Pilzerkrankungen der Kieferhöhle: Fungale Infektionen sind häufige Auslöser von Sinusitis

Während Mykosen der oralen Schleimhäute vor allem durch Hefen aus der Gruppe der Candidaspezies hervorgerufen werden, findet man im Sinus maxillaris und den Nasennebenhöhlen vor allem Aspergillus, daneben auch seltenere Vertreter der Gattungen Mucor, Absidia und Rhizopus.

Der häufigste Vertreter, Aspergillus mit den Arten A. fumigatus und A. flavus, gehört zu den Eurotiomyceten aus der Gruppe der Fungi imperfecti, von welchen nur die asexuelle Vermehrung über die Bildung von Konidophoren mit bis zu 10.000 Sporen bekannt ist. Beim Pilznachweis auf Agar-Platten (z.B. Sabouraud-Agar) bildet er gefältelte, samtige, große Kolonien. Mucor aus der Familie der Mucorales bildet auf   Pilzagar wollige Kolonien mit schwarzen, feinen Sporen.

Saprophytische Pilze als potenzielle Pathogene

Die Pilze kommen großteils ubiquitär in der Umwelt vor. Zur Besiedelung von Schleimhäuten der Nebenhöhlen und zur Entstehung einer mykotischen Sinusitis kommt es nur unter bestimmten prädisponierenden Voraussetzungen. Dazu benötigen die Pilzsporen zunächst geeignete Eintrittspforten, wie sie durch Mund-Antrum-Verbindungen im Zuge von Zahnextraktionen, apikaler Parodontitis oder infizierten odontogenen Zysten entstehen. In der Kieferhöhle finden die potenziell pathogenen Erreger gute Wachstumsbedingungen im feuchten, schleimigen und warmen Milieu vor. Besonders in Phasen geschwächter lokaler oder systemischer Abwehr kommt es zu Störungen des Gleichgewichts zwischen mykotischer und bakterieller Standortfora der oralen Schleimhaut. Weitere Auslöser sind längerfristige Gaben von Breitbandantibiotika oder Steroiden, Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus und Fremdkörper im Sinus maxillaris.
Prinzipiell  unterscheidet man drei Formen von Pilzbefall in der Kieferhöhle:
1) das Mycetom, eine nicht invasive Form in präformierten Hohlräumen
2) die allergische Pilzreaktion
3) die invasive Form mit einem invasiv-sinusoidalen Myzel

Mycetome sind oft Folgen vorangegangener Wurzelbehandlungen

Die häufigste Form, die nicht invasive mycotische Sinusitis des S. maxillaris, äußert sich in 90% der Fälle als sogenanntes Aspergillom; weitere je 5% werden durch Mucor oder Candida verursacht. Betroffen sind sonst gesunde Menschen sämtlicher Altersklassen. Der Verlauf kann zunächst asymptomatisch sein. In der Folge kann es zu Druckschmerz, Klopfempfindlichkeit und schleimig- grünlichem, unangenehm riechendem, manchmal auch eitrigem Sekretfluss und Behinderung der Nasenatmung durch Borkenbildung kommen. Aspergillus bildet einen meist unilateralen Pilzball, welcher sich im Röntgen als teilweise metalldichte Struktur zeigt. Dies belegt den Zusammenhang zwischen der Bildung von Aspergillomen mit wurzelbehandelten Zähnen im Oberkiefer. Überfüllung mit zinkoxidhaltigem Wurzelfüllmaterial fördert nachweislich Wachstum und Vermehrung des Pilzes. Das metalldichte Erscheinungsbild wird aber auch durch die Einlagerung von Calciumphosphat und -sulfat in verkalkende nekrotische Pilzmassen hervorgerufen. Daneben fördern auch andere Fremdkörper in der Kieferhöhle wie Wurzelreste, alloplastisches Knochenmaterial oder nicht osseointegrierte Implante die Entstehung von Mycetomen.
Ein Zusammenhang von Aspergillus mit der Genese von Karzinomen im Sinus maxillaris wird diskutiert (Beck, Mannagetta, 1994). Aspergillus fumigatus bildet Mycotoxine, wie Fumagillin, Gliotoxin und Sphingofungine, welche zytotoxische und möglicherweise kanzerogene Eigenschaften besitzen. In jedem Fall kommt es aber zu einer chronischen Reizung der Sinusschleimhaut mit möglicher Entstehung einer Plattenepithelmetaplasie und damit einem erhöhten Entartungsrisiko. Häufig werden im nekrotischen Tumorgewebe Pilze nachgewiesen, wobei es sich allerdings auch um eine sekundäre Besiedelung handeln kann.
Die Therapie von Aspergillomen besteht in einer chirurgischen Entfernung des Pilzballes, z.B. über endonasale Fenestrierung der Kieferhöhle nach vorheriger Abklärung der Lokalisation über CT. Bei vollständiger Entfernung des Mycetoms ist keine weitere antifungale Therapie notwendig.

Schwärzepilze als Allergene

Patienten mit mykotisch ausgelöster allergischer Sinusitis leiden meist gleichzeitig auch an Asthma bronchiale. Die häufigsten Verursacher hier sind Aspergillusarten sowie Dematiaceae wie Curvularia, Alternaria und Bipolaris. Letztere werden wegen der Melanineinlagerungen in den Konidien auch als „Schwärzepilze" bezeichnet. Im Sinus findet sich hier dicker, grünlich-brauner Schleim, sogenannter allergischer Mucus, welcher dicht von eosinophilen Granulozyten durchsetzt ist. Mittels histologischer Spezialfärbungen kann man im Schleim fragmentierte Hyphen nachweisen. Der Diagnosestellung sollte in jedem Fall ein positiver kultureller Pilznachweis vorausgehen. Die Patienten zeigen in vielen Fällen auch im Blutbild Eosinophilie sowie erhöhte Gesamt-IgE und pilzspezifische IgE-Werte. Auch im Pricktest zeigt sich eine positive Reaktivität auf Pilzantigene. Inflammatorische Polypen mit ödematösem Stroma und eosinophiler Infiltration sind oft nachweisbar. Die Therapie besteht in einer fuktionell-endoskopischen Operation der Nasennebenhöhle mit anschließender Drainage der Sinus sowie topischer Behandlung mit Corticoiden und Antihistaminika. Teilweise wird auch der Einsatz lokaler Antimykotika empfohlen.

Schwere Krankheisverläufe bei invasiven Mykosen

Zu einer invasiven sinusoidalen Mykose kommt es in erster Linie bei Diabetikern mit Ketoacidose und bei nichtimmunkompetenten Patienten mit Neutropenie, Chemotherapie, Knochenmarks- und Bluterkrankungen, konsumierenden Erkrankungen, Immunsuppression nach Organtransplantation oder HIV. Die akute Form zeigt einen massiven Verlauf mit schweren Krankheitssymptomen und Fieber. Chronische Formen haben einen progredienten, aber schweren Verlauf. Nicht selten zeigen die Patienten ophthalmische oder neurologische Symptome durch Beteiligung von Orbita und Schädelknochen. Häufigste Pathogene sind hier Mucor, Aspergillus, Rhizopus und Absidia. Durch die entzündlichen Prozesse kommt es zu Gewebsdestruktion, Ulzerationen, Granulombildungen und Nekrosen mit Durchwachsung von Mukosa sowie Weich- und Hartgewebe durch Pilzhyphen. Die Pilze brechen in Blutgefäße ein, und es besteht die akute Gefahr systemischer haematogener Aussaat. In solchen Fällen ist sofortige chirurgische Intervention mit radikaler Exzision und Debridement der Nekrose notwendig. Anschließend erfolgt eine systemische Therapie mit liposomalem Amphotericin B oder Ketoconazol über mehrere Wochen. Die Therapie kann nach kultureller Erregerbestimmung und Sensibilitätstestung entsprechend modifiziert werden.

Ch. Eder, L. Schuder

Aspergillus gehört zu den Eurotio-
myceten