Konsumenten: Rechtliche Irrtümer sind weit verbreitet

Für einen lockeren Einstieg nach der Sommerpause wende ich mich heute von Ihrer rechtlich gespaltenen Persönlichkeit an den privaten Teil als Konsument.

Bitte beachten Sie, dass Sie in Ihrer Eigenschaft als Zahnarzt im Geschäftsverkehr als Unternehmer gelten und die nachstehenden Ausführungen dort daher nur zum Teil gelten. In der Folge sollen ohne besonderen Zusammenhang einige weit verbreitete rechtliche Irrtümer ausgeräumt werden:

Für das Zustandekommen eines Vertrages gibt es (mit wenigen Ausnahmen) keinerlei Formvorschriften. Es muss also weder eine Urkunde noch eine Unterschrift geben. Ein mündlich abgeschlossener Vertrag hat dieselben Rechtswirkungen und kann daher in selber Weise gerichtlich durchgesetzt werden. Notwendig sind lediglich übereinstimmende Willenserklärungen, in der Regel ein Angebot und dessen Annahme. Ein Vertrag muss nicht einmal ausdrücklich geschlossen werden, er kann auch „stillschweigend" zustande kommen, wenn etwa die Annahme eines Angebotes durch eine Handlung erklärt wird, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lässt, dass damit die Annahme erklärt werden sollte, zum Beispiel durch Bezahlung des Kaufpreises. Freilich haben schriftlich abgeschlossene Verträge im Streitfall den Vorteil, dass sie wesentlich leichter beweisbar sind.

Was tun, wenn Sie in einem Geschäft auf einen Gegenstand stoßen, der laut Preisauszeichnung besonders günstig ist, bei der Kassa verweigert man Ihnen aber den günstigen Preis mit Hinweis auf einen Irrtum bei der Preisauszeichnung? Die vielfach gehörte und tradierte „Legende", Sie hätten das Recht zum ausgeschriebenen Preis zu kaufen, ist bedauerlicher Weise falsch. Dem Verkäufer droht zwar unter Umständen eine Verwaltungsstrafe oder eine Wettbewerbsklage von Mitbewerbern, eine Verpflichtung, zum falschen Preis an Sie zu verkaufen, besteht jedoch nicht. Wie überhaupt gilt: Es steht jedem Verkäufer frei, ohne Angabe von Gründen einen Vertragsabschluss zu verweigern.

Unsicherheit besteht häufig zur Frage, inwieweit Sie verpflichtet sind, sich nach oder während eines Einkaufes von privatem Sicherheitspersonal, etwa im Supermarkt oder beim Ausgang eines Elektronikgeschäftes, kontrollieren zu lassen. Die Antwort ist einfach: Privates Sicherheitspersonal hat kein Recht, Sie oder Ihre Taschen zu kontrollieren. Nur wenn der begründete Verdacht besteht, Sie hätten eine strafbare Handlung (zum Beispiel einen Diebstahl) begangen, steht auch Privaten das Recht zu, Sie so lange anzuhalten bis die Polizei kommt. Die Frage „darf ich in Ihre Tasche schauen?" können Sie also mit einem höflichen „Nein" beantworten und weitergehen.

Häufig ist ein Verkäufer nicht bereit, seiner Gewährleistungspflicht selbst nachzukommen, sondern verweist stattdessen auf den Hersteller des defekten Produktes. Die Rechtslage ist hier eindeutig: Ihr Vertragspartner, also der Verkäufer, hat Gewähr zu leisten. Haben Sie als Konsument gekauft, ist eine andere Vereinbarung zu Ihrem Nachteil rechtlich unwirksam. In der Praxis stößt man leider trotzdem an faktische Grenzen in der Rechtsdurchsetzung: Weigert sich Ihr Vertragspartner, müssen Sie Ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen. Bei Gericht werden Sie zwar vermutlich obsiegen, der mit dem Verfahren verbundene Aufwand steht bei Konsumgütern des täglichen Lebens aber in der Regel außer Verhältnis. Vor allem dauert ein Gerichtsverfahren aber nun einmal seine Zeit, sodass Sie zumindest mehrere Monate, leicht auch über ein Jahr auf die rechtskräftige Entscheidung warten und in dieser Zeit mit dem defekten Gerät leben müssen.

Mag. Vincent Schneider, Partner der Schneider & Schneider Rechtsanwälte OG

 

Mag. Vincent Schneider