Paro-Meister - Prof. DDr. Michael Matejka

ZMT sprach mit Prof. DDr. Michael Matejka von der Bernhard-Gottlieb-Universitäts-
zahnklinik der Medizinischen Universität Wien. Er ist stellvertretender Zahnmedizin-Curriculumdirektor und Vizepräsident der ÖGP.


Seit Kurzem gibt es ja die ersten Paro-Master-Absolventen. Könnten Sie den Lehrgang bitte kurz vorstellen?"
MATEJKA: Die ersten 11 Absolventinnen und Absolventen haben Ende April im Rahmen einer akademischen Feier ihren Master-Titel erhalten. Die Diplome wurden bei der Tagung in St. Wolfgang von Doz. Lill, dem Präsidenten der ÖGP überreicht. Erfreulich war das sehr hohe Niveau der Master-Thesen, die Teilnehmer haben ihren „Master of Science" voll und ganz verdient. Sie haben (berufsbegleitend) sehr engagiert gearbeitet, es wurde niemandem etwas geschenkt. Die Absolventen konnten Wissen für die tägliche Praxis mit nach Hause nehmen. Sie haben den Lehrgang in einer schriftlichen, anonymen Evaluierung als sehr gut bewertet.

Der nächste Kurs beginnt im Herbst (5. u. 6. November). Durch kleine Änderungen im Curriculum ist die Ausbildung noch mehr auf die praktische Tätigkeit ausgerichtet. Große Teile des Kurses werden bereits in der neuen, hochmodernen Zahnklinik stattfinden. Ungefähr ein Drittel der Teilnehmer wird übrigens aus dem Ausland kommen. Zwei Kolleginnen erhalten dabei von der ÖGP großzügige Teilstipendien.

Wie schwierig ist es heute, wissenschaftlichen Nachwuchs zu finden?
MATEJKA: Es ist ziemlich schwierig. Die Bezahlung an den Universitäten ist sehr schlecht. Wir können mit den Anfangsgehältern in den Kassenambulatorien nicht mithalten, diese sind fast doppelt so hoch. Hinzu kommt das Fehlen eines attraktiven Karrieremodells. Wenn es nicht bald zu einem Umdenken im Hinblick auf Anreize für junge KollegInnen kommt, werden wir Probleme bekommen. Dabei wäre es so wichtig, unseren hohen praktischen Standard in der Ausbildung zu halten. Unsere Studierenden müssen einen quantitativ und qualitativ sehr anspruchsvollen Leistungskatalog erfüllen, das unterscheidet uns von Unis im Ausland oder Privatuniversitäten.

Wie beurteilen Sie generell die Situation an einer staatlichen Universität?
MATEJKA: Ich finde es unfair, staatliche Unis mit Privatunis zu vergleichen. Die Anforderungen an uns sind ganz andere, schließlich stellt die Wissenschaft einen Hauptpfeiler unserer Tätigkeit dar - ganz im Unterschied zu den Privatunis.

Falls aber die Politik oder auch die Universitäten selbst der Ansicht sind, dass man in der Zahnheilkunde keine wissenschaftsbasierte Lehre braucht, ist das zu akzeptieren. Dann sollten aber Fachhochschulen (mit allen ihren Vorteilen wie z.B. Studienplatzbewirtschaftung) eingerichtet werden.

An der Wiener Zahnklinik ist es zuletzt ja zu einer Ausweitung des Betätigungsfeldes gekommen. Es gibt neue Professuren und die Betreuung von Menschen mit Behinderungen ist mittlerweile im Studienplan verankert - darüber bin ich sehr froh. Es wäre aber blauäugig zu glauben, dass derartige Erweiterungen des Arbeitsspektrums ohne Personalaufstockung, nur durch Personalrochaden möglich ist. Wer „A" sagt, muss auch „B" sagen und uns mit entsprechenden personelle Ressourcen ausstatten. Derzeit wird aber an der Medizinischen Universität bzw. der Zahnklinik gerade beim Personal gespart - koste es, was es wolle. Es ist dies aber ein nur teilweise hausgemachtes Problem, im Prinzip haben alle österreichischen Unis das gleiche Problem.

Was sind die aktuellen Forschungsschwerpunkte Ihrer Abteilung?
MATEJKA: Wir beschäftigen uns weiterhin v.a. mit der parodontalen Regeneration (Tissue Regeneration) und der Implantatoberfläche.

Wie beurteilen Sie die derzeitigen Regelungen für zahnärztliche Assistenzberufe?
MATEJKA: Die derzeitige gesetzliche Regelung ist völlig unzureichend. Österreich befindet sich hier auf dem Status eines 3.Welt-Landes. Die Lehrlingsausbildung ist unzureichend; diese Form der Ausbildung wird von den ZahnärztInnen nicht angenommen. Erfolgt sie in Institutionen wie den Kassenambulatorien (wo nur Vertragsleistungen angeboten werden), geht die moderne Zahnheilkunde wie Parodontologie, Implantologie und Kronen-Brücken-Technik an den Auszubildenden zwangsläufig vorbei.

Zu betonen ist auch, dass es sich bei der Helferin um einen Gesundheitsberuf, keinen Wirtschaftsberuf handelt, das heißt, es wäre eigentlich ausschließlich das Gesundheits- (und nicht das Wirtschaftsministerium) zuständig.

Österreich sollte nach mehr als 30 Jahren endlich eine gesetzliche Regelung für HelferInnen und ProphylaxeassistentInnen erlassen. In Bezug auf den letzten Entwurf haben sich aber die verschiedenen Interessensgruppen als nicht kompromissfähig erwiesen. Einzelinteressen überwiegen, medizinisch begründetes Allgemeininteresse und das Interesse der Patienten sind nachrangig. Derzeit haben auch immer weniger junge Menschen Interesse an einer Tätigkeit in diesem Bereich, u.a. wegen der realiter nicht vorhandenen Aufstiegsmöglichkeiten.

Wir brauchen auch eine gesetzliche Regelung für DentalhygienikerInnen. Wichtig dabei ist, dass sowohl PAss als auch DentalhygienikerInnen ausschließlich unter Aufsicht eines Zahnarztes tätig sein dürfen.

Wie sehen Sie Ihre persönliche Zukunft?
MATEJKA: Im Prinzip könnte ich noch 10 Jahre oder mehr an der Universität bleiben. Man sollte sich aber selbst nicht so wichtig nehmen und seine eigene Situation immer wieder neu evaluieren und rechtzeitig Kompetenzfelder an Jüngere abtreten.

Auf diese Weise wird ein reibungsloser Übergang ermöglicht. Dafür gibt es ja erfolgreiche Modelle aus dem Ausland. Wenn man bis zum allerletzten Tag alles selbst macht, gibt es danach zunächst ein Interregnum mit Diadochenkämpfen und eine Lähmung der Institution über einen längeren Zeitraum. Das ist kein wünschenswertes Szenario. Auf alle Fälle werde ich mich auch weiterhin mit voller Kraft für mein Fach einsetzten.

Herzlichen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner

Prof. DDr. Michael Matejka