Parodontalkeime ? Risikofaktor für Ältere

Ältere Menschen leiden häufig unter grippalen Infekten und Entzündungen der Atemwege. Oft bestehen chronische Entzündungen der Bronchialschleimhaut.

Die Lungenkapazität ist durch die Entwicklung eines bullösen Emphysems eingeschränkt, die Gefahr eines Übergreifens zunächst banaler Infekte auf die tieferen Atemwege ist dadurch massiv erhöht. Durch Interaktion mit Parodontalkeimen in floriden Zahnfleischtaschen verstärkt sich das pathogene Potenzial der Verursacher der Infekte. Einerseits wird das Immunsystem durch die Erkältungskrankheit belastet, dadurch kommt es in den Zahnfleischtaschen zu einem Aufflammen der bakteriellen Aktivität, welche sich in einem oft massiven Entzündungsschub manifestiert. Gleichzeitig werden Keime aus der Mundhöhle in das Bronchialsystem inhaliert und entfalten synergistische Wirkung mit Erregern wie Haemophilus influenzae, Pneumokokken, Staphylokokken und ß-haemolysierenden Streptokokken. Die tiefe Zahnfleischtasche ermöglicht diesen Bakterien langfristige Persistenz - somit ständige Reiinfektionen der Atemwege.

Arteriosklerose und Herz
Bluthochdruck, metabolisches Syndrom und koronare Herzerkrankung zählen zu den häufigsten Leiden des älteren Menschen. Die Risikofaktoren dieser Krankheitsbilder haben durchaus gemeinsame Wurzeln mit jenen von Parodontalerkrankungen. In beiden Fällen spielen erbliche Disposition, falsche Ernährung mit ihren Folgen wie Hyperlipidämie und Diabetes mellitus sowie Nikotinab-usus und Stress eine Rolle. Parodontalpatienten haben nach Untersuchungen aus verschiedenen Ländern ein bis 14-mal so hohes Risiko zur Entwicklung koronarer Herzerkrankungen wie parodontal Gesunde. Es gilt als erwiesen, dass persistierende bakterielle Infektionen an der Genese von Atherosklerose und von Thrombembolien beteiligt sind. Die Ursache hierfür liegt in über längere Zeiträume anhaltenden ständigen Bakteriämien. Bei Patienten mit chronischen und floriden Parodontiden mit tiefen, leicht vulnerablen Läsionen kommt es bereits beim Kauen und Zähneputzen zu einer permanenten Einschwemmung von Keimen in den Blutkreislauf. Bestimmte Bakterien wie Streptococcus sanguis können hier nun Keimzellen für Thrombozytenaggregation bilden und in der Folge zu Thrombenbildungen führen. Keime wie Porphyromonas gingivalis können über Fimbrien an ihrer Zellwand direkt in Endothelzellen eindringen. Andererseits initiieren Entzündungsmediatoren wie Interleukin 6, Tumornekrosefaktor alpha und Zytokine Läsionen der Gefäßwände. Die vermehrte Ausschüttung von C-reaktivem Protein (CRP) stellt nach neuen Studien ebenfalls einen wichtigen Faktor für die Arteriosklerose dar. Über die körpereigene Abwehr werden zur Eliminierung der oral-pathogenen Keime vermehrt Sauerstoffradikale freigesetzt, die jedoch gleichzeitig über Oxidierung von LDL im Blut die Entstehung atheromatöser Plaques begünstigen. In atheromatösen Plaques konnten von Chin 1999 mittels PCR in 20% der Fälle Prevotella intermedia, in 15% Porhyromonas gingivalis und in 10% Aac. nachgewiesen werden. Gute Mundhygiene und Behandlung möglicher parodontaler Läsionen ist bei alten, nicht mehr immunkompetenten Patienten von hoher Bedeutung, da sie eine nicht zu unterschätzende Quelle für die Entstehung nosokomialer Pneumonien sein können.

Ch. Eder, L. Schuder