Langsamer Sauerstofftransport: Sauer - macht nicht lustig

Applied Kinesiologie
Test auf Übersäuerung:
Der M. pectoralis major,
beidseits gleichzeitig
getestet, ist schwach.

Wir kennen den Ausdruck, dass jemand sauer ist - verstimmt, verärgert. Auch Komplementärmediziner sprechen gerne von Übersäuerung und empfehlen in erster Linie Diät. Ist Säure also generell schlecht?

Der Säure-Basen-Haushalt ist ein komplizierter Regelmechanismus im Körper, der erwünschte pH-Wert abhängig von der jeweiligen Funktion des betreffenden Organs und dem dafür nötigen Milieu. Die prinzipielle Steuerung erfolgt über die Magenwandzelle: Dort kann die Carboanhydrase aus Salz (Natriumchlorid), Wasser und Kohlendioxid Salzsäure und Natriumbikarbonat bilden. Dieser Mechanismus ist abhängig von Zink (das daher sowohl bei Magenproblemen als auch für viele chemische Vorgänge im Körper eingesetzt wird). Die Salzsäure soll im Magen für ein sehr saures Milieu sorgen, damit Keime abgetötet werden und die Nahrungsverdauung beginnt. Viele Medikamente müssen diese Barriere überwinden und daher in magensaftresistente Kapseln verpackt werden. Das Bikarbonat soll ins Blut abgegeben werden - es dient dort als Puffersubstanz. Bei Übersäuerung im Blut greift der Körper auf andere Puffermechanismen zurück: Calcium und Phosphat werden dazu aus dem Knochen gelöst, es kommt zu Osteoporose (und Parodontose). Übersäuerung im Blut ist lebensgefährlich, daher wird der Abpufferung des Blutes Vorrang eingeräumt.

Viele Therapien greifen nicht

Im Gewebe wird bei einer Übersäuerung der Stofftransport verlangsamt, Giftstoffe häufen sich an, Nährstoffe erreichen die Zellen nicht mehr. Besonders viel Säure fällt in entzündlich veränderten Bereichen an - dadurch können Keime überleben, Abwehrzellen werden blockiert und Gewebe wie Bindegewebe oder Knochen können zerstört werden. Bei starker Übersäuerung greifen daher viele unserer Therapien nicht, die Heilungsreaktion scheitert an der Säurestarre. Außerdem entstehen im sauren Milieu verstärkt Entzündungsmediatoren, die Schmerz erzeugen. Für Patienten ist es äußerst schwierig, aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Oft werden Mischpräparate mit Mineralstoffen und Vitaminen verordnet, Bewegung und Diät dringend angeraten. Bis eine entsäuernde Diät greift, vergehen mindestens vier Wochen - eine Zeitspanne, die die meisten Patienten nicht durchhalten, auch wenn wir erklären, dass sich ja auch die Schäden über längere Zeit entwickelt haben. Die Vitalstoffe erreichen ihren Wirkort nicht. Die empfohlene Bewegung scheitert an den Schmerzen, die Diät halten die Patienten dann auch nicht durch...

Testmöglichkeiten

Als Messmethode, ob bereits eine konstante Übersäuerung besteht, kann man eine Säuretitration des Harns mit Mess-Streifen aus der Apotheke (nach Sander) durchführen: Normalwert vor dem Essen 7,2-7,4. Nach dem Essen soll es zu einem Basenfluten kommen.
Kinesiologischer Test: Testampulle „sauer", M. pectoralis major beidseits (gleichzeitig) getestet ist schwach. Die Diät selbst wäre ja nicht so schwierig, einsetzbar bei Entzündungen aller Art, Rheuma, Osteoporose, Allergien...
Zu meiden sind Zucker, Weißmehl, (rotes) Fleisch, Wein und phosphatreiche Getränke (Softdrinks) als Säurelieferanten. Basisch sind Gemüse (Ausnahme: Spargel) und Kartoffel.Milchprodukte und Getreide sind neutral.
Patienten mit Schmerzen brauchen natürlich rasche Hilfe. Ich setze auch durchaus konventionelle Schmerzmittel parallel zu meiner Therapie ein, obwohl diese eventuell die Heilung verzögern. Die Patienten sollen aber versuchen, diese schrittweise zu reduzieren, was sie meistens eifrig befolgen.
Aus der Naturapotheke gibt es einige rasch wirkende Notfallsprodukte: Kartoffelsaft (auch als Fertigprodukt aus dem Drogeriemarkt, z.B.Biotta), etwa ½ Liter täglich. Natriumbikarbonat (Speisesoda) und diverse Mischungen mit Magnesium, Kalium etc.: Basenpulvermischungen gibt es zuhauf, fast jeder Allgemeinmediziner hat ein eigenes zusammengestellt.
Gute Erfahrungen habe ich mit Basenpulver II nach Rauch:
Natrium phosphoricum      10,0
Kalium bicarbonicum        10,0
Natrium bicarbonicum       80,0
Calcium carbonicum        100,0
m.f.pulv.
Dosierung: 2-3 x täglich ½-1 TL in ¼ l lauwarmen Wasser, schluckweise trinken Im Notfall kann man auch Speisesoda oder Samarin verwenden. In Fällen mit starker Entzündung geben Allgemeinärzte Baseninfusionen. Einläufe sind möglich. Patienten mit Ekzemen, z.B. Neurodermitis, empfehle ich Basenbäder, auch Salben haben beruhigende Wirkung. Parodontalpatienten sollen auch mit Soda (oder Basenpulver) putzen und spülen. Wenn der Geschmack nicht stört, kann man Soda statt Zahnpaste verwenden:  Die Scheuerwirkung ist optimal, die Zähne werden weiß-glänzend. Es massiert das Zahnfleisch, beseitigt Säure und ist damit entzündungshemmend. Außerdem enthält es keinerlei Farbstoffe oder sonstige für extrem sensible Patienten möglicherweise schädliche Stoffe.
Basenpulver alleine heilt natürlich nicht, aber es bremst Entzündungen und allergische Reaktionen, den Patienten geht es besser und sie stehen die anderen Therapieschritte durch.Aber Vorsicht, einige Bereiche müssen sauer sein:
Säuremangel im Magen bringt Verdauungsstörungen und Vitamin B 12-Mangel - Betainhydrochloridkapseln helfen.
Auch im Urogenitalsystem werden höhere Säurewerte benötigt:
Bei rezidivierendem Blasenkatharrh setzen heute auch Schulmediziner Acimethin ein, wir empfehlen eher Apfelessig (1 EL in ¼ Wasser) oder Preiselbeerpräparate (Saft, Kapseln).
Bei hartnäckigem Vaginalpilz (nach der meist nötigen Antimykotikatherapie) Milchsäurespülungen (1 EL 30% Milchsäure in ½ l Wasser im Irrigator verwenden, etwa 2 Wochen lang abends).

Dr. Eva-Maria Höller