Neue Serie (Teil 2): Intraorale maligne Melanome und benigne pigmentierte Schleimhautveränderungen

Die sichere Unterscheidung zwischen benignen Verfärbungen der oralen Mukosa und dem malignen Melanom ist in vielen Fällen nur über eine histopathologische Abklärung möglich.

Gutartige Hyperpigmentierungen können in vielfältiger Form auftreten und sind insgesamt weit häufiger anzutreffen als maligne Läsionen. Wegen der schlechten Prognose von Schleimhautmelanomen ist eine  sichere und sorgfältige Diagnosestellung dennoch unumgänglich. Hier sollen nun, nach ausführlicher Darstellung des oralen Schleimhautmelanoms im ersten Teil dieses Artikels, die wichtigsten ähnlich imponierenden benignen Läsionen diskutiert werden. Die dunkle Färbung dieser Veränderungen kann durch verschiedene Pigmente verursacht werden – in erster Linie sind das Melanin und Haemosiderin.

Melanozytäre Nävi

gehören zweifelsfrei zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen. Sie sind aus Nävuszellen, welche sich aus neuroektodermalen Melanozyten herleiten, aufgebaut. Im Gegensatz zum malignem Melanom sind sie meist schärfer begrenzt, die Form ist rundlich bis oval, teilweise auch unregelmäßig. Die Prädeliktionsstellen sind der harte Gaumen und die Gingiva, in selteneren Fällen auch die Wangenschleimhaut und die Lippe. Man unterscheidet je nach Lage der Melanozyten verschiedene Formen. Beim Junktionsnävus liegen die Pigmentzellen unmittelbar an der Grenzzone zwischen Plattenepithel und Dermis, meist an der Spitze der Reteleisten. Die sogenannte Lentigo simplex entspricht einer Variante des Junktionsnävus. An den Epithelpapillen findet man meist reichlich Melanophagen und auch perivaskuläre Entzündungsinfiltrate. Beim Compoundnävus liegen die Melanozyten auch tiefer in der Dermis, während sie beim dermalen Nävus ausschließlich auf diesen begrenzt sind. Auf der Mundschleimhaut ist der intramuköse Nävus am häufigsten. Er imponiert flach, meist bräunlich. Histologisch findet man unter dem Epithel eine zellfreie Zone, darunter in der Lamina propria die melaninreichen Nävuszellen. Nicht selten treten auch mehrkernige Melanozyten auf. In über 15% der Fälle kann die Läsion auch unpigmentiert sein – hier ist eine Unterscheidung zum amelanotischen Melanom wichtig.
Eine weitere Sonderform stellt der blaue Nävus oder Naevus coeruleus dar. Er ist aus dentritischen, spindeligen oder epitheloiden Melanozyten aufgebaut, welche bis tief in das Bindegewebe hineinwachsen. Meist imponiert er als derbes blaugraues bis blauschwarzes Knötchen und ist makroskopisch oft nur schwer von einem malignen Melanom zu unterscheiden. Daher sollte diese Läsion nicht biopsiert, sondern immer bereits primär in toto exzidiert werden, um eine mögliche Streuung von Tumorzellen zu vermeiden.

Das Kaposisarkom

wird durch das humane Herpesvirus HHV-8 verursacht und kann sich nicht nur auf der Haut, sondern auch auf den Schleimhäuten des harten und weichen Gaumens, der Zunge und der Gingiva manifestieren. Seine Entstehung ist eng mit AIDS, aber auch anderen Formen der Immunsuppression und mit oxidativem Stress assoziiert. Im Frühstadium findet man eine flache, makulaartige, livide bis dunkle Veränderung, später im tumorösen Stadium dominiert dann exophytisches Wachstum. Nicht selten entstehen die ersten Läsionen bilateral am Gaumen entlang des Verlaufes von Blutgefäßen. Histopathologisch unterscheidet man spindelige und angiomatöse Varianten. An den regulären Blutgefäßen der Dermis bilden sich neoplastische, dünnwandige, schlitzförmige Gefäßstrukturen mit Erythrozytenextravasaten und umgebender lympho-plasmazellulärer Entzündung. Kaposisarkome können, wie auch das maligne Melanom, in die regionären Lymphknoten metastasieren.

Benigne lokalisierte melanotische Pigmentierungen

sind solitäre, manchmal auch multiple bräunliche Flecken, welche bevorzugt an der Unterlippe (benigner melanotischer Lippenfleck), Wange, Zunge und auch seltener an der Gingiva auftreten. Sie erreichen in der Regel nur wenige Millimeter Durchmesser. Bei vermehrtem Auftreten können sie mit genetischen Syndromen assoziiert sein; weiters findet man sie vermehrt bei HIV- Patienten unter retroviraler Therapie und nach Strahlentherapie. Zur Differenzialdiagnose gegenüber prämalignen oder malignen Veränderungen ist eine Biopsie zu empfehlen. Histologisch zeigt sich eine Hyperpigmentierung der basalen und parabasalen Keratinozyten. Im oberflächlichen Corium findet man pigmentreiche Melanophagen.

Das intraorale Melanoakanthom

Es tritt bevorzugt bei Frauen mit dunkler Hautfarbe an der Lippen- oder Wangenschleimhaut auf. Meist imponiert es fleckförmig, manchmal auch papillär, es kann in seltenen Fällen eine Größe von mehreren Zentimetern erreichen. Die Läsion wird vermutlich durch eine lokale Reaktion auf Traumata induziert. Im histologischen Bild findet sich eine Hyperplasie von Stachelzellen und Melanozyten in der gesamten Epithelbreite. Wegen seiner makroskopischen Ähnlichkeit mit malignen Melanomen ist eine histopathologische Untersuchung immer notwendig.
Neben den beschriebenen Läsionen können auch wenig umschriebene Hyperpigmentierungen im Rahmen von Syndromen wie Peutz Jeghers oder Morbus Addison vorkommen. Bei Letzterem findet man bereits in der Frühphase der Erkrankung eine braune Hyperpigmentierung an der Mundschleimhaut, weshalb dem Zahnarzt hier eine wichtige Rolle bei der Erstdiagnose zukommt.
Die sorgfältige Untersuchung der oralen Mukosa im Rahmen der routinemäßigen zahnärztlichen Behandlungen ist in jedem Fall ein wichtiger Faktor für die Früherkennung möglicher maligner Läsionen.

Ch. Eder, L. Schuder

DDr. CHRISTA EDER
FA für Pathologie und
Mikrobiologin
eder.gasometer@chello.at