In letzter Instanz: Zwei Urteile des OGH

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in Österreich als letzte Instanz zu entscheiden. Aufgrund des Verfahrensrechtes werden allerdings nur wenige Fälle tatsächlich in der Sache vom OGH entschieden. Um zu veranschaulichen, dass es sich bei den juristischen Ausführungen in dieser Kolumne nicht nur um praxisferne Gedankenspielereien handelt, stelle ich heute einige jüngere Entscheidungen vor, in denen Zahnärzte beklagt waren.

1. 10 Ob119/07 h; 10.03.2008 - Haftung für die Urlaubsvertretung

Die beklagte Zahnärztin ließ sich für die Dauer ihres Urlaubs von ihrem Ordinationsmitarbeiter vertreten. Dieser behandelte eine Patientin, die Klägerin, klärte sie aber nur mangelhaft auf. Deswegen begehrte die Klägerin Schadenersatz von der - während der Behandlung abwesenden - Zahnärztin. Nur am Rande sei erwähnt, dass der Vertreter auch die erforderlichen Qualifikationen nicht aufgewiesen hat, was die diesbezüglich getäuschte Zahnärztin nicht wissen konnte; für die wesentliche Frage ist dies jedoch irrelevant.

Der OGH hatte zu entscheiden, in welchem Ausmaß die Zahnärztin für ihren Vertreter haftet: Unter bestimmten Umständen haftet der vertretene Zahnarzt für jedes Verschulden (d.h. für jeden Behandlungs- und Aufklärungsfehler) seines Vertreters und nicht etwa nur dann, wenn er schuldhaft einen untauglichen Vertreter auswählt. Zu einer derartig strengen Haftung kommt es, wenn der Vertreter als sogenannter Erfüllungsgehilfe tätig wird. Mit anderen Worten, wenn er - für den Patienten erkennbar - im Namen des abwesenden Zahnarztes handelt und nicht selbst einen Behandlungsvertrag mit dem Patienten abschließt. Indizien für eine solche Erfüllungsgehilfeneigenschaft des Vertreters sind die Übernahme von Praxis, Personal und Kundenstock für die Dauer der Abwesenheit. Im vorliegenden Fall bejahte der OGH die Haftung der abwesenden Zahnärztin.

Anmerkung: Die bloße Empfehlung eines Zahnarztes, während seiner Abwesenheit einen bestimmten Kollegen zu konsultieren, begründet eine solche Haftung nicht.

2. 4 Ob 68/09t; 09.06.2009 - Titelführung

In diesem Fall ging es um die Zulässigkeit einer Titelführung. Der beklagte und in Kärnten niedergelassene Zahnarzt bekam von einer rumänischen Universität aufgrund seiner wissenschaftlichen Erfolge den Titel „Gastprofessor für Zahnmedizin" verliehen, der in Rumänien mit „Prof. Dr. Med. dent." abgekürzt wird. Mit dieser Abkürzung bewarb der Zahnarzt seine Ordination. Dem Zahnarzt wurde untersagt, diese Bezeichnung zu führen, weil er damit gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoße.

Trotz der europäischen Integration und der Zulässigkeit einer derartigen Titelführung in Rumänien müsse der Zahnarzt in Österreich dem Titel einen Hinweis auf die rumänische Universität bzw. die Gastprofessur hinzufügen. Dies sei notwendig, um zu verhindern, dass potenzielle Patienten dahingehend getäuscht werden, dass sie glauben, dem Zahnarzt sei von einer inländischen Universität der Titel „Professor" verliehen worden.

Mag. Vincent Schneider
Partner der Schneider & Schneider Rechtsanwälte OG
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