Orthomolekularmedizin: Vitamin C - universelles Heilmittel?

Vitamin C war die erste Substanz, die als orthomolekulares Mittel eingesetzt wurde. Nobelpreisträger Linus Pauling hat es empfohlen, unter anderem als Anti- Krebsmittel, zusammen mit den Vitaminen B,  A und E.
 
Auch heute kann Vitamin C hoch dosiert große Verbesserungen bewirken, bei Erschöpfungssyndromen, chronischer Müdigkeit, Regulationsstarre und natürlich bei Malignomen. Die ideale Anwendungsform ist eine Kurzinfusion: Vitamin- C-Ampullen (7,5g, Pascoe) in 250ml Ringerlösung, über 10-20 Minuten verabreicht, 2x pro Woche über drei Wochen oder länger, sind sinnvoll. Eine wichtige Indikation für eine Infusionstherapie ist eine starke Schwermetallbelastung. Die Entgiftungsfunktion der Leber wird angeregt, auch für Umweltchemikalien wie Pestizide und Lebensmittelzusätze. Auch bei der seltenen allergischen Quecksilberbelastung spielt Vitamin C eine große Rolle. Hier geht es darum, den Schub einer neurologisch-entzündlichen Erkrankung (durch die Amalgam-Entfernung) zu verhindern. Es wird empfohlen, alle Amalgame in einer Sitzung auszufräsen - mit Lokalanästhesie, perfekter Absaugung und der Infusion von 1g Cortison pro kg Körpergewicht und 50 mg Vitamin C als Ausleitmittel und Antioxidans. Dies ist nur unter klinischen Bedingungen möglich, die Provisorien dürfen minderwertig sein und nach einigen Tagen ausgetauscht werden.
In der täglichen Praxis sind wir natürlich wesentlich weniger radikal, obwohl Vitamin C auch im Alltag viele Indikationsgebiete hat:

- Am wichtigsten für uns ist die Tatsache, dass die Kollagensynthese Zink und Vitamin C benötigt - indiziert also für alle parodontologischen Fälle, aber auch bei Kiefergelenksproblemen und für die postoperative Knochenneubildung. Die Managermischung gegen Bruxieren besteht aus zwei Kapseln Zinkcitrat ( à 30mg) und 2g Vitamin C pro Tag.
- Vitamin C ist auch ein Ausleitmittel und deshalb Teil der Standard-Ausleittherapie bei Amalgambelastung (Zink, Vitamin C, Grünalgen und Lymphmittel).
- Das Immunsystem kann mit Vitamin C gestärkt werden: Viele Patienten nehmen in den Wintermonaten regelmäßig Vitamin-C-Präparate als Infektionsprophylaxe ein.
- Vitamin C ist auch ein potentes Antiallergikum, es kontrolliert den Histaminspiegel. Es wirkt sowohl bei Schnupfen- und Augensymptomatik als auch bei Ausschlägen. Als Antiallergikum soll es hoch dosiert werden, ab etwa 4g, zumindest kurzfristig, also etwa drei Tage.
- Vitamin C ist ein starkes Anti-oxidans, es kann Radikale einfangen und die Zellen schützen. Es ist daher in allen Kombinationspräparaten zum Zellschutz enthalten.
- Es verbessert die Eisenaufnahme und wird daher zu manchen Eisenpräparaten kombiniert.
- Vitamin C benötigen wir zum Cholesterinabbau und für die Carnitinsynthese, für die Hormonproduktion in der Schilddrüse und der Nebenniere sowie für die Neurotransmittersynthese.

Also doch Vitamin C für alle?

Die klassische Vitamin-C-Mangel-erkrankung ist Skorbut. Hauptsymptome: Zahnfleischschwund und Zahnverlust, Rheumaschmerzen, Blutungen. Pflanzen und Tiere können Vitamin C synthetisieren, Menschen jedoch nicht. Wir haben auch nur einen begrenzten Speicher für Vitamin C. Durch chronische Erkrankungen und Stress, Rauchen und Medikamente (Aspirin als Schmerzmittel und Gerinnungshemmer, Kontrazeptiva u.a.) kann rasch ein Mangelzustand entstehen, aber auch im Wachstum oder im Alter.
Wir denken bei Vitamin C gleich an Zitrusfrüchte und exotische Produkte. In Wahrheit wachsen bei uns großartige Vitamin-C-Lieferanten: Kohlsprossen, Kraut, Kartoffeln. Die heimischen Sorten sind allgemein verträglich und Basenlieferanten für uns.
Wenn wir gezielt substituieren oder höher dosieren wollen, ist die beste Möglichkeit, natürliches Vitamin C zu verwenden. In diesen Produkten sind sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, deren genaue Zusammensetzung und Wirkweise wir noch nicht kennen, sowie Informationen der Pflanzen. Gute Lieferanten sind Sanddorn, Preiselbeeren oder Acerolakirschen. Synthetisches Vitamin C ist Ascorbinsäure, uns allen auch bekannt als Konservierungsmittel.
Ascorbinsäure kann man als billiges Pulver kaufen, eine Messerspitze ist ein Gramm. Das Mittel ist sehr sauer, für viele Patienten mit empfindlichem Magen ist die Therapie nicht ohne Weiteres möglich. Man kann allerdings Ascorbinsäure selbst abpuffern: auf 100g ein Kaffeelöffel Speisesoda (Natriumbikarbonat).
Ideale Verabreichung: Einrühren in lauwarmes Wasser, schluckweise über Stunden trinken. Wir haben eine Aufnahmegrenze von 425 mg Vitamin C auf einen Sitz, die üblichen Vitaminbomben mit 1000 mg verbessern daher in erster Linie die Abwehrsituation der Ratten. Die handelsüblichen Zubereitungen sind meist Tabletten oder Kapseln mit 500 oder 1000 mg gepuffertemVitamin C, einige geben den Wirkstoff zeitverzögert ab. Bei Patienten beliebt sind Brausetabletten - Brausezubereitungen werden allerdings eher schlecht vertragen.
Nebenwirkungen:
Wirklich häufig ist eine Übersäuerung des Magens. Bei höherer Dosierung kann hartnäckiger, kaum kontrollierbarer Durchfall auftreten - ab 4g möglich, meist ist die Toleranzgrenze aber bei etwa 10g. Manche Therapeuten empfehlen, zur Toxin-ausleitung Vitamin C bis zur Durchfallgrenze einzunehmen - eine sehr wirksame, aber auch unangenehme Methode. Bei längerer Anwendung wird möglicherweise die Bildung von Oxalatsteinen gefördert.
Im Test ergibt sich nicht sehr häufig die Notwendigkeit eines Vitamin C-Einsatzes - wahrscheinlich durch abwechslungsreiche Ernährung und des (nicht immer sinnvollen) Zusatzes von Vitamin C zu Nahrungsmitteln.

Dr. Eva-Maria Höller

Kartoffel enthalten viel Vitamin C