Einwilligung: Ihr Kinderlein kommet ...

Der Titel täuscht, obwohl Weihnachten ja schon vor der Tür steht. Hier geht es um eine rechtliche Frage, die Sie ganzjährig betreffen kann und bei der Missverständnisse weit verbreitet sind.

In früheren Artikeln wurde an dieser Stelle aufgezeigt, dass eine genaue Aufklärung über die Folgen einer ärztlichen Behandlung notwendig ist, um von einer wirksamen Einwilligung des Patienten in die Heilbehandlung ausgehen zu können. Nur dadurch bewahrt sich der Arzt vor dem Vorwurf der eigenmächtigen Heilbehandlung, welcher sowohl straf- als auch zivilrechtliche Konsequenzen haben kann. Bei Minderjährigen wird häufig angenommen, die Eltern müssten die Zustimmung erteilen. Ganz so einfach ist es aber nicht:

§ 146c ABGB stellt Ihnen hier eine schwierige Aufgabe: Es gilt nämlich, dass das einsichts- und urteilsfähige „Kind" nur selbst die Einwilligung im medizinische Behandlungen erteilen kann. Wann eine derartige Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorliegt, kann aber nicht pauschal beantwortet werden und ist von Ihnen im Einzelfall zu bestimmen. Parameter sind etwa Alter und Reife des Kindes sowie seine Fähigkeit, die Risiken zu verstehen und abzuwägen, wobei für einen schwereren Eingriff wohl auch ein strengerer Maßstab angelegt werden muss.

Das Gesetz enthält immerhin eine Zweifelsregel, wonach die Einsichts- und Urteilsfähigkeit ab dem vollendeten 14. Lebensjahr vorliegt, worauf Sie vertrauen dürfen, sofern es nicht im Einzelfall Anzeichen für das Gegenteil gibt. Für jüngere Patienten müssen Sie entscheiden, ob die Voraussetzung vorliegt.

Stets muss allerdings die wichtige Ausnahme von der oben genannten Grundregel beachtet werden: Ist die Behandlung mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit (z.B. länger als 24 Tage andauernde Beeinträchtigung) verbunden, so bedarf es zusätzlich der Zustimmung eines Erziehungsberechtigten. Dies ist beim ehelichen Kind grundsätzlich ein Elternteil, beim unehelichen Kind die Mutter; wurde gemeinsame Obsorge vereinbart, ist dies wiederum jeder Elternteil. Bei Scheidung behalten normalerweise beide Elternteile die Obsorge, andere Regelungen sind möglich.

Fehlt einem Kind die Einsichts- und Urteilsfähigkeit, so kann es keine wirksame Einwilligung erteilen, vielmehr ist dann tatsächlich die Zustimmung eines Erziehungsberechtigten erforderlich. Wird diese nicht erteilt, obwohl sie für das Kindeswohl erforderlich wäre, kann das Gericht die Zustimmung ersetzen. Falls - was in der Zahnmedizin selten der Fall sein wird - die Behandlung so dringend notwendig ist, weil das Leben des Kindes beziehungsweise seine Gesundheit ernsthaft gefährdet ist, kann der Arzt auch ohne Einwilligung oder gerichtliche Verfügung die Behandlung vornehmen. Eltern können also in die Behandlung eines einsichts- und urteilsfähigen Kindes nicht gegen seinen Willen einwilligen. Wollen Sie auf Nummer sicher gehen, holen Sie sowohl die Zustimmung des Kindes als auch jene des Erziehungsberechtigten ein. Letztere benötigen Sie schon deshalb, weil das Kind zwar in die Behandlung einwilligen, in der Regel aber nicht den Behandlungsvertrag abschließen kann, der Grundlage für Ihren Honoraranspruch ist.

Mag. Vincent Schneider
Partner der Schneider & Schneider Rechtsanwälte OG

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Mag. Vincent Schneider