Teil 3: Folge von Systemerkrankungen: Hyposalivation und Mundtrockenheit

Mangel an Speichel verursacht nicht nur subjektives Missempfinden, sondern verändert in hohem Ausmaß das ökologische Gleichgewicht in der Mundhöhle. Die fehlenden protektiven und pH-Wert-regulierenden Faktoren begünstigen eine Veränderung der lokalen mikrobiellen Biozönosen und damit die Etablierung eines pathogenen Mikrobioms.

Die Folgen sind Entzündungen der Mundschleimhaut, Progression von aggressiven parodontalen Erkrankungen und vermehrtes Auftreten von Karies. Neben diversen Arzneimittelnebenwirkungen können eine Reihe systemischer Erkrankungen die Funktion der Speicheldrüsen beeinträchtigen. Dazu gehören neben den bereits diskutierten metabolischen Dysfunktionen, Autoimmunerkrankungen und viralen Infektionen auch granulomatöse Krankheiten pathologische Speicherung und Ablagerung von Substanzen in den Speicheldrüsen sowie Flüssigkeitsmangel.

Speicherkrankheiten verursachen Ablagerungen in den Speicheldrüsen

Bei Haemochromatose und Amyloidose kommt es zu einer pathologischen Speicherung von nicht abbaubarem Material in diversen Körpergeweben. Auch die Speicheldrüsen sind von solchen zellschädigenden Ablagerungen betroffen. Eine Haemochromatose wird meist durch einen erblichen Gendefekt, seltener durch andere Grunderkrankungen ausgelöst und führt zu einer Überladung mit Eisen in Leber, Herz, Pankreas und in den großen Speicheldrüsen. Diese Deposits können nicht phagozytiert oder abgebaut werden und verursachen längerfristig eine Minderung oder völligen Verlust der Organfunktion. Im Fall der Speicheldrüsen manifestiert sich dies als ausgeprägte Hyposalivation. Bei der Amyloidose ist die molekulare Faltung von normalerweise wasserlöslichen Proteinen gestört. Sie kann primär familiär genetisch bedingt auftreten oder sekundäre Ursachen im Rahmen diverser Grund-erkrankungen haben. Bei der systemischen Amyloidose sind neben multiplen Organen auch die Speicheldrüsen von den Amyloidablagerungen betroffen. Das Amyloid zerstört die Architektur der Drüsen und hat zusätzlich direkte toxische Effekte auf die Zellen der Azini und Ausfuhrgänge. Die Folgen sind herabgesetzter Speichelfluss und Xerostomie.

Hypofunktion der Speicheldrüsen durch Granulome

Granulome sind knötchenförmige Ansammlungen von Abkömmlingen der Makrophagen, wie Epitheloidzellen und mehrkernige Riesenzellen, begleitet von Lymphozyten, Granulozyten und Fibroblasten. Sie entstehen durch chronische Inflammation, wenn das Immunsystem ein Antigen nicht abbauen kann und dieses gegen die Umgebung isoliert. Die überschießende zelluläre Immunreaktion führt zu einer Durchsetzung der betroffenen Gewebe mit miliaren, mikroskopisch kleinen Granulomknötchen und damit zu irreparablen Schäden. Die Ursachen von granulomatösen Erkrankungen sind heterogen. Bei der Sarkoidose handelt es sich um eine entzündliche Systemerkrankung des Bindegewebes mit bisher ungeklärter Ätiologie. In den inneren Organen und auch in den Speicheldrüsen werden durch eine lokale Überreaktivität des Immunsystems nicht-verkäsende Granulome gebildet. Typischerweise entwickeln die Patienten ein Uveo-Parotis-Syndrom (Heerfordt-Syndrom) mit chronischer Entzündung der Tränendrüsen und der Ohrspeicheldrüse. Die Granulome induzieren eine Schwellung der Ohrspeicheldrüse und häufig auch der Glandula submandibularis mit der Folge einer Xerostomie. Da die Mundtrockenheit häufig eine Frühmanifestation der Sarkoidose ist, sollte bei unklarer schwerer Symptomatik eine diesbezügliche Abklärung in die Wege geleitet werden. Ähnliche Folgen für die Speicheldrüsenfunktion kann auch ein mykobakterieller Befall im Rahmen einer Tuberkulose auslösen. Bei Lungenbefall werden die Bakterien auch in die Speicheldrüsen gestreut und bilden dort verkäsende Granulome. Dabei kommt es im Zentrum der Knötchen durch eine bröckelig-krümelige Koagulationsnekrose zu einem vollständigen Verlust der Zellstrukturen.

Flüssigkeitsmangel führt zu verringerter Speichelbildung

Besonders bei älteren Menschen können zu geringe Trinkmengen zu einer leichten bis mäßigen Dehydratation führen, welche dann mit einer entsprechenden Reduktion der Speichelbildung und Mundtrockenheit einhergeht. Weit dramatischer wird die Situation allerdings bei einer herabgesetzten Leistung der Nieren. Bei der sogenannten End-Stage Renal Disease besteht eine irreversible Schädigung bis hin zum Verlust der Nierenfunktion. Durch das renale Versagen kommt es zu einer Akkumulation toxischer Substanzen und einer stark reduzierten Reabsorption von Kochsalz mit einer daraus resultierenden Polyurie. Der übermäßige Flüssigkeitsverlust kann nicht ausgeglichen werden und sämtliche Gewebe werden ausgetrocknet. Der Speichel wird durch den Wassermangel visköser und in seinem Volumen drastisch reduziert.

Gastrooesophagealer Reflux und Xerostomie

GERD (gastro-esophageal reflux disease) zählt zu den häufigsten Erkrankungen des Verdauungssystems. Durch mangelnden Sphinkterschluss fließen Magensaft und Magensäure zurück in den Ösophagus. Nicht selten erreichen sie auch Pharynx und Mundhöhle. Unter normalen Umständen wird ein sinkender pH-Wert in der Speiseröhre durch eine, über das vegetative Nervensystem gesteuerte vermehrte Speichelbildung kompensiert. Dieser „Oesophago-Salivary-Reflex“ wird allerdings bei GERD aus bisher noch ungeklärter Ursache außer Kraft gesetzt. Als Folge dieser paradoxen Reaktion ist die Refluxerkrankung in den meisten Fällen mit ausgeprägter Xerostomie vergesellschaftet. Bei der Abklärung möglicher Ursachen einer Hyposalivation sollte deshalb auch immer nach möglichen Magenbeschwerden mit „Sodbrennen“ gefragt werden. Die Häufigkeit des Auftretens von Mundtrockenheit und den damit verbundenen Problemen für die orale Gesundheit erfordert neben symptomlindernden therapeutischen Maßnahmen auch eine Abklärung der Ursache des Leidens. Nur so kann in interdisziplinärer Zusammenarbeit die Wurzel des Übels direkt bekämpft werden.

DDr. CHRISTA EDER
FA für Pathologie und Mikrobiologin
eder.gasometer@chello.at