Fallbericht: Korrektur eines posterioren Scherenbisses mittels digital geplanten Transpalatinalbogens

Der Scherenbiss stellt im klinischen Alltag häufig eine besondere Herausforderung dar [1, 2]. Im folgenden Fallbericht war es notwendig, einen beidseitigen Scherenbiss einer 12-jährigen Patientin auf den zweiten Molaren zu überstellen. Dabei handelte es sich um ein kombiniertes Problem, die oberen zweiten Molaren waren zu weit bukkal durchgebrochen und übereruptiert, während die unteren zweiten Molaren nach lingual inkliniert waren.

Die Patientin hatte eine horizontale Wachstumstendenz, Klasse-I-Verzahnung auf beiden Seiten, eine Tiefbisstendenz und leichte Einzelzahnrotationen (Abbildung 1). Der Behandlungsplan sah das Ausformen der Zahnbögen, Bisshebung über die Nivellierung der Spee’schen Kurve und die beidseitige Überstellung des Scherenbisses vor. Zu diesem Zweck war neben einer festsitzenden, vestibulären Apparatur ein modifizierter Transpalatinalbogen mit distalen Extensionen und eine vorübergehende Bisssperre über okklusale Aufbisse im Bereich der ersten Molaren geplant. Diese Apparatur ist eine etablierte Therapieoption [3, 4, 5], ist im Vergleich zu intermaxillären Gummizügen mitarbeitsunabhängig und erzeugt keine – meist unerwünschte – extrusive Kraft. Der Transpalatinalbogen wurde mit distalen Extensionen in Form eines J-Hooks digital in der Software OnyxCeph3 (Image Instruments GmbH, Chemnitz, Deutschland) mit dem Modul Ortho Apps 3D geplant (Abb. 2). Die Herstellung erfolgte im CAM-Verfahren (CAM 4 DENT GmbH, Lenzing, Österreich). Nach dem Kleben des TPAs mit RelyX™ Unicem 2 (3M ESPE, Landsberg am Lech, Deutschland) wurde eine intramaxilläre Kraft in Form von Gummiketten zu den palatinalen Attachments der oberen zweiten Molaren appliziert (Abbildung 3). Biomechanisch entsteht dabei ein Kraftansatz, der koronal und palatinal des im Trifurktionsraum des Molaren befindlichen Widerstandszentrums liegt. Daraus resultiert neben der Intrusion eine Palatinalkippung des zweiten Molaren (Abbildung 4). Die reziproken Wirkungen auf die ersten Molaren werden in der Transversalen durch die Rigidität des Transpalatinalbogens minimiert. Der zu erwartenden extrusiven Wirkung stehen die okklusal wirkenden Kaukräfte entgegen, die durch die Platzierung der Aufbisse okklusal auf den ersten Molaren noch zusätzlich verstärkt wurden. Der Behandlungsverlauf zeigt drei Monate nach Einsetzen der Apparatur bereits eine deutliche Palatinalkippung der oberen zweiten Molaren in der Okklusalansicht (Abbildung 3f ). In der Modellüberlagerung dieser beiden Zeitpunkte (Überlagerung über die rugae palatinae) wird die intrusive und palatinal kippende Wirkung der Apparatur auf die zweiten Molaren noch deutlicher (Abbildung 5a–b). Die gesamte Behandlungszeit betrug 13 Monate. Als Retentionsprotokoll wurden festsitzende 2-2-Retainer im Ober- und 3-3-Retainer im Unterkiefer sowie Tiefziehschienen für die Nacht eingebracht.


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Kontakt:

Dr. Elisabeth Astl,
Abteilung für Kieferorthopädie
Sigmund Freud Privat Universität Wien
Freudplatz 3, 1020 Wien
elisabeth.astl@med.sfu.ac.at

Literatur:
[1] Yun SW, Lim WH, Chong DR, Chun
YS. Scissors-bite correction on second
molar with a dragon helix appliance.
Am J Orthod Dentofacial Orthop.
2007; 132: 842-847. 10.1016/j.
ajodo.2006.03.029
[2] Verma A, Gangurde P, Shah A, Lipare
S, Gaikwad… S. Modified TPA for
scissor bite correction: A Case Report.
dentistrysciencecom. 2021;
[3] Reddy V, Reddy R, Parmar R. A modified
transpalatal arch for correction of
scissor bite. J Clin Orthod. 2012; 46:
308–309.
[4] Nonsurgical orthodontic treatment
of a hypodivergent adult patient with
bilateral posterior scissors bite and
excessive overjet. [editorial]. Angle
Orthod 2019; 89 (2): 333.
[5] Goal-oriented positioning of upper
second molars using the palatal
intrusion technique. Am J Orthod
Dentofac Orthop
1996; 119: 466–8.