ZahnSteinZeit: Der Hauptverband ist gesprächsbereit

Die Hauptforderung der Zahnärztekammer ist die Modernisierung des Kassenvertrages, um den Patienten eine zeitgemäße Behandlung auf Vertragsbasis bieten zu können. Wir sprachen mit Mag. Bernhard Wurzer, seit 1. April 2013 Generaldirektor-Stellvertreter im Hauptverband.

Herr Magister Wurzer, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch, Sie sind ja schon viele Jahre mit dem Thema „Masterplan Gesundheit" befasst, aber erst kurz im Verbandsmanagement!

WURZER: Ja, mein „Antrittsbesuch" in der Zahnärztekammer ist noch ausständig.

Die Zahnärztekammer hat jetzt eine Kampagne gestartet, um auf die enorme Veralterung des Kassenvertrages und die nicht mehr zeitgemäßen Selbstbehalte aufmerksam zu machen. Was sagen Sie dazu?

WURZER: Wir - und da kann ich natürlich nicht für mich, sondern nur für den Hauptverband sprechen - waren ja lange im Gespräch, um den seit den 70er Jahren bestehenden Gesamtvertrag zu modernisieren und danach auch über die Aufnahme neuer Positionen zu verhandeln. Die Gespräche sind aber gescheitert und wurden abgebrochen. Die Gesetzgebung hat reagiert und die Leis-tungspalette der Ambulatorien erweitert. Wir arbeiten gerade an einer Zukunftsstrategie  in den Ambulatorien, z.B. in der Kieferorthopädie, wo wir uns in den eigenen Einrichtungen auf das konzentrieren  wollen, was zahnmedizinisch geboten ist, weg von der Gießkanne.

Warum sind die Gespräche gescheitert?

WURZER: Zwei zentrale Forderungen des Hauptverbandes wurden von Anfang an abgelehnt: Erstens die Forderung nach den Mindestordinationszeiten von fünf Tagen in der Woche mit insgesamt mindestens 20 Wochenstunden. Zweitens wollten die Standespolitiker nicht auf unsere Forderung eingehen, dass Patienten zum Kassentarif behandelt werden, auch wenn sie die e-card vergessen haben, aber eine Sozialversicherungsnummer haben und sich mit einem Ausweis legitimieren können. Die Zahnärztevertreter wollten die Möglichkeit haben,  diese Patienten auch  privat zu behandeln.

Aber geht es denn zunächst nicht um wesentlich wichtigere und grundlegendere Themen wie die Modernisierung des Kassenvertrages?

WURZER: Natürlich, und das ist auch unser Ziel. Wir wollten und wollen noch immer den Kassenvertrag entrümpeln, den Gesamtvertrag auf neue, moderne Beine stellen.  Dazu bedarf es aber eines Klimas des Dialoges. Die gegenwärtige Kampagne der Zahnärztekammer leistet dazu wenig Beitrag.

Also zuerst die Basis neu schaffen, und dann im Detail die neuen Positionen verhandeln?

WURZER: Genau.

Die ZÄK fordert die Abschaffung der Selbstbehalte. Ist das auch für Sie denkbar?

WURZER: In den wesentlichen Bereichen der zahnärztlichen Grundversorgung gibt es keine Selbstbehalte für ASVG Versicherte. In jenen Bereichen, wo Zuzahlungen durch Patientinnen erfolgen, wäre es für die Zukunft zielführend, sich auf die wesentlichen zahnmedizinisch gebotenen Fälle zu reduzieren, und dafür diese zu verringern. Dazu bedarf es aber der Bereitschaft der ZÄK.

Es geht aber auch um die sozial schwache Bevölkerung, die sich z.B. den Selbstbehalt einer Prothesenreparatur nicht mehr leisten kann!

WURZER: Wir sind gesprächsbereit, aber wie gesagt, zuerst muss der Gesamtvertrag neu verhandelt werden, dann kann man über einzelne Verbesserungen und Nachbesserungen sprechen.

Eine sehr lange Forderung, die auch immer wieder versprochen wurde, ist die Aufnahme der Zahnvorsorge in den Mutter-Kind-Pass. Warum geht da nichts weiter?

WURZER: Gerade in der derzeit diskutierten Gesundheitsreform stehen  für die Prävention insgesamt, also auch möglicherweise im Zahnbereich, 15 Mio. Euro mehr zur Verfügung, 13 Mio. von den SV, 2 Mio. von den Ländern. Die Details dazu müssen erst ausverhandelt werden.

Und die Forderung nach einer zeitgemäßen Kinderzahnheilkunde, die im Vertrag ja bisher gar nicht vorgesehen ist?

WURZER: Hier wird bereits von den Versicherungsträgern viel gemacht. Ein großes Augenmerk gilt hier v.a. der Gruppenprophylaxe in Kindergärten und Schulen.

Sind für Sie Gemeinschaftspraxen mit zwei Kassenverträgen denkbar?

WURZER: Gemeinschaftspraxen, bei der sich zwei oder mehrere Zahnärztinnen gemeinsame Ordinationsräumlichkeiten teilen, sind bereits jetzt zulässig und gelebte Praxis. Zur Schaffung von Gruppenpraxen, bedarf es eines spezifischen Gesamtvertrages. Hier wurde uns seitens der ZÄK bekundet, dass wenig Interesse besteht.

In der Kieferorthopädie gibt es seit 40 Jahren keine Anpassung im Kassenvertrag, wie soll das weitergehen?

WURZER: Auch das gilt es zu verhandeln, die Meinungen darüber aber, ob so manche Leistungen zum Kassentarif angeboten werden sollen, sind auch seitens der Zahnärzteschaft unterschiedlich. Ich bin konsens-orientiert. Ein neuer Anlauf ist wichtig und soll schon bald gemacht werden.

Wir danken für das Gespräch, das Dr. Birgit Snizek führte.

Mag. Bernhard Wurzer,
Generaldirektor Stellvertreter
im Hauptverband