Kieferhöhle - akute und chronische Entzündungen:

In den von Schleimhaut ausgekleideten Nebenhöhlen des menschlichen Schädels herrschen unter gesunden Bedingungen sterile Verhältnisse. Dringen nun Keime von außen in die Sinus ein, kann es bei entsprechender Disposition und geschwächter Immunlage zu schweren Entzündungen kommen.

Diese Entzündungen verlaufen zunächst akut oder subakut. Unbehandelt persistieren sie bei oft nur geringer Symptomatik über längere Zeiträume und gehen dann in chronische Krankheitsverläufe über. Für die Diagnose der Kieferhöhlenentzündung steht eine Reihe von Untersuchungsmethoden zur Verfügung.

Anamnese und Diagnose bestimmen die Form der Therapie

Typischerweise klagen die Patienten über Kopfschmerz und Schmerz im Jochbeinbereich sowie Verstärkung der Schmerzen beim Vorbeugen und Senken des Kopfes und beim Heben von Lasten. Zusätzlich besteht Druckempfindlichkeit am Nervus infraorbitalis. Der zweite Ast des Nervus trigeminus ist in Mitleidenschaft gezogen. Die Haut im Wangenbereich reagiert gereizt und überempfindlich auf Berührung. Oft kommt es auch zu einseitig vermehrter Bildung von Nasensekret. Der behandelnde Arzt untersucht palpatorisch den betroffenen Bereich, inspiziert die Nasen- und Mundhöhle und überprüft mittels Zahnperkussion die Klopfempfindlichkeit. Ebenso wird eine Vitalitätsprobe der Zähne durchgeführt. Im Falle einer kürzlich vorangegangenen Extraktion eines Zahnes sollte die Extraktionsalveole sondiert werden, um mögliche offene Verbindungen zwischen Mundhöhle und Antrum auszuschließen. Weiterführende Abklärungen erfolgen mittels endoskopischer Untersuchung, wobei in diesem Zusammenhang auch eine diagnostische Punktion zur Abklärung der Resistenzen des Erregerspektrums und eine möglicherweise erforderliche histologische oder zytologische Untersuchung durchgeführt werden können. Im Röntgenbild findet man eine Verschattung an der betroffenen Seite, mittels Sonografie entsteht bei der Sinusitis maxillaris ein partielles oder totales Echo der Hinterwand des Sinus. In einigen Fällen kann auch erweiterte Diagnostik mittels MCT oder MRT notwendig werden.

Bakterielle, fungale und virale Verursacher erfordern differenzierte Therapien

Man unterscheidet zwischen dentogenen und nicht dentogenen (meist rhinogenen) Ursachen einer Sinusitis maxillaris. Während erstere meist bakteriell, teilweise auch fungal bedingt sind, wird die nicht dentogene Kieferhöhlenentzündung in über 90% der Fälle viral ausgelöst. Es handelt sich dabei in den meisten Fällen um weitergeleitete Infektionen der Luftwege, sie geht oft mit Rhinitis, Bronchitis oder Otitis einher. Das Flimmerepithel der auskleidenden Schleimhäute der Nebenhöhlen wird nachhaltig geschädigt, durch die entzündlichen Veränderungen kommt es nicht selten zu hartnäckigen bakteriellen Sekundärinfektionen mit Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und koagulasepositiven Staphylokokken (St. aureus). Anaerobier sind bei nicht odontogenen Ursachen nur selten beteiligt. Bei Mukoviszidosepatienten ist auch immer an eine Besiedelung mit Pseudomonas aeroginosa zu denken.
In der Praxis ist der behandelnde Zahnarzt weit häufiger mit einer dentogen verursachten, bakteriell bedingten Kieferhöhlenentzündung konfrontiert. Sie entsteht durch in die Kieferhöhle verlagerte Fremdkörper, wie Wurzelreste nach Zahnextraktionen, Sinusliftmaterial und Implantate. Auch von benachbarten Geweben weitergeleitete Infektionen bei periapikaler Parodontitis und infizierten Zysten können massive Entzündungen hervorrufen. Iatrogen verursachte offene Verbindungen zwischen Mundhöhle und Antrum (MAV) entstehen bei Verletzung der Alveole nach Zahnextraktion, Entfernung retinierter Zähne oder nach Wurzelspitzenresektionen und Setzen von Implantaten im Oberkiefer/Seitenzahnbereich. Über die eröffnete Pforte dringen Keimgemische aus der Mundhöhle in den Sinus. Wird die MAV nicht rechtzeitig erkannt und binnen längstens 24 Stunden verschlossen, können sich die Bakterien oder Pilze erfolgreich ansiedeln und im warmen, nährstoffreichen Milieu vermehren. Bei dann bereits manifester Infektion darf der Defekt unter keinen Umständen mehr gedeckt werden, da es sonst zu einer Exazerbation des Keimwachstum und der Entzündung kommen würde. Das putride Sekret muss abfließen. Durch Spülungen und Drainage der Kieferhöhle und bei Bedarf gezielter antibiotischer Begleittherapie können die Keime eliminiert werden. Erst danach kann eine plastische Deckung des Defekts vorgenommen werden. Dabei kommen Lappenplastiken wie der Trapezlappen nach Rehrmann oder der Gaumenschwenklappen (nach Pichler) zum Einsatz. Kieferhöhlenentzündungen im Rahmen einer Kieferos-teomyelitis oder einer Kieferknochennekrose nach Bisphosphonattherapie erfordern rasches, antibiotisch unterstütztes Eingreifen. Es besteht sonst Gefahr für systemische Komplikationen wie Fortleitung in benachbarte Sinus oder in die Orbita.
Bei der akuten dentogenen Sinusitis sind Gemische aus aeroben und an-aeroben Keimen aus der Zahnflora beteiligt. Beim Übergang in chronisches Entzündungsgeschehen dominieren Staphylokokkus aureus und Enterobakterien und etwas seltener anaerobe Prevotellaarten. In manchen Fällen können auch Pilze Auslöser einer Kieferhöhlenentzündung sein. In erster Linie sind dies Aspergillus fumigatus und A. flavus; aber auch Mucor oder Candida können zu Infektionen des Sinus maxillaris führen.
Aspergillusinfektionen manifestieren sich in Form von drei unterschiedlichen Krankheitsbildern. Bei systemisch gesunden Menschen entsteht am häufigsten ein Myzetom. Dieses erfüllt als kompakte, im Röntgenbild metalldichte Struktur Teile der Kieferhöhle. Da manche Pilze (z.B. Spezies von Aspergillus, Curvularia, Bipolaris und Dematiaceae) im Rahmen ihres Stoffwechsels Toxine freisetzen, kann es in der Folge auch zu einer allergischen Pilzerkrankung mit polypoiden Schleimhautwucherungen kommen. Diagnostisch kann eine solche durch den Nachweis von stark vermehrten eosinophilen Granulozyten in der Schleimhaut und Erhöhung von IgE und Eosinophilen im Blutbild nachgewiesen werden. Bei dieser speziellen Form einer Sinusitis werden therapeutisch Antihistaminika, Kortison und lokale Antimykotika eingesetzt. Nur bei generalisierter Immunsuppression, bei Diabetikern und onkologischen Patienten unter Chemotherapie kann es zu einer invasiven Pilzerkrankung durch haematogene Aussaat mit Gefahr einer Sepsis kommen. In solchen Fällen muss der betroffene Patient über Wochen stationär mit systemischen antifungalen Medikamenten therapiert werden.

Die Therapie richtet sich nach Ausmaß und Risiko der Erkrankung

Bei viralen Formen genügt fast immer eine symptomatische Behandlung, die Entzündung ist hier meist selbstlimitierend. Bei der akuten Form werden Nasentropfen, Mucolytica und Antiphlogistika verab-reicht. Fistelbildungen im Bereich zwischen Mund und Antrum erfordern Spülungen; bei Spiegelbildungen im Röntgen muss eine Punktion der Kieferhöhle durchgeführt werden. Indikation zu einer operativen Sanierung besteht immer bei orbitalen oder endokraniellen Komplikationen, aber auch bei erfolgloser konservativer Therapie, eitriger odontogener Sinusitis, bei Myzetomen, MAV, liegenden Fremdkörpern oder Wurzelresten.
Gängige operative Eingriffe sind die endonasale endoskopische Fenestrierung, die Infundibulotomie oder transfaziale Kieferhöhlenoperationen. Purulente Formen erfordern zusätzlich eine antibiotische Begleittherapie. Diese kann in erster Linie mittels Breitbandpenicillinen, im Idealfall kombiniert mit Betalaktamasehemmern (z.B. Amoxicillin/Clavulansäure) oder mit Clindamycin erfolgen. Bei verstärkter Anaerobierbeteiligung empfiehlt sich eine Kombination von Aminopenicillin und Metronidazol. Bei hartnäckigen Infektionen sollte das Erregerspektrum mikrobiologisch abgeklärt und ein Sensibilitätstest durchgeführt werden. Je nach Resistenzlage kann dann im Rahmen der Gesamttherapie gezielt antibiotisch interveniert werden.

Ch. Eder, L.Schuder

DDr. CHRISTA EDER
FA für Pathologie und
Mikrobiologin
eder.gasometer@chello.at

 

 

In den von Schleimhaut ausgekleideten Nebenhöhlen des menschlichen Schädels
herrschen unter gesunden Bedingungen sterile Verhältnisse.