Universitätszahnklinik Wien: Pandemie-Rückblick, Fortbildung und Dentistry 4.0

ZMT sprach mit Prof. DDr. Andreas Moritz, dem Vorstand der Universitätszahnklinik Wien, sowie mit Prof. DDr. Christian Ulm, dem Leiter des Fachbereichs für Orale Chirurgie.

Wie sieht Ihr Pandemie-Rückblick aus?

Moritz: Ich denke, wir haben die Pandemie sowohl aus Patientensicht als auch aus dem Blickwinkel der Studierenden gut gemeistert. Natürlich war die mehrjährige Pandemie eine riesige und einmalige Herausforderung für die Zahnklinik. Beispielweise mussten wir in der Anfangszeit dringend passende Masken beschaffen, um den Studien- und Patientenbetrieb weiter zu gewährleisten. Später wurden pro Tag an unserer Klinik bis zu 200 Corona-Tests durchgeführt und ausgewertet. Und während der Omikron-Welle hatten wir fast 4000 Terminabsagen in den Monaten Jänner und Februar 2022, wo die höchsten Infektionszahlen durch kranke Patienten zu vermerken waren. Dies alles erfolgreich zu managen, belastete uns alle natürlich sehr.

Prof. DDr. Andreas Moritz

Was gibt es Neues bei den postgradualen Lehrgängen?

Ulm: Derzeit läuft bereits der mit 30 Teilnehmern besetzte zweite Durchgang des Masterkurses für „Periodontology and Implantology“. Die für diesen postgraduellen berufsbegleitenden Universitätslehrgang inskribierten Kollegen und Kolleginnen kommen neben der EU auch aus China und dem arabischen Raum, wobei alle eine bereits mehrjährige Berufserfahrung vorweisen müssen, um dem hohen Unterrichtsniveau gerecht zu werden. Schwerpunkte sind neben der Vermittlung von wissenschaftlichem Grundlagenwissen vor allem parodontalchirurgische und implantologische Techniken, die im Rahmen von mehreren Sezierkursen, praktischen Übungen am Phantom und jeder Menge Live-OPs vermittelt werden. Bei letzteren können die Kursteilnehmer zwischen drei parallel stattfindenden Operationen die jeweils für sie interessanteste OP auswählen, in den OPs direkt anwesend sein und über große Bildschirme die Eingriffe (durch in OP-Lampen installierte Kameras) mitverfolgen. Bis zu zehn operative Eingriffe wurden so pro Tag vorgezeigt. Ursprünglich hatte der Kurs 90 ECTS-Punkte und schloss mit dem „Master in Clinical Dentistry“ ab. Zukünftig sind es 120 ECTS-Punkte und man erhält nach drei Jahren einen „Master of Science (CE)“ durch die Medizinische Universität Wien, wobei CE für „Continuing Education“ steht. Wenn jemand keine Zeit bzw. kein Interesse hat, eine Masterarbeit zu schreiben, kann er/sie den Lehrgang nach zwei Jahren trotzdem als „Academic Expert“ (AE) – mit einem offiziellen Zeugnis der MedUniWien – abschließen. Auf jeden Fall müssen durch die Kursteilnehmer zwei selbst betreute Patientenfälle vorgestellt und muss eine Abschlussprüfung absolviert werden.

Moritz: Geplant und bei der MedUniWien eingereicht ist des Weiteren ein Masterkurs für „Endodontology and Periodontology“. Der bestehende Masterkurs „Periodontology and Implantology“ wurde auf 120 ECTS novelliert. Man kann zunächst auch nur einen Teil absolvieren und später (zeitnah) den zweiten Teil besuchen, um die entsprechenden Zeugnisse zu bekommen. Kursbeginn ist voraussichtlich 2024.

Welche Fortbildungsmöglichkeiten werden noch angeboten?

Ulm:
Der Fachbereich für Orale Chirurgie der Universitätszahnklinik Wien bietet – in Zusammenarbeit mit der ARGE für Orale Chirurgie, Medizin und Radiologie (OCMR) – ein Langzeitseminar am Fachbereich für Orale Chirurgie über ein Semester an. Einmal wöchentlich (nach Vereinbarung) können die Kursteilnehmer an den Morgenbesprechungen und bei Beratungsgesprächen sowie bei der Konzepterstellung komplexer Fälle teilnehmen und vor allem auch bei operativen Eingriffen assistieren. Schwerpunkte sind das Erlernen aktueller Grundlagen und Techniken zur Entfernung retinierter Zähne, Kieferhöhlendeckungen, Zystektomien, Wurzelspitzenresektionen und natürlich auch implantologische Eingriffe inklusive Knochenaugmen-tationen. Die OCMR, deren Leiter ich derzeit bin, bietet des Weiteren für an oralchirurgischer Fortbildung interessierte Kollegen und Kolleginnen am 19. Jänner 2024 einen Operationskurs am Zentrum für Anatomie der Medizinischen Universität Wien an. Die Kursteilnehmer sollen die in entsprechenden Vorträgen vorgestellten oralchirurgische Techniken dann selbst an Humanpräparaten durchführen und erlernen.

Anfang Juni findet ja an der Universitätszahnklinik Wien der Kongress „Dentistry 4.0 – International, Interdisciplinary Conference of Innovative Technologies in Dentistry“ statt?

Moritz: Unser englischsprachiger Kongress wird von der Universitätszahnklinik in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachgesellschafte vom 2. bis 3. Juni 2023 veranstaltet. Nationale und internationale namhafte Experten und Expertinnen behandeln die neuesten Entwicklungen aus allen Bereichen der Zahnmedizin. Es ist ein interdisziplinäres Programm von der Kinderzahnheilkunde bis zur Prothetik. Der Schwerpunkt ist die Digitalisierung mit ihren Chancen, praktischen Umsetzungsmöglichkeiten und Problemen. Vor allem junge Wissenschafter haben zudem die Möglichkeit, ihre Arbeit als Poster zu präsentieren oder für einen Short Talk ausgewählt zu werden. Attraktive Praxisworkshops und Networking-Events runden das Programm ab. Weiters wird es auch eine Firmenausstellung geben. Am 1. Juni findet bereits eine von vielen Kolleginnen und Kollegen gewünschte Strahlenschutzfortbildung statt. Für zahnärztliche Assistentinnen wird eine Strahlenschutzfortbildung am 2. Juni sowie ein Scanner-Kurs angeboten.

Wir freuen uns auf zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland!

Herzlichen Dank für das Interview!

Weitere Infos: 

https://www.unizahnklinik-wien.at/studium-aus-weiterbildung/weiterbildung-zahnaerztinnen/

https://www.dentistryvienna.com/

Priv.-Doz. Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

Prof. DDr. Christian Ulm