Arzthaftungsprozess - Unvermeidliches Risiko des Arztberufes?

Vermehrt beschweren sich Patienten über die Behandlungen, die ihnen durch Ärzte und Zahnärzte entgegen gebracht wurden.

Während sich Patienten, deren medizinische Behandlungen nicht den gewünschten Erfolg brachten oder sogar nachteilige Folgen nach sich zogen, noch vor 10 bis 20 Jahren  zumeist ihrem „Schicksal“ gefügt haben, nimmt die Zahl der Schlichtungsverfahren und auch der Gerichtsprozesse ständig zu. Zahnärzte haben sich vermehrt Vorwürfen zu stellen, Behandlungsfehler begangen zu haben, „unpassenden Zahnersatz“ hergestellt zu haben oder über bestimmte Risken der durchgeführten Behandlungen nicht ausreichend aufgeklärt zu haben. Das Risiko, sich als Arzt einem Beschwerdeverfahren stellen zu müssen, ist mittlerweile ein durchaus erhebliches – wahrscheinlich sogar ein „typisches“ – Risiko des Arztberufes.
Zweifellos ist jeder Beschwerdefall unangenehm. Wird der Weg zu Gericht beschritten, ist er zudem ein sehr zeitaufwändiger und oft aufreibender. Arzthaftungsprozesse sind überdies von der starken „Präsenz“ und Bedeutung der beigezogenen Sachverständigen gekennzeichnet, deren Gutachten den weiteren Prozess prägen.
Sowohl die Frage, ob die Behandlung des Patienten fehlerhaft war, als auch die Beurteilung, welche Risken mit einer vorgenommenen Behandlung typischerweise verbunden sind, werden nämlich ausschließlich von beigezogenen Sachverständigen beurteilt. Kommt der Sachverständige zum Schluss, dass die Behandlung von jener eines durchschnittlich sorgfältigen Zahnarztes abgewichen ist, führt dies in aller Regel zur Haftung des vom Vorwurf betroffenen Zahnarztes.
Sieht der Sachverständige das Risiko eines Eingriffes als „typisches Risiko“ an, nimmt das Gericht eine Aufklärungspflicht über dieses Risiko an. Es liegt dann am Zahnarzt beziehungsweise seiner Vertretung, nachzuweisen, dass über das sich verwirklichte Risiko aufgeklärt wurde oder aber der Patient ohnehin der Vornahme des Eingriffes – auch wenn ihm sämtliche Risken im Detail aufgelistet worden wären – zugestimmt hätte.
Es sollte daher eine Selbstverständlichkeit sein, dass im Rahmen der Vorbereitung des Prozesses exakt die Dokumentation erörtert wird, welche Erinnerungen den Patienten und dessen Behandlung betreffend vorhanden sind und welche Zeugen allenfalls welche Umstände bestätigen könnten. Nur dann ist es möglich, dem Gericht – und insbesondere auch dem Sachverständigen – einen Sachverhalt präsentieren zu können, der eine sinnvolle Überprüfung durch den Sachverständigen ermöglicht.
In Zusammenhang mit Prozessen gegen Zahnärzte ist jedenfalls wichtig zu wissen, dass die Haftpflichtversicherung in der Regel „lediglich“ die Deckung (Abwehr oder Erfüllung) von Schadenersatzforderungen (Schmerzengeld, Verdienstentgang, Pflegekosten) übernimmt, allerdings keine Deckung für die meist ebenso verlangte Rückzahlung des „Werk-lohns“ (Entgelt für Zahnersatz etc.) übernimmt.
Begehrt daher der Patient die Rückerstattung des Arzthonorars (samt darin allenfalls enthaltenen Kosten für Zahntechniker) und Schadenersatz (Schmerzengeld), gewährt die Haftpflichtversicherung in der Regel nur eine anteilige Deckung für die Kosten des Prozesses. Es empfiehlt sich daher jedenfalls, diesen Punkt mit Ihrem Haftpflichtversicherer zu diskutieren und allfällige Deckungsmöglichkeiten und deren Kosten zu erörtern.

Dr. Martina Haag
Rechtsanwältin in St. Pölten
Expertin für Arzthaftungsprozesse
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