Detoxifikation/Teil1: Physiologie und Diagnostik

Eine hohe Gesamtbelastung durch verschiedene Schadstoffe und ein damit überfordertes körpereigenes Entgiftungssystem führt zu mannigfaltigen Krankheitssymptomen. Dabei ist der direkte Zusammenhang zwischen der Toxinbelastung und den Reaktionen des Körpers oft nicht klar und schon gar nicht schulmedizinisch nachweisbar.

Die Symptome reichen vom quälenden Hautausschlag und allergischen Erkrankungen über rheumatische Formen, Neuropathien und Schwächezustände bis hin zu Krebs. Die Eliminierung körpereigener Abbauprodukte (Hormone, abgebaute Zellstrukturen, Ammoniak, Darmalkohole, Schwefelwasserstoff), Krankheitserreger (Viren, Bakterien,   Fremdeiweiß) sowie Schwermetalle und Umweltgifte erfolgt über die gleichen, einzig vorhandenen Entgiftungsstrukturen: Leber, Niere, Darm, Lymphe, Haut, das Grundsystem (Bindegewebe) und das Immunsystem bilden eine funktionelle Einheit.
Das zentrale Organ zur Aufbereitung der Schadstoffe für die Entgiftung ist die Leber. Die Phase 1 wandelt lipophile Stoffe in wasserlösliche Substanzen um. Die Cytochromperoxidase und andere Oxidasen oxidieren, reduzieren, hydrolisieren, hydrieren oder dehalogenieren. Die meisten Stoffe werden dadurch einfach ausscheidbar, einige aber hoch reaktiv (Giftung) und müssen sofort weiterverarbeitet werden. Zahlreiche Arzneistoffe wie Koffein, Blutdruckmittel, Valium, Codein, Narkosemittel oder Chemotherapeutika belasten die Phase 1.
Blockiert man die Phase 2 (z.B. beim Suizid mit Paracetamol), bricht die Weiterverarbeitung zusammen und die radikalen Produkte aus der Phase 1 vergiften den Organismus. In der Phase 2 werden die in Phase 1 gebildeten Komplexe mit körpereigenen Stoffen gekoppelt: Glutathion, Sulfat, Glycin, Glucuronsäure und Acetyl ermöglichen einen Transport und die Ausscheidung über Galle und Niere. Die entscheidenden Enzyme dabei sind die Glutathion-S-Transferasen und die N-Acetyl-Transferase.
Prinzipiell ist die Entgiftungskapazität genetisch festgelegt, es gibt auch (ungünstige) Genpolymorphismen: Eine überaktive Phase 1 und eine langsame Phase 2 ist die „gemeinste" Kombination. Die hochreaktiven Radikale werden nicht sofort abgefangen und können Lipide, Proteine und sogar die DNA schädigen. Die Systeme passen sich allerdings den Erfordernissen an und können über gezielte Vermeidungs- oder Ernährungsmechanismen beeinflusst werden (Epigenetik).

Diagnosemöglichkeit:

Phase 1 kann mit Koffein getestet werden, Phase 2 mit Paracetamol.
Dieser Test ist auch kinesiologisch möglich (beide Substanzen sind im Lebertestsatz enthalten, können aber auch selbst mit Kaffeepulver bzw. Mexalen hergestellt werden). Dr. Landenberger hat auch spezielle Fragebögen entwickelt, in denen er typische körperliche und mentale Symptome (Bewegungskoordination, Schwindel, Konzentrations-, Schlafstörungen ...) und möglichen Kontakt mit Toxinen abfragt. Zusätzlich sind natürlich eine ausführliche Anamnese sowie unbedingt eine zahnärztliche Beurteilung zu erheben.

Einflussmöglichkeiten:

Die Phase 1 kann durch Grapefruitsaft (zwei Gläser täglich) verlangsamt werden. Am wichtigsten ist die Vermeidung aller Substanzen, die das Zytochromsystem aktivieren: Proteinreiche Ernährung, gesättigte Fette, verbranntes Fleisch (Grillen), Kaffee, Alkohol, Barbiturate, Sulfonamide, Steroide, Codein, Halothan, Antidepressiva, Auspuffgase, Lacke, Dioxin und Pestizide.
Alle Infektionen triggern das Phase-1-System durch vermehrte Radikalenbildung. Ein allfälliger Mangel an Vitamin C, Vitamin E oder Glutathion ist auszugleichen.
Hier zeigt sich auch schon die Problematik: Man kann nicht alles beeinflussen, vermeiden, ausleiten, also muss man in Angriff nehmen, was geht, z.B. Zahnherde oder proentzündliche Materialien.

Phase 2 kann wesentlich besser beeinflusst werden: Zufuhr der Mineralstoffe Zink, Selen und Molybdän sowie sulfatreiche Ernährung durch Zwiebel, Knoblauch und Kohl.
Besonders günstig sind Substanzen, die beide Phasen regulieren: Ausreichende Glutathionversorgung, Polyphenole (Curcumin, Heilpilze), Phospholipide, mehrfach ungesättigte Fettsäuren und verzweigtkettige Aminosäuren synchronisieren die natürliche Phasenabfolge.
Ein Maß für die Entgiftungskapazität stellt der Glutathionspiegel dar (Verhältnis Gesamt-GSH zu reduziertem Glutathion). Ist das reduzierte Glutathion zu niedrig, muss zuerst die Phase 2 durch Aminosäurenzufuhr aufgebaut werden, bevor man Gifte mobilisiert.
Schwermetalle senken das Redoxpotenzial an der Zellmembran elektrochemisch, unterbrechen den Zitratzyklus und damit die Zellatmung, woraus sich Mitochondropathien entwickeln. Quecksilber blockiert außerdem die Schwefelgruppen und damit die Glutathionsynthese (aus Methionin und Glutamin).

Toxindiagnostik:

Schwermetalle sind nach Dr. Landenberger mit zahlreichen chronischen Erkrankungen assoziiert (Krebs, Neuropathien, Parkinson, MS, Herzerkrankungen, Autismus). Er empfiehlt einen DMSA-Test, z.B. im Labor Biovis, Limburg.
Für Umweltgifte wie PCB, Formaldehyd, Lindan, Phtalate etc. gibt es ein LTT-Screening (Lymphozytentransformationstest) - besonders versiert ist das bereits bekannte Institut für Medizinische Diagnostik Berlin. Besonders auffällig ist der Einfluss von Umweltgiften bei Lymphomen.

Weiteres Laborscreening:

Mineralien und Vitamine im Vollblut, Schilddrüsendiagnostik, Leber- und Entzündungswerte, Cortisoltagesprofil im Sputum, Serotonin und Adrenalin (Stressdiagnostik), Insulin und Präinsulin (Insulinresistenz), Hormonspiegel (Östrogendominanz fördert Proliferationen).
IgG4- und IgE-Nahrungsmittelintoleranzen sind ein Maß für die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut - bei gestörter Entgiftung kann die Mukosa nicht ausreichend regenerieren. Eine entsprechende Diät bringt Erleichterung, meist genügt eine Rotationsdiät.
Schon die Diagnostik erfordert umfangreiches Wissen und kann nur von Allgemeinärzten durchgeführt werden.
Der von Dr. Landenberger empfohlene Diagnosegang wird außerdem von den österreichischen Kassen nicht übernommen und ist daher für die meisten Patienten nicht finanzierbar. Ein kinesiologisches Vorscreening, kombiniert mit ausgewählten Laboruntersuchungen, ist ein guter Weg.
Kenntnisse über die Entgiftung sind die Voraussetzung für eine Koordination der zahnärztlichen Maßnahmen im Rahmen eines umfangreichen Entgiftungsprogrammes - Herdsanierung oder Materialentfernung zum falschen Zeitpunkt kann ausgesprochen kontraproduktiv sein.

Dr. Eva-Maria Höller


Bericht aus dem Kurs „Entgiftungsstrategien speziell für Zahnärzte" von
Dr. Martin Landenberger und Prof. Dr. John Ionescu.

In der nächsten Ausgabe:
Teil 2: Therapie: Entgiftungskonzept nach Dr. Landenberger

Curcuma (Gelbwurzextrakt) - zur
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