Die Gingivahyperplasie oder Makrulie kann als Manifestation unterschiedlicher lokaler und systemischer Erkrankungen auftreten. Dies erfordert eine exakte Abklärung der Auslöser für die Wucherungen des gingivalen Weichgewebes. Besonders die Interdentalpapillen sind betroffen, es kann dabei zur teilweisen oder vollständigen Überwucherung der Zahnkronen mit der Ausbildung sogenannter Pseudotaschen des Zahnfleisches kommen. Diese erschweren die Mundhygiene und bieten diversen, bevorzugt anaeroben Keimen ideale Besiedelungsmöglichkeiten. Das in schweren Fällen den größten Teil der Zahnkronen bedeckende hyperplastische Gewebe stört die Kaufunktion und stellt zudem ein schwerwiegendes ästhetisches Problem dar. Schmutzgingivitis verursacht eine Zahnfleischschwellung Leukämien als Verursacher einer Gingivahyperplasie Zu weiteren Verschlechterungen und zusätzlichen infektbedingten ödematösen Schwellungen kommt es durch die leukämisch bedingte verminderte lokale Abwehrsituation im Sulcusbereich, was wiederum zu einer massiven Anaerobiervermehrung und in der Folge zu schweren parodontalen Schäden führt. Exakte Mundhygiene und Überwachung der oralen Situation sind ein wichtiger Baustein in der Therapie von Patienten mit malignen haematologischen Erkrankungen. Fibromatöse Gingivahyperplasie Idiopathische Formen von Gingivahyperplasien bestehen meist von Geburt an, die Ursache ist unbekannt. Sie können sich bereits im noch zahnlosen Kiefer als derbe Wucherungen entwickeln, erschweren dann den Durchbruch der Zähne und können zu Zahnfehlstellungen führen. Zur Gruppe der hereditären fibromatösen Gingivahyperplasien zählen Syndrome wie die Neurofibromatose Typ 1, das Prigle-Bourn-villesyndrom, das Melkerson-Rosenthal-Syndrom, Mucopolysaccharidosen, die Mucolipidose, um nur einige zu nennen. Sie alle zeigen die Gingivahyperplasie als Teilsymptom komplexer schwerer Krankheitsbilder. Besonders ausgeprägte Formen zeigen sich bei der juvenilen hyalinen Fibromatose, einer autosomal rezessiven Erbkrankheit mit multiplen subkutanen Tumoren, Vergröberung der Gesichtszüge, schmerzhaften Kontrakturen der Extremitäten und Gingivahyperplasie mit fibrösen Wucherungen des Bindegewebes und kleiner Gefäße in einer histologisch PAS-positiven Matrix. Durch entsprechende Ablagerungen oder gewebliche Veränderungen kommt es auch bei schweren Grund-erkrankungen, wie bei Sarkoidose, Amyloidosen und der Wegener Granulomatose zu überschießenden gingivalen Gewebsbildungen. Bei ungeklärter Ursache ist daher vor weiteren Eingriffen eine bioptische Abklärung erforderlich. Ein besonders wichtiges, weil relativ häufiges Phänomen stellen die medikamentös induzierten Gingivahyperplasien dar. Wirkstoffgruppen, die zu einer Makrulie führen können, sind Hydantoin (Phenytoin), Nifedipin, Ciclosporin A und östrogen- oder progesteronhaltige Hormonpräparate. Cyclosporin A wird als Immunsuppressivum nach Organtransplantationen eingesetzt und dient auch der Kontrolle von Autoimmunerkrankungen und einer Graft versus host disease. Bei sogenannten Respondern kommt es innerhalb der ersten drei Monate nach Therapiebeginn in Abhängigkeit zum Blutplasma-Spiegel zur Entstehung einer oft ausgeprägten fibrösen Hyperplasie. Zusätzlich besteht Abhängigkeit zu etwaigen Begleitmedikationen, besonders zur Gabe von Ca-Antagonisten zur Blutdruckregulation nach Nierentransplantation. Auch die alleinige Langzeitgabe von Ca-Antagonisten wie Nifedipin und in seltenen Fällen auch Medikamente wie Erythromycin, Valproinsäure oder Phenobarbital können fibröse Gingivahyperplasien induzieren. Bei Absetzen der Medikationen kann sich die Hyperplasie im günstigen Fall innerhalb eines Jahres zurückbilden. Bei besonders ausgeprägten Wucherungen hingegen wird eine chirurgische Korrektur, auch mittels CO2-Laser erforderlich. Verbesserungen konnten auch durch die Gabe von Isoretinoin herbeigeführt werden. Hormonell bedingte Hyperplasien werden häufig im Zusammenhang mit oralen Kontrazeptiva und mit Hormonersatztherapien diskutiert. Besonders die Östrogene aktivieren Wachstumsfaktoren der Fibroblastenpopulationen. Ebenso kann der Anstieg des Hormonspiegels in der Pubertät und in der Schwangerschaft eine Proliferation des gingivalen Bindegewebes induzieren. Auch lokalisierte Formen kommen vor, wie etwa der Schwangerschaftsepulis. Da die Gingiva Rezeptoren für Östrogen und Progesteron hat, kommt es auch zu einer Beeinflussung der subgingivalen Plaque. Anaerobier wie Prevotella intermedia werden durch die Hormone in ihrem Wachstum begünstigt, was wiederum zu Entzündungen und weiterer Förderung der Zahnfleischschwellung führt. Die hormoninduzierte Gingivahyperplasie kann entsprechend dieser beiden Entstehungsschienen daher entweder eher fibrös durch Fibroblastenproliferation oder weich ödematös durch die Entzündung imponieren. Nach Normalisierung des Hormonspiegels bilden sich viele dieser Hyperplasien von selbst zurück. Im Vordergrund stehen hier bei der Therapie zunächst die Plaquekontrolle und Entzündungshemmung und erst sekundär in besonders hartnäckigen Fällen ein chirurgischer Eingriff. Zusammenfassend muss gesagt werden, dass vor Gingivektomien bei Zahnfleischhyperplasien immer die Ursache abzuklären ist. Erst dann wird eine kausale, langfristig wirksame Kontrolle der Erkrankung ermöglicht. Ch. Eder, L. Schuder |
![]() Gingivahyperplasie bei akuter Leukämie.
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