Wiener Präsidentin - Richtungswechsel

Seit knapp zwei Jahren hat die Landeszahnärztekammer für Wien eine Präsidentin. ZMT führte mit Dr. Bettina Schreder das folgende Interview.

Wie kam es zur Gründung des „Forum Zahnärzte Wien“?

SCHREDER: Das ist eine lange Geschichte. Die Kurzfassung ist, dass sich im Herbst 2020 mehrere Kollegen und Kolleginnen dazu entschlossen haben, einen Beitrag leisten zu wollen, um unsere als auch die Zukunft unserer Kollegen aktiv mitzugestalten. Man hat sich von der damaligen Standesführung nicht ausreichend vertreten gefühlt. Nach einigen Abstimmungen haben wir uns auf ein Programm geeinigt, weitere Kollegen von unserem Weg überzeugen können und das Team geformt. Der Verein wurde auch deshalb gegründet, um bei keinem Wahlerfolg trotzdem unseren Beitrag – sagen wir als Opposition – leisten zu können. Oder um es mit den Worten von Ozren Marković, zu sagen (Anm. d. Redaktion: Dr. Ozren Marković, MPH, MSc, Finanzreferent der LZÄK für Wien): „Wir sind gekommen, um zu bleiben“.

Waren die Ergebnisse der letzten LZÄK-Wahl für Sie überraschend?

Schreder: Man muss hierbei berücksichtigen, dass erstmalig seit dem Bestehen der Landeszahnärztekammer für Wien überhaupt mehr als eine Liste zur Wahl stand. Es war also eine erste „richtige“ Wahl. Die größte Herausforderung war, unsere Kolleginnen und Kollegen einerseits als neue Liste zu erreichen und auch davon zu überzeugen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Das klingt vielleicht etwas skurril, aber es hat bis dato ja immer nur eine Liste gegeben und daher war das Interesse an der Wahl eher gebremst. Dass uns dann bei unserem ersten Antreten das Vertrauen von so vielen unserer Kolleginnen und Kollegen geschenkt wurde, hat uns natürlich sehr stolz gemacht und gleichzeitig mit Ehrfurcht erfüllt vor der großen Aufgabe. Uns war von Anfang an bewusst, dass ein Richtungswechsel – weg vom unnahbaren Elfenbeinturm hin zu einer modernen serviceorientierten Kammer – kein einfacher werden wird.

Wie sieht Ihr Rückblick auf die knapp zwei Jahre Ihrer Präsidentschaft aus?

SCHREDER: Kurz zusammengefasst – spannend und überaus herausfordernd. Wir haben die Landeszahnärztekammer für Wien mitten in sehr unruhigen Zeiten der Pandemie übernommen. Ich darf an dieser Stelle allein an die Impfdebatte erinnern; natürlich wurde auch in Kreisen der Zahnärzteschaft heiß diskutiert. Neben der Neuorganisation der Ausgabe von Schutzausrüstung habe wir einen Krisenstab implementiert, der wöchentlich mit dem Gesundheitsministerium in Kontakt stand. Auch die gesamte Pressearbeit wurde komplett neu aufgesetzt, um möglichst zeitnah die Zahnärzte und -ärztinnen mit Informationen zu versorgen. Mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine und den damit wirtschaftlichen Auswirkungen rückte die Pandemie in den Hintergrund. Zu den in der Gesellschaft klar spürbaren Brüchen kam nun auch Verunsicherung dazu. Zu diesem Zeitpunkt starteten wir die Planung zu den Stadtgesprächen, eine Abendveranstaltung zu aktuellen Themen wie z.B. dem Arbeitskräftemangel mit hochkarätigen Keynote-Speakern und einer anschließenden Podiumsdiskussion, in die sich auch das Publikum einbringen kann. Mit Anfang des Jahres starteten wir ein neues Projekt zum Thema Ordinationsübergabe bzw. Übernahme. Der Event war innerhalb weniger Tage ausgebucht, sodass wir bereits einen zweiten Event planen. Ich darf mit Stolz behaupten: Der Zug hat nicht nur Fahrt aufgenommen, sondern erreicht sukzessive die von den Zahnärzten/ärztinnen erwartete Reisegeschwindigkeit.

Ist mein Eindruck richtig, dass jetzt auf der Website der LZÄK Wien deutlich mehr aktuelle Infos zu finden sind?

SCHREDER: Ich hoffe, dass nicht nur Sie diesen Eindruck haben. Wie schon angesprochen, versuchen wir möglichst rasch unseren Kollegen alle Informationen zukommen zu lassen. Dazu haben wir uns professionalisiert und nutzen nicht nur unsere Website und die als Rundschreiben bekannten Newsletter, sondern auch Soziale Medienkanäle. Die von unseren Vorgängern nicht genutzte Kooperation mit der Wiener Ärztekammer haben wir ebenfalls reaktiviert und sind mit unseren Artikeln in der „Ärzt*in für Wien“ wieder vertreten, welche kostenfrei zugesendet wird.

Wie sehen Ihre Pläne für die nächsten Jahre aus?

SCHREDER: Ich denke, unsere Zwischenbilanz kann sich bereits sehen lassen, aber Luft nach oben gibt es immer. Der Servicegedanke ist weiter voranzutreiben und auszubauen. Hier wird uns auch unsere „neue Heimat“ mehr Freiheitsgrade hinsichtlich der Platzverhältnisse bieten. Das neu erworbene Gebäude in der Linken Wienzeile wird spätestens ab 2024 nach einer Adaptierungsphase alle bisherigen Standorte vereinen und ein modernes und funktionales Zentrum für die Wiener Zahnärzteschaft bieten.

Gibt es noch einen Punkt, der Ihnen besonders am Herzen liegt?

SCHREDER: Ich erachte es als großes Privileg, gemeinsam mit einem starken Team den schon im Wahlkampf eingeschlagenen Weg weiterzugehen, uns den anstehenden Veränderungen und Entwicklungen zu stellen und den notwendigen Wandel weiter voranzutreiben. Und wenn ich an dieser Stelle einen Wunsch äußern darf: Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Ich möchte daher alle Zahnärztinnen und -ärzte einladen, sich aktiv einzubringen – zum Beispiel über die Stadtgespräche oder im persönlichen Gespräch innerhalb unserer Sprechstunden, um unseren gemeinsamen Weg mitzugestalten.

Herzlichen Dank für das Interview

Priv.-Doz. Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

Dr. Bettina Schreder