Teil 2: Folge von Systemerkrankungen - Hyposalivation und Mundtrockenheit

Mangelnde Speichelproduktion oder -sekretion hat, außer dem subjektiven Gefühl der Xerostomie, auch zahlreiche negative Folgen für die Mundgesundheit. Zu den Auslösern zählt neben lokalen, medikamentös bedingten und physiologischen Kriterien auch eine Reihe von immunologischen Erkrankungen.

Das primäre Sicca- oder Sjögren-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen mit chronischer Entzündung der Speichel- und Tränendrüsen. Betroffen sind vor allem Frauen im mittleren und höheren Lebensalter. Histologisch kommt es zu einer Lymphozyteninfiltration des Speicheldrüsengewebes mit Bildung von antinukleären Antikörpern sowie Autoantikörpern gegen Speichelgangepithel, aber auch gegen Magenschleimhaut und Thyreoglobulin. Letztere belegen die enge Vernetzung des Sjögren-Syndroms mit Autimmunthyreoiditis. Das gehäufte familiäre Auftreten lässt auf eine mögliche genetische Disposition schließen, allerdings wird ursächlich auch eine „Slow-Virus-Infection“ diskutiert. Eine solche führt durch chronische Stimulation von Immunzellen zu einer massiven Vermehrung zirkulierender Antikörper, welche sich durch fehlerhafte Prägung letztendlich gegen das eigene Drüsengewebe richten. Besonders die bereits im ersten Teil des Artikels diskutierten Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) und dem Hepatitis-C-Virus (HCV) begünstigen nachweislich derartige Prozesse. Beim Sjögren-Syndrom entstehen lymphoepitheliale Läsionen mit interstitiellen Infiltraten von Lymphozyten, Plasmazellen und Histiozyten. Die autoimmunen Prozesse induzieren in den Speicheldrüsen die Bildung myoepithelialer Zellinseln mit polsterartiger Proliferation von Gangepithelien.

Fibrose von Drüsengewebe bei Sklerodermie und cGvHD

Unter den Autoimmunerkrankungen spielt neben dem Sjögren-Syndrom und den mit diesem in Zusammenhang stehenden immunologischen Krankheiten auch die Sklerodermie eine wichtige Rolle. Bei dieser Form einer Kollagenose kommt es neben diversen Organmanifestationen zu einer Fibrose der Azini und der exkretorischen Gangsysteme der Speicheldrüsen. Ablagerungen von extrazellulärer Matrix um Gefäße verursachen eine Einschränkung der Kapillarfunktion und damit eine Hypoxie im Drüsengewebe. Hyposalivation und Xerostomie sind daher typische orale Manifestationen der Sklerodermie. Eine chronischen Graft versus Host Disease (cGvHD) kann als immunologische Reaktion nach haematopoetischer Stammzell- oder allogener Knochenmarkstransplantation auftreten. Dabei richten sich die T-Lymphozyten des Transplantates gegen den Empfängerorganismus. In milder Form sind davon 40-70% der Patienten betroffen. In über der Hälfte der Fälle führt eine lymphozytäre Destruktion und Fibrose des Speicheldrüsenparenchyms zu einer Xerostomie.

Assoziation zwischen Hashimoto-Thyreoiditis und dem Sjögren-Syndrom

Schilddrüsenerkrankungen wie Graves Disease und die Hashimoto-Thyreoiditis zählen zu den häufigsten bekannten Autoimmunerkrankungen weltweit. Beim Morbus Hashimoto (Struma lymphomatosa) werden Autoantikörper gegen Thyreoglobulin und Thyreoperoxidase gebildet. Ein fehlgeleiteter Immunprozess von TLymphozyten gegen Schilddrüsengewebe führt zu einer chronischen Entzündung, welche zu Beginn eine Überfunktion, im fortgeschrittenen Zustand dann aber eine Unterfunktion des Organs zur Folge hat. Der durch die Immunreaktion hervorgerufene toxische Stress verursacht zudem eine Zerstörung wichtiger Speichelproteine. Hashimoto-Thyreoiditis tritt häufig kombiniert mit anderen Autoimmunkrankheiten, besonders dem hier bereits diskutierten Sjögren-Syndrom auf. So findet man ein primäres Sjögren-Syndrom bei Patienten mit autoimmunen Schilddrüsenfunktionsstörungen 10x häufiger als in der gesunden Bevölkerung. Ursachen dürften Übereinstimmungen in der genetische Disposition und ähnliche Pathomechanismen beider Krankheitsbilder sein.

Assoziation von Sjögren mit anderen Autoimmunkrankheiten

Das Siccasyndrom hat auch zahlreiche weitere Querverbindungen zu anderen autoimmunen Läsionen. Mehr als ein Drittel der Patienten mit systemischem Lupus erythematodes zeigt Symptome eines Sjögren-Syndroms. Ähnlich wie bei diesem, handelt es sich auch bei SLE um eine inflammatorische Erkrankung des Bindegewebes. Durch die Lupus-bedingte Hyperaktivität von T- und B-Zellen und die inkompetente Immunreaktion wird das Speicheldrüsengewebe direkt alteriert und damit eine Lupus-Sialadenitis induziert. Zusätzlich stimmen 18% der gebildeten Autoantikörper mit jenen des Sjögren-Syndroms überein. Ähnliche Befunde liegen auch bei der rheumatoiden Arthritis und der primären biliären Zirrhose vor. Bei letzterer, vor allem Frauen betreffender, cholestatischer Autoimmunerkrankung werden die interlobulären Gallenwege der Leber progredient zerstört. In bis zu 73% der Fälle tritt gleichzeitig das Sjögren-Syndrom auf. Die Kenntnis dieser möglichen Vernetzungen ermöglicht eine gezielte Befragung der von Xerostomie betroffenen Patienten und bei Verdacht eine Überweisung zur Abklärung möglicher noch nicht detektierter Grunderkrankungen.

DDr. CHRISTA EDER
FA für Pathologie und Mikrobiologin
eder.gasometer@chello.at

Entzündungsreaktion im Sulkus bei Speichelmangel