Homöopathie / Teil 3: Konstitutionsbehandlung und Kariesprophylaxe mit Homöopathie

Mein Interesse an „alternativer“ Kariesprophylaxe wurde durch die langwährende Diskussion um die Fluorprophylaxe ausgelöst. Homöopathen sagen, dass Fluor hart und spröde macht – das ist uns für den Zahnschmelz recht, für Knochen schon weniger, für die Psyche gar nicht: Fluor macht unflexibel, starrsinnig, stur, rechthaberisch und überheblich.

Klassische Homöopathen haben selbst bei Zahnpasten Bedenken, weil ja kleine Dosen besonders stark wirken. Als pragmatische Zahnärztin befürworte ich alle lokalen Fluoridierungsmaßnahmen, verordne aber keine Fluortabletten, sondern wende homöopathische Kalziumsalze an – aus-
gewählt nach dem Konstitutionstyp.

Was ist diese Konstitution?

Darunter verstehen wir die physischen und psychischen Merkmale eines Menschen, teils angeboren, teils erworben. Ein homöopathisches Mittel soll regulierend wirken. Es soll und kann den Menschen nicht ändern, aus einem Angsthasen wird kein Draufgänger.  Aber ungünstige Wesenszüge wie Ängstlichkeit werden gemildert, gute Anlagen gestärkt. Eltern bemerken oft ausgesprochen positive Entwicklungsschritte während einer Konstitutionstherapie, auch schulische Verbesserungen sind häufig. Wir Kieferorthopäden sehen Wachstumsschübe, wobei gerade schwach entwickelte Knochenbereiche deutlich aufholen. Infektanfälligkeit und Allergien bessern sich.
Manche Homöopathen behandeln jede Akuterkrankung mit dem Konstitutionsmittel; dieses kann sich im Lauf des Lebens allerdings auch verändern. Eine klassische Konstitutionsbehandlung und die zugehörigen „großen“ (für viele Indikationen passenden) Mittel überlassen wir den Experten, also ausgebildeten und erfahrenen Homöopathen. Befindet sich ein Kind bereits in homöopathischer Behandlung, wirkt das vom Kollegen gefundene Konstitutionsmittel natürlich optimal entwicklungsfördernd und stärker als unsere Kalziumsalze.
Zu den klassischen Konstitutionsmitteln zählen Phosphor, Sulfur, Calcium carbonicum Hahnemanni... In allen Verbindungen wirken sie weniger stark, aber immer noch konstitutionell. Der angstlösende und beruhigende Effekt des Phosphors wirkt auch in unserem muskelrelaxierenden Magnesium phosphoricum oder eben in Calcium phosphoricum. Es ist daher sinnvoll, die Kalziumglobuli typgerecht auszusuchen und das eine oder andere Konstitutionsmittel auch einmal symptomatisch einzusetzen.

Calcium phosphoricum – phosphorsaurer Kalk

Typ:
klein, zartgliedrig, schlank, beweglich, kommunikativ, braucht Menschen und Kontakt, will geliebt werden, ist intelligent, ängstlich, scheu, schreckhaft, traumatisiert, „klein und hilflos“, unruhig, ungeduldig, friert leicht, wächst zu schnell, hat wenig Appetit, aber ein Verlangen nach Saurem, nach Speck und hat viel Durst.
Symptome: Oft Schulkopfschmerz, Infekte, kleine, reaktive Lymphdrüsen, chronischer Schnupfen, respiratorische Insuffizienz, Mundatmer, Neigung zu Polypen.
Auffällig: hoher Gaumen, Engstand, Zähne dreieckig (inzisal schmäler), weiß-bläulich. Zähneknirschen.
Wenn man keine konstitutionelle Richtung erkennen kann – Calcium phosphoricum ist nie ganz falsch. Es ist mein häufigstes Mittel, die angstlösende Komponente passt zu Kindern in der Entwicklung oft.

Calcium fluoratum – Flussspat

Typ:
schlank, überstreckbar, Hautprobleme, Bindegewebsschwäche, innere Unruhe, zappelig, reizbar, hitzig, provokant, will auffallen, Klassenkasperl, nervenaufreibend, hyperaktiv, überempfindlich, guter Appetit.
Symptome: Neigung zu Allergien, hitze- und lichtempfindlich, Schilddrüse und Wirbelsäule sind anfällig, Verhärtungen, auch bei Lymphdrüsen.
Auffällig: Asymmetrien, skelettale Dystrophien, destruktive Konstitution, Schmelzflecken und Hypoplasien, kariesanfällig, Neigung zu Zähneknirschen.
Das war natürlich das erste Mittel, das wir als Kariesprophylaxe eingesetzt haben, es soll aber wirklich nur bei unruhigen, hyperaktiven Kindern eingesetzt werden.

Calcium carbonicum – Austernschalenkalk

Typ:
robust, neigen zu Übergewicht, „quadratisch“, kompakt, kindlich und rund, „gesundes Baby“, schlaff, müde, wenig Energie, Couch potatoe, verweigern sich dem Leben, schweigsam. Angst vor Neuem und Fremden, Urangst, Angst vor dem Zahnarzt, klammert sich an die Mutter, mag keinen Streit, sehnt sich nach Geborgenheit.
Symptome: Psychisch stabil, ruhig, phlegmatisch, stur, Mangel an Initiative, bequem, träge, faul, langsam, ungeschickt, unsportlich. Oft hellhaarig, Milchunverträglichkeit.
Lymphatischer Typ, dicke Lymphdrüsen, chronische Tonsillitis, Polypen, schwitzt leicht (besonders am Kopf), Verstopfung (fühlt sich wohl dabei), Verlangen nach Süßem, mag kaltes Wasser und harte Eier.
Auffällig: Langsame Entwicklung, Spätzahner, quadratische Zähne.

Calcium sulfuricum – Gips

Typ: stabil, stur, hartnäckig, legt Wert auf Kleidung und Materielles, Abneigung gegen Waschen, Schmuddelkinder, oft scharfer Geruch, unordentlich, schlampig, Eifersucht unter Geschwistern.
Symptome: Neigung zu Eiterungen und Abszessen, Otitis, Akne, Ekzeme, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Toxinbelastung.
Auffällig: Zähne rechtwinkelig, gelblich. Zahnfleisch blutet beim Putzen, Innenseite oft geschwollen und wund.

Silicea – Kieselerde, Quarz

Ist kein Kalziumsalz, aber ein tolles Konstitutionsmittel. Hilft bei Bindegewebsschwäche – dem Übel unserer Zeit. Macht beständig, erdet, hilft gegen Strahlenbelastung (Handy!).
Typ: Siliceatypen sind blass, verfroren, empfindlich, wetterfühlig, berührungsempfindlich, haben überall Schmerzen. Unsicher, unentschlossen, zaghaft, zerstreut, Angst vor Prüfungen, Mangel an Selbstvertrauen, Mangel an Lebenswärme, niedergedrückt, sauber, genau.
Symptome: Stinkender Schweiß (nachts, Fuß), dünne, wundmachende Sekrete, schlaffes Gewebe, Elastizitätsverlust, Striae, knicken um, Venenprobleme, Schnupfen mit Krusten, Drüsenverhärtungen, chronische Entzündungen und Eiterungen, Verstopfung – Stuhl schlüpft zurück, Neigung zu Infekten und Pilzerkrankungen. Haut, Haare und Nägel sind problematisch, Schwielen- und Ganglienbildung, parodontale und Kiefergelenksprobleme.

Viele der Merkmale eines Mittels werden wir als Zahnärzte nie abfragen, aber wenn man sich ein bisschen mit den einzelnen Typen beschäftigt, bekommt man ein gutes Gefühl, welches Mittel passen könnte. Diese Vorgangsweise ist natürlich nicht einer echten Konstitutionsbehandlung gleichzusetzen, aber eine wertvolle Hilfe bei Kariesprophylaxe und als kieferorthopädische Begleitbehandlung.

Kurartige Dosierung: 6 Wochen alle 6 Monate: D12/1 x tgl. 5 Globuli oder D30/1 x pro Woche.

MR Dr. EVA-MARIA HÖLLER
Zahnärztin und Kieferorthopädin in Wien
Schwerpunkt: Komplementärverfahren
Gerichtlich beeidete Sachverständige mit Zusatzbezeichnungen
Kieferorthopädie und Komplementärverfahren
ordi.hoeller@aon.at

Calcium-fluoratum-Kind