Im Trend der Zeit: Erschöpfungskrankheiten

Burn-out ist ein beliebtes Thema. Zeitschriften und dicke Bücher beschreiben die einzelnen Stadien, vom Komplementärmediziner oder Klostermanager bis zur Talkmasterin hat jeder Patentrezepte zu bieten - Auszüge aus dem Kurs „Entgiftungsstrategien"/Vortrag Dr. Martin Landenberger Anfang März in Wien.

Betroffen sind erstaunlicherweise die verschiedensten Berufsgruppen: Ärzte - niedergelassen oder im Spital tätig - sowieso, aber auch Hausbesorger oder Hausfrauen. Es ist nicht die tatsächliche höchste Anforderung, die zählt, sondern die persönliche Überforderung, oft auch ein selbst auferlegter Perfektionismus. Üblicherweise empfehlen wir Auszeiten (sechs Wochen bis ein Jahr), eine Lebensstiländerung, Psychotherapie ... Alles gut und schön, aber manchmal auch objektiv einfach nicht möglich (z.B. mit kleinen Kindern ohne Großfamilie, einer hochspezialisierten Praxis ...). Daher die Frage: Was können wir rein physisch, mit Nährstoffen machen?

Auslöser Dystress

Die Stresserkrankung beginnt schleichend, mit Dystress, Dauerüberforderung ohne entsprechende Erholungszeiten. Dabei kommt es zu einem dauerhaften Anstieg von Adrenalin. Dieses mobilisiert Zucker aus den Zellen. Die Hyperglykämie führt zu unspezifischen Entzündungsreaktionen mit Schmerzen, Fettgewebsbildung und Insulinresistenz. Weitere Folgen können sein: Abwehrschwäche, Hormondysbalance, Diabetes.
Hält dieser Zustand länger an, kommt es zu einer Erschöpfung der adrenalin-bildenden Zellen im Nebennierenmark und der chromaffinen Zellen (Darmwand und Lymphknoten), das eigentliche Burn-out. Messbar ist Adrenalinmangel (im Morgenurin), gleichzeitig ist Cortisol erhöht. Tryptophan ist erniedrigt und die Umwandlung zu Serotonin sinkt - es kommt zu depressiver Verstimmung. Die Patienten zeigen einen Mangel an Mitgefühl. Sie erkranken oft im Urlaub.
In dieser Phase können sich Umweltgifte besonders schädlich auswirken. Xenoöstrogene (z.B. aus Kunststoffen) können unerwünschtes Wachstum (Krebs) auslösen. Schwermetalle induzieren verschiedenste Schmerzen und Fieber (über Interleukine, Interferon g etc.). Mit entsprechender Therapie kann man das Steuer aber noch herumreißen.
Das Endstadium ist das Chronique Fatigue Syndrom CFS. Zum Haupt-symptom des schweren Adrenalinmangels kommen oft Zusatzbelastungen wie nitrosativer Stress durch Wirbelsäulenfehlstellungen oder chronische Infekte mit Herpes, Zytomegalie oder Chlamydien. Die Symptome sind oft grippeähnlich: Fibromyalgie, Morgensteifigkeit, Verkrampfungen, Reizdarm, Migräne, es kommt aber auch zu Wesensveränderungen. Der nun schon sehr stabile Teufelskreis ist nicht mehr leicht zu durchbrechen.
Dr. Landenberger hat eine große Allgemeinpraxis mit vielen Möglichkeiten, die uns Zahnärzten nur begrenzt zur Verfügung stehen. Er empfiehlt ein breites Laborscreening: Aminosäure- und Fettsäurestatus, Vitamin- und Mineralstoffbestimmung im Vollblut. In Deutschland übernehmen einige Kassen die Kosten, bei uns müsste der Patient mit etwa € 400.- rechnen, bevor wir überhaupt mit einer Therapie beginnen. Das schreckt auch die Allgemeinärzte ab, die mit uns am Seminar teilnehmen. Sehr wertvoll sind für uns die Fragebögen, die Dr. Landenberger entwickelt hat. Sie erlauben ein anamnestisches Vorscreening. Ergänzt durch Elektroakupunktur oder Kinesiologie können wir die Untersuchungen reduzieren und erschwinglich machen.
Für schwere Fälle empfiehlt Dr. Landenberger als erstes die Entfernung aller Metalle aus dem Körper, da diese die nötige Entgiftung blockieren - das ist natürlich ein wichtiger Bereich für uns Zahnärzte. Die Entgiftungstherapie führt er mit EDTA als Chelatbildner durch.
Die Zufuhr der fehlenden (übermäßig verbrauchten und ungenügend resorbierten) Substanzen soll bei schwer kranken Patienten patenteral erfolgen. Er hat Infusionsmischungen entwickelt (Bezugsquelle z.B. Viktoria Apotheke, Saarbrücken: versand@internet.apotheke.de). Diese wirken wie das Aufladen einer Batterie. Dazu setzte er Mineralstoffe, Vitamine, Nebennierenextrakte und Probiotika ein. Diese Fälle sollten wir zahnärztlich betreuen und mit Allgemeinärzten zusammenarbeiten.
Für leichtere, beginnende Fälle, Familienangehörige und letztendlich uns selbst können wir aber viel darüber hinaus machen.

Aminosäuren

Ausgangsstoffe für Adrenalin sind Tyrosin und Phenylalanin. Letzteres ist zwar bei vielen Softdrinks und Süßigkeiten zugesetzt, wird aber offensichtlich nicht entsprechend verstoffwechselt. Tyrosin ist in Milch, Casein, Eigelb, Erdnüssen, Erbsen und Bohnen enthalten. Da relativ frühzeitig bei Stresserkrankungen Nahrungsmittelintoleranzen und das Reizdarmsyndrom auftreten, sind diese Lieferanten aber nicht immer verträglich. Tyrosin ist auch die Ausgangssubstanz für Schilddrüsenhormone. Nach Abklären von Antikörpern oder Selenmangel kann auch hier eine Substitution Wunder wirken, ohne (wie die „fertigen" Hormone wie L-Thyroxin) die Rückkoppelungsprozesse zu stören.Tyrosin und Phenylalanin brauchen Vitamin D3 - das gilt nicht umsonst bereits als Hormon. Tyrosin wirkt auch verbessernd auf die kognitiven Leistungen, Studenten nehmen es gerne als „smart drug". Es wirkt gegen Ermüdung und antidepressiv und wird auch gegen Alzheimer eingesetzt.
Arginin und Ornithin, Taurin wirken leistungssteigernd, als Stickstofflieferant, entgiftend und immunsteigernd, Arginin gilt auch als natürliches „Viagra".
Cystein und Methionon werden mit Glutamin zur Glutathionsynthese und Entgiftung benötigt, sie liefern auch Schwefel.
Lysin wirkt antiviral, ein Mangel besteht meist bei ruhelosen Patienten, die viele Backwaren verzehren. Interessant für chronische Infekte. Glutamin benötigen wir als Neurotransmitter für die Darmschleimhaut.
Carnitin befördert Fettsäuren in die Mitochondrien, wir brauchen es für Muskelaufbau und bei Herzschwäche.
Leucin, Isoleucin, Valin (BCAA, verzweigtkettige Aminosäuren) brauchen Sportler zum Muskelaufbau.
Manche Menschen haben Störungen im Eiweißstoffwechsel. Im Harn sind dann Eiweißabbauprodukte feststellbar (Kryptopyrrolurie) - diese können noch schneller einen Aminosäuremangel erleiden.
Aminosäuren sind einzeln oder als Mischungen von verschiedenen Firmen erhältlich, z.B. Lamberts, Thorne, Pure Encapsulations, Biogena 00... , meist in Kapselform, die Einnahme wird etwa ½ Stunde vor dem Essen empfohlen Es gibt zahlreiche Kombinationen, die sich bereits Burn-out, Stress-Repair oder Neurostress nennen. Den Empfehlungen von Dr. Landenberger besonders nahe kommen die Präparate Aminoplus von Stada - Säckchen mit Pulver, in Wasser aufzulösen, Zitrusgeschmack.
Als Nebennierenstütze stehen uns Globuli zur Verfügung. Glandulae suprarenales comp. von Wala ( 2x5). Dr. Landenberger selbst nimmt Injektionspräparate und vermengt sie mit 1ml Blut, um die Monocyten (adulte Stammzellen) zur Proliferation anzuregen und so Gewebsregeneration zu erzielen.

Vitalstoffe

An Vitalstoffen benötigen die Patienten Zink, Calcium, Magnesium, Selen, Chrom, B-Vitamine, Vitamin D, C,  und Coemzym Q 10 - hier gibt es ebenfalls Fertigpräparate, z.B. Pure 365 Anti-Stress. Omega-3-Fettsäuren sind meist erniedrigt, dafür gibt es eine Überlastung an Transfetten (aus Backwaren und Wurst). Leinöl, Nüsse, Eigelb oder Innereien liefern neben (nicht schädlichem) Cholesterin auch Fette für die Markscheiden der Nerven (Neurofood). Nur oxidiertes Fett verkalkt (Gegenmittel: Antioxidantien).

Probiotika

Sie sind wichtig: Milchsäurebakterien und Enterococcus faecalis fabrizieren eine Art Kitt zwischen den Zellen des Darmendothels (wirkt auf die Zonula-1-Proteine der Tight junctions und damit gegen das Leaky-gut-Syndrom). Auch hier gibt es bereits spezielle Stress-Mischungen (z.B. Omnibiotic Stressrepair).
Die Mischungen sind nicht so hochdosiert, dass ein Einsatz mehrerer Präparate gefährlich wäre. Wer gut testen kann, erzielt mit hochdosierten Einzelsubstanzen ein besseres Ergebnis. Entscheidend ist, möglichst frühzeitig die Erschöpfungsspirale zu unterbrechen.

Dr. Eva-Maria Höller