiden unter Unverträglichkeiten mit Bauchschmerz, Durchfällen und Müdigkeit. Die Folge sind Mangelzustände, Bindegewebsschwäche und Immunstörungen. Andere sammeln Fett an, es kommt zur Verschiebung der Zytokine in Richtung Entzündung, die Insulinsensitivität sinkt. Gerade Bauchfett gilt heute bereits als Entzündungsherd.
Entzündung produziert freie Radikale, Toxine sammeln sich an, Schmerz entsteht. Dadurch haben die Patienten auch keine Lust mehr auf Bewegung oder soziale Aktivitäten.
Die Verschlackung des Bindegewebes verhindert oft beabsichtigte intensivere Bewegung: Die untrainierten Muskeln schmerzen und produzieren Myokine (Entzündungsmediatoren). Manchmal kommt es auch ohne großen Anlass zu Muskel- und Sehneneinrissen oder zu Ungeschicklichkeiten, Stürzen, Brüchen … Der Körper erzwingt eine Ruhephase. Die richtige Gegenstrategie wäre eine langsame Steigerung der Beweglichkeit und leichter Ausdauersport, also Gymnastik, Yoga, Gehen, Hometrainer oder Minitrampoline. Das ist etwas, was überaktiven Typen schwer fällt, Langzeitprogramme frustrieren sie.
Neurologische Symptome wie Zittern, nervöse Ticks, Parästhesien oder Nervenschmerzen sind nicht nur psychisch bedingt, Vitamin-B- und Magnesiummangel oder Toxineinlagerung (fettlösliche Toxine, Quecksilber) können mit schuld sein. Vitalstoffsubstitution und starke Entgiftung, ev. auch mit Chelatbildnern, sind wichtig.
Die Haut reagiert ebenfalls „gereizt“. Lästige, juckende und kraftraubende Ekzeme quälen die Patienten, als letztes Entgiftungsventil und weil die Haut energetische Zusammenhänge mit dem Darm hat. Lokal helfen Silicea-Cremes, Zinksalben, Sambuccus-niger-Salbe, ev. auch Antihista-minika- oder Cortisonsalben, dauerhafte Abhilfe bringt nur die Symbioselenkung.
Ganz ähnlich reagiert unser Immunsystem. Solange der Stress richtig arg ist, mobilisiert der Körper alle Kräfte und schaltet alle Systeme, die derzeit nicht dem Überleben dienen, auf Sparflamme, z.B. das Hormonsystem: Libidoverlust, Zyklus- und Fertilitätsstörungen sind häufig. Leute, die sehr intensiv arbeiten, planen in der Freizeit dann oft auch ein volles Programm, um wirklich abschalten zu können – und die Physis wehrt sich: Jetzt ist doch endlich Zeit, krank zu sein und zu regenerieren!
In fortgeschrittenen Phasen kommt es zu großer Infektanfälligkeit, die Erkrankungen heilen nicht richtig aus, man erholt sich nicht und rutscht schließlich in eine Abwehrschwäche. Zuerst äußert sich diese meist in neu auftretenden Unverträglichkeiten und Allergien – die Schleimhaut wird durchlässig, der Organismus mag und kann nicht mehr, versucht sich aber noch zu wehren. Dann folgt auch eine Erschöpfung des Abwehrsystems – degenerative Erkrankungen und bösartige Tumore.

MR Dr. EVA-MARIA HÖLLER

Zahnärztin und
Kieferorthopädin in Wien
Schwerpunkt: Komplementärverfahren
Gerichtlich beeidete Sachverständige
mit Zusatzbezeichnungen
Kieferorthopädie und
Komplementärverfahren
ordi.hoeller@aon.at