Serie Prophylaxe Teil 4 - Der Kariespatient

Karies ist mit Bohren nicht heilbar. In dem folgenden Artikel wird versucht die Karies aus dem Blickwinkel der Individualprophylaxe in der zahnärztlichen Praxis zu betrachten.

Für gesunde Zähne gelten vier Grundregeln:
1. Ausgewogene Ernährung (unter Berücksichtigung kariogener Ernährungsfaktoren)
2.  Regelmäßige, effektive, individuelle Mundhygiene zu Hause und die professionelle, individuelle Mundhygiene in der zahnärztlichen Praxis
3.  Fluoridierungsmaßnahmen zu Hause (z.B. in der Zahnpaste) und in der zahnärztlichen Praxis
4. Regelmäßige, individuelle zahnärztliche Kontrolluntersuchungen.
Mit diesen Voraussetzungen ist Karies vermeidbar bzw. kontrollierbar.

Eine Definition heißt: „Karies ist eine übertragbare, durch Kohlenhydrate modifizierte bakterielle infektiöse Erkrankung mit dem Speichel als Trägermedium." Karies ist die häufigste Infektionskrankheit auf der Erde. Die Leitkeime gehören der Gruppe der Mutans-Streptokokken (SM) an. Die Zahnbelagsbildung (früher Plaque, heute dentaler Biofilm) ist nicht verhinderbar und bildet und vermehrt sich täglich. Bleibt dieser Biofilm am Zahn über einen längeren Zeitraum bestehen und wird zusätzlich mit Kohlenhydraten versorgt, vermehren sich die SM und es kommt zu einer Verschiebung des ökologischen Gleichgewichtes in Richtung Säurebildung. Insbesondere in dieser sauren Umgebung können weitere Bakterien, wie Laktobazillen (LB) sich vermehren und überleben. Sie verstärken dieses lokale saure Milieu und führen zur weiteren Entmineralisierung des Zahnschmelzes. Ungestört dringen sie in die tieferen Schichten des Zahnes ein. Dies kann zur Entmineraliserung des Zahnbeins führen und ist oft nur mittels Röntgenbild zu entdecken (versteckte Karies, „hidden caries"). Beginnende Schäden erkennt man an der matten weißlichen Schmelzoberfläche (weißer Fleck, „white spot").

Aus dieser Sicht ist Karies ein dreistufiges Ereignis:
1. Kolonisation der Mutans-Streptokokken;
2. Änderung des mikrobiologischen Gleichgewichts in Richtung lokaler hoher Säurekonzentration;
3. Demineralisation, mit Kavitätenbindung in der Folge.

Was sind die wesentlichen vorbeugenden Strategien?
Zahnreinigung und sonstige Zahnpflege
Verhinderung der Ausbreitung des Biofilms (Plaque) durch die mechanische Plaqueentfernung, ist die tägliche, häuslich angewandte individuelle Zahnreinigung an allen Zahnflächen; Zahnzwischenräume nicht vergessen! Die zusätzliche professionelle Zahnreinigung in der Zahnarztpraxis kann eventuelle Defizite ausgleichen.

Fluorid-Applikation
Fluoride haben mehrere Wirkungen, wesentlich für die Karieshemmung ist die permanente Anwesenheit von Fluorid-Ionen im Speichel, die den Wiedereinbau der Mineralien (Remineralisation) im Schmelz fördern. Dies erreicht man - nach Erheben der Fluoridanamnese - mit Fluorid-Zahnpaste, Gelen, Spülungen, Tabletten, professionellen Lacken, um eine angemessene ergänzende Fluorid-Applikation zu gewährleisten.

Fissurenversiegelung
Fast 80% der Karies entstehen an den Kauflächen der Molaren. An Risikostellen, wie schwer zu reinigende Fissuren und Grübchen schafft man mittels Versiegelung eine prophylaxefähige Oberfläche.

Ernährungsfaktoren
Bezüglich Ernährungslenkung ist nicht die Menge der aufgenommenen kurzkettigen Kohlenhydrate (insbesondere Süßwaren) entscheidend, sondern die Häufigkeit. Diese Zuckerimpulse, die beim Essen und Trinken auftreten, sollten möglichst nur zu den Hauptmahlzeiten erfolgen, um anschließend dem Speichel mehrere Stunden Zeit für die Remineralisierung zu geben. Essen, Trinken zwischendurch soll zuckerfrei erfolgen. Hilfreich sind Zuckeraustauschstoffe (Mannit, Sorbit, Xylit).

Xylitol sollte am Besten bereits vorhandene Prophylaxemaßnahmen ergänzen. Es bewirkt eine Stimulation des Speichels ohne signifikante Säureproduktion, eine Reduktion der Anhaftung und Menge des Zahnbelages, reduziert die Anzahl der SM und anderen kariogenen Organismen, ermöglicht effektive Remineralisation.

Fazit
Alle Wissenschaftler scheinen der Meinung zu sein, dass Karies eine Infektionserkrankung ist, zu der viele Faktoren beitragen und die durch eine Kombination von Prophylaxestrategien effektiv reduziert werden kann.

Merke: Niemals aufgeben, nur das Zusammenspiel mehrere Maßnahmen führt zur Lösung!

Updent Zahnärzte
Dr. Walter Wadsak
Spezialst für Parodontologie (EDA)

Dr. Walter Wadsak