Die Mund-,Kiefer- und Gesichtschirurgie in St. Pölten

Prim. Prof. DDr. Franz Watzinger studierte in Innsbruck Medizin und kam 1991 auf die Abteilung für MKG-Chirurgie im Wiener AKH. Seine zahnärztliche Ausbildung absolvierte er ebenfalls in Wien. 2000 erfolgte die Habilitation zum Thema computerunterstützte Navigation bei der Implantatinsertion. Seit rund 2 Jahren leitet Prof. Watzinger (als Nachfolger von Prof. Porteder) die Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Landesklinikums St. Pölten.

Könnten Sie bitte Ihre Abteilung kurz vorstellen?
Watzinger: Wir sind die einzige Abteilung für MKG-Chirurgie in Niederösterreich. Neben mir sind noch vier weitere Fachärzte und -ärztinnen tätig, insgesamt sind wir zehn ÄrztInnen. Wir sind für Patienten mit Gesichtsverletzungen aus ganz Niederösterreich zuständig, die Primärversorgung erfolgt dabei teilweise in anderen Krankenhäusern. Weitere Schwerpunkte der Tätigkeit sind Akutfälle wie dentale Abszesse, die Behandlung von Fehlbildungen, speziell LKG-Spalten, Dysgnathiekorrekturen (nach Vorbehandlung durch Kieferorthopäden), die Behandlung von Mundhöhlenkarzinomen, ästhetische Gesichtschirurgie (vor allem nach Unfällen) und Kieferaufbauten für die Implantat- und die prothetische Versorgung. Dabei werden die Implantate bei uns gesetzt, die Suprastruktur dann vom überweisenden Zahnarzt durchgeführt. Bei schwieriger Ausgangssituation arbeiten wir bei der Positionierung von Implantaten mit der Navigation.
Weiters führen wir auch schwierigere oralchirurgische Eingriffe durch, etwa im Zusammenhang mit größeren Zysten, verlagerten Zähnen oder schwieriger zu entfernenden Weisheitszähnen (bei Bedarf auch in Vollnarkose).

Auch oralchirurgische Problemfälle, z.B. Marcoumar-Patienten werden von uns behandelt. An der Abteilung gibt es auch Spezialsprechstunden, so haben wir eine eigene Kiefergelenksambulanz, die von einer Kollegin geleitet wird. Ein Arzt der Abteilung hat sich auf Parodontalchirurgie spezialisiert und einen Master in Parodontology in Krems erworben. Prof. Turhani, unser leitender Oberarzt, betreut die LKG-Spalten-Sprechstunde und die Ästhetik- Sprechstunde. Generell denke ich, dass heute eine Subspezialisierung notwendig ist.

Wie häufig sind heute LKGSpalten, und wie werden sie in der Regel behandelt?
Watzinger: Die Häufigkeit liegt heute bei ca. 1:500; im Vergleich dazu war sie um 1900 deutlich seltener (1:2000). Der Grund für die Zunahme liegt vor allem darin, dass LKGSpalten heute keine stigmatisierende Erkrankung mehr darstellen. Im Unterschied zu früher haben Betroffene keine Probleme, Partner zu finden und Familien zu gründen. Dadurch wird die Erkrankung weitergegeben. Was die Behandlung betrifft, so wird die Lippenspalte mit drei Monaten geschlossen, der Gaumen im Alter zwischen neun Monaten und einem Jahr. Die Kieferspalte wird zwischen dem 9. und 12. Lebensjahr behandelt. Praktisch immer ist auch eine kieferorthopädische sowie logopädische Behandlung notwendig.

Wie sehen in der MKG-Chirurgie die Erfahrungen mit Kunststoffimplantaten aus?
Watzinger: Diese Implantate kommen vor allem bei posttraumatischen Defekten zum Einsatz. Sie zeigen eine sehr gute Verträglichkeit und funktionieren recht gut. Es kommt zu einer fibrösen Verbindung mit dem Knochen. Werden die Kunststoffimplantate computergestützt individuell für den Patienten hergestellt, erzielt man exzellente Ergebnisse; der Aufwand ist freilich groß. Zu betonen ist, dass Kunststoffimplantate nicht für jede Region geeignet sind. So werden beispielsweise bei der Nase wieder vermehrt autologe Materialien verwendet.

Die Nasenchirurgie zählt zu Ihren persönlichen Schwerpunkten?
Watzinger: Ja, ich habe, ausgehend von Spaltnasen-Operationen, später auch zahlreiche andere ästhetische und posttraumatische Eingriffe an der Nase durchgeführt. 2003 war ich zur Fortbildung in den USA, in New Orleans (bei Dr. Calvin Johnson) und Dallas.

Könnten Sie bitte noch ein paar Worte zur Gesellschaft für ästhetische Gesichtschirurgie (GAEG) sagen?
Watzinger: Die GAEG, deren Präsident ich bin, ist eine relativ kleine Gesellschaft. Sie hat den Zweck der Fortbildung auf dem Gebiet der ästhetischen Gesichtschirurgie. Wir haben rund 40 Mitglieder, vor allem aus dem Bereich der MKG-Chirurgie, der HNO und der Dermatologie. Weitere Infos finden sich unter www.gaeg.org.

Herzlichen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner

Prim. Prof. DDr. Franz Watzinger