Graz ? Klagenfurt ? Salzburg: MKG-Chirurgie - ein sehr umfangreiches Fachgebiet

Prim. Prof. DDr. Alexander Gaggl studierte in München Zahnmedizin (seine Eltern waren aus Kärnten nach Deutschland gezogen) und in Innsbruck Medizin, seine Facharztausbildung absolvierte er an der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Graz. Im Jahr 2000 erfolgte die Habilitation, von 2002 bis 2010 war   Gaggl Oberarzt an der Abt. für MKG-Chirurgie des Landeskrankenhauses Klagenfurt. Seit Oktober 2010 ist er Vorstand der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums der PMU Salzburg. ZMT führte mit ihm das folgende Gespräch.

Könnten Sie bitte die Salzburger Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie kurz vorstellen?

GAGGL: An der Klinik gibt es 18 ärztliche Stellen und knapp 80 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Schwerpunkte sind die kieferorthopädische Chirurgie, Fehlbildungschirurgie, Tumorchirurgie und rekonstruktive Chirurgie, weiters Traumatologie, augmentative Chirurgie und Implantologie.  Ein Spezialgebiet ist die rekonstruktive Chirurgie mit mikrovaskulärer Transplantation. Die Klinik verfügt über 24 Betten und über eine große Ambulanz mit mehr als 25.000 Patienten jährlich. Rund 2.500 Operationen pro Jahr werden in Narkose durchgeführt. Im Steigen begriffen ist die Zahl der Tumorpatienten und der Patienten mit Fehlbildungen und Gesichtsdefekten. Zunehmend wichtiger wird auch die ästhetische Gesichtschirurgie. So geht es etwa bei der gemeinsam mit der Kieferorthopädie durchgeführten prinzipiellen Planung der Behandlung heute um gute Funktion und gute Ästhetik. Auch Weichteilkorrekturen, Entfernungen von Falten etc. werden häufiger durchgeführt. Die MKG-Chirurgie hat heute ein sehr umfangreiches Aufgabengebiet. Sie ist auch kein Lückenfach mehr, sondern ein etabliertes, eigenständiges Fach, das von den Patienten gut angenommen wird.

Welche Veranstaltungen an bzw. mit der Klinik wird es in den nächsten Monaten geben?

GAGGL: Hier ist zunächst das 6. Symposium der Österreichischen Gesellschaft für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und Kraniofaziale Anomalien (OA Schachner von unserer Klinik ist Präsident der Gesellschaft) zu nennen. Thema wird das „Timing" in der interdisziplinären Behandlung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und kraniofazialen Anomalien sein. Das Symposium findet vom 12. bis 13. April in Salzburg, im Mozarteum, statt.
Weiters möchte ich zum 1. Nationalen ITI-Kongress über „Hot Spots in der Implantologie" einladen, bei dem Prof. Grunert, DDr. Virnik und ich das Programmkomitee bilden. Veranstaltungsort ist das Radisson Blu Hotel & Conference Centre in Salzburg, der Termin ist der 21. und 22. Juni.
Im Sommer wird auch der zweite Kurs über Nahlappentechniken in der Gesichtschirurgie in Salzburg stattfinden, zusammen mit HNO, Dermatologie und Augenheilkunde. Und im Dezember wird es das 2. Salzburger Adventsymposium über Implantatkomplikationen geben.

Ich verbinde sowohl mit Ihnen als auch mit Ihrem Vorgänger, Prof. Krenkel, die Begriffe „Distraktion" bzw. „Distraktionsimplantate". Wie häufig kommen heute Distraktionsimplantate
zum Einsatz?

GAGGL: Wir haben 1996 damit begonnen und es rund acht Jahre lang forciert betrieben. Heute kommen Distraktionsimplantate seltener zum Einsatz. Zwar stellen sie für manche Patienten/Patientinnen ein sehr gutes Verfahren dar, allerdings muss man bedenken, dass eine Distraktion nur in eine Richtung möglich ist. Für komplizierte, dreidimensionale Defekte ist die Methode daher nicht immer geeignet. Die lange Phase bis zur Implantation und die Selbstaktivierung können für Patienten auch recht mühsam sein.   

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft aus?

GAGGL: Es ist zu erwarten, dass ein Teil der MKG-Chirurgen nach ihrer Ausbildung in die Praxis gehen wird, und ein anderer Teil in der Klinik verbleibt. Während sich die Klinik-Fachärzte vermehrt mit gesichtschirurgischen Patienten beschäftigen werden, wird die Tätigkeit in der Praxis vor allem aus zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen bestehen. Natürlich gilt dies nicht als strenge Trennung, sondern nur als wahrscheinliche Schwerpunktgestaltung. Das heißt, dass auch die Klinik weiterhin natürlich alle Bereiche des Fachs anbieten wird und die niedergelassenen Kollegen dies je nach der Möglichkeit einer stationären Betreuung ihrer Patienten ebenso tun können.
Innerhalb der Kliniken wird man vermehrt den Gedanken der Interdisziplinarität leben. Wir haben eine zahnärztliche und eine allgemeinmedizinische Ausbildung und können im Bereich von Gesicht und Hals den PatientInnen ein großes Leistungsrepertoire anbieten, das auch für andere Disziplinen gut nutzbar ist. Überschneidungen mit anderen Fächern sehe ich eigentlich unproblematisch. Ich denke, damit können die verschiedenen Seiten leben. Und wenn ExpertInnen aus verschiedenen Bereichen gut zusammenarbeiten, dann kann dies für die Patienten nur von Vorteil sein.

Herzlichen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner

Prim. Prof. DDr. Alexander Gaggl