Aus der Praxis - Risikofaktoren in der Implantologie:

Warum metallfreie Alternativen zu Titan? Titan funktioniert doch ganz gut, oder? Dann frage ich mich, warum gibt es so viele Kongresse mit dem Thema Periimplantitis? 

Der Konsensus-Workshop on Periodontology (2008) beschreibt eine Häufigkeit von 80% für Mukositis und von 28 bis 56% für Periimplantitis bei Implantatträgern. Neben den klassischen Risikofaktoren wie Rauchen, Zementitis, Diabetes, schlechte Mundhygiene und Parodontitis-Vorbelastung gibt es zwei weniger bekannte Faktoren. Das sind die Titanunverträglichkeit und Patienten mit einer speziellen genetisch bedingten Entzündungsreaktion, sogenannte High Responder.
Die Titan-Unverträglichkeit ist keine echte Allergie. Echte Allergien auf Titan sind sehr selten. Allerdings finden sich in Implantaten aus Titan geringeren Reinheitsgrades Verunreinigungen durch Eisen und Nickel, und die prothetischen Aufbaustrukturen enthalten Legierungsbestandteile wie Niob, Vanadium oder Aluminium, sodass es dadurch zu Typ-4-Sensibilisierungen kommen kann. Ungefähr 15–20% der Patienten reagieren auf Titanpartikel mit unerwünschten Entzündungsreaktionen.
Wo kommen diese Titanpartikel her? Titanpartikel entstehen bei der Implantation, durch Bending bei Belastung, Mikrobewegungen zwischen Abutment und Implantat und durch Korrosion, entweder durch saures Milieu in der Mundhöhle oder durch verschiedene Metalle. Durch diese Partikel kommt es zu einer erhöhten Entzündungsbereitschaft unspezifischer Immunzellen. Ob eine Intoleranz vorliegt, kann durch einen Vollblutstimulationstest (IMD Berlin) festgestellt werden. Ein positiver Test ist keine absolute Kontraindikation für ein Titanimplantat, aber die Gefahr der Periimplantitis (ähnlich einer Parodontitis) und damit eines Implantatverlustes ist auf jeden Fall erhöht. Bei ungefähr 80% der Patienten korreliert die Titan-Unverträglichkeit mit den High Respondern.

Was sind High Responder?

Der Responer-Typ sagt etwas über den genetisch bedingten persönlichen Entzündungsablauf bei einem Individuum. Es ist keine Krankheit, aber eine nicht veränderbare, genetisch festgelegte Art (Charakteristik), wie bei Personen eine Entzündung auf biochemischer Ebene abläuft. Responder-Typen werden eingeteilt von Typ 0 bis 4.
Die Testung (IMD Berlin) findet mittels eines Wangenschleimhautabstrichs statt. Typ 2–4 sind die High Responder. Bei Typ 4 besteht ein 6x höheres Risiko für einen Implantatverlust, egal welcher Werkstoff verwendet wird. Kommt auch noch eine Titan-Unverträglichkeit dazu, dann erhöht sich das Risiko für einen Implantatverlust um das 15-fache. Es ist bekannt, dass Patienten mit High-Responder-Genstatus (im ZYTGEN-Test Grad 2–4) ein höheres Risiko für parodontale und periimplantäre Entzündungen aufweisen (Kornman 2003/Laine et al. 2006/Jacobi-Gresser 2010).
Weiters ist aus der Literatur bekannt, dass Allergiker meistens auch High Responder sind. Aus diesem Grund empfehlen wir jedem Implantat-Patienten, den genetischen Test und den Titan-Stimulationstest zu machen.

Was tun bei positivem Befund?

1. Eine Materialalternative sind Implantate aus Zirkon, oder man zieht einen Zahnersatz ohne Implantate in Erwägung.
2. Sollte trotz einer bestehenden Risikokonstellation für Titan entschieden werden oder sind Titan-Implantate schon im Mund, können folgende Faustregeln berücksichtigt werden:
• zweimalige Prophylaxe vor der Implantation
• Prophylaxeintervalle eng setzen
• schonende Einbringung der Implantate
• intensive Therapie bestehender lokaler Entzündungen (Herde) vor und nach der Implantation, Keimuntersuchung bei PA-Patienten. Eine implantologische Versorgung sollte nur bei nachgewiesener Keimfreiheit durchgeführt werden.
• entsprechende entzündungshemmende Medikation während und nach der Implantationsphase
• Raucherentwöhnung

Wenn eine Implantation gewünscht wird und Titan nicht das Mittel der Wahl ist, bleibt momentan Zirkon die einzig ernstzunehmende Alternative. Mittlerweile haben die meisten seriösen Firmen Statistiken über mindestens fünf Jahre oder länger, die ähnliche Verlustraten zeigen wie Titanimplantate. Für das ZV-3-Implantat-System gibt es eine Studie der Universität Groningen vom April 2011 mit einer Überlebensrate nach Kaplan Maier von 96,9% nach fünf Jahren.
Aber wie sieht es mit Zirkonpartikeln aus? Ja, es gibt auch Reaktionen auf Zirkonpartikel, aber in einem weitaus geringeren Maße wie bei Titan (siehe Foto). Es gibt kein Bending und durch das geklebte Abutment zum Beispiel beim ZV-3-System entstehen keine Mikrobewegungen und keine bakteriellen Nischen.
Was macht die Periimplantitis im Zusammenhang mit Zirkonimplantaten? Die oben erwähnte Studie der Universität Groningen von Arie van Winkelhoff aus dem Jahr 2011 hat auch dies mit den ZV-3-Implantaten in einer fünf-Jahresstudie untersucht. Das Ergebnis war, dass bei den Zirkonimplantaten PPD (Pocket depth) und BOP (Bleeding on Probing) signifikant niedriger waren als bei den natürlichen Zähnen. Der Knochenverlust um die ZV-3-Implantate nach fünf Jahren betrug 0,0mm. Zusammenfassend sagt die Studie, dass Zirkonimplantate vom Typ ZV 3 eine ähnliche Überlebensrate haben wie Titanimplantate mit gesunden und stabilen Weich- und Hartgeweben.

Dr. HARALD FAHRENHOLZ
Wiener Zentrum für
Zahnästhetik
office@zirkon-vision.com

Abb. 1: Das ZV-3-Implantatsystem
Abb. 2: Implantation 21
Abb. 3: Platzierung
Abb. 4: Implantate mit den geklebten Glasfaserstiften