Weichgewebe - Multifunktionales Pflaster zur Wundheilung

Forschende der TU München haben einen Film entwickelt, der Wunden nicht nur wie ein Pflaster schützt, sondern die Wundheilung beschleunigt, Bakterien abweist, Entzündungen hemmt, Wirkstoffe zielgerichtet freisetzt und sich zuletzt von selbst auflöst.

Bei kleineren Schürfwunden auf der Haut leisten konventionelle Pflaster gute Dienste. Schwieriger wird es bei Verletzungen von Weichgewebe wie der Zunge oder sensiblen Oberflächen wie dem Darm. Welches Material hält dort, ohne das Gewebe zu beschädigen oder an angrenzenden Stellen zu haften? Wie lassen sich dort Wunden vor äußeren Einflüssen und Bakterien schützen? Welche Substanz ermöglicht es Zellen, sich darunter zu regenerieren, und baut sich anschließend rückstandsfrei ab? Ein Team um Oliver Lieleg, Professor für Biomechanik an der Technischen Universität München, hat einen Film zur Wundheilung entwickelt, der im Vergleich zu ähnlichen Entwicklungen besonders vielfältige Eigenschaften vereint. Das neuartige Pflaster aus Biomolekülen lieferte in der kürzlich veröffentlichten Studie bereits vielversprechende Ergebnisse und wird noch weiter getestet und entwickelt. „Der dünne, flexible Film kann im trockenen Zustand mit der Pinzette angehoben und auf der Wunde platziert werden. Bei Kontakt mit feuchtem Gewebe wird die Unterseite gelartig und klebrig. So haftet der Film von selbst, ohne zusätzliche Fixierung, am Gewebe“, sagt Ceren Kimna, Erstautorin der Studie. Lieleg und sein Team konnten zeigen, dass diese Pflaster aus Biomolekülen auch auf glatten Oberflächen wie Knorpeln und feuchtem Gewebe wie der Zunge gut haften. Dabei schädigten sie das darunterliegende Gewebe nicht. Die Abdeckung mit dem Film beschleunigte die Wundheilung auf der Haut sogar. Ein besonderes Ziel bei der Entwicklung war, dass sich die Materialko Dadurch konnte jede Seite so gestaltet werden, dass sie spezielle Anforderungen erfüllt. Die obere Seite besteht aus einem biologisch abbaubaren Kunststoff, der dem dünnen Film Stabilität verleiht, und sogenannten Mucinen. „Mucine sind Moleküle, die natürlicherweise auf Schleimhäuten vorkommen. Wir haben sie nun erstmalig für pflasterartige Filme eingesetzt. Hier übernehmen sie besonders wichtige Eigenschaften für den biologischen Schutz der Wunde. Sie wirken antibakteriell, hemmen Entzündungen und hindern unerwünschte Zellen daran, sich in der Wunde anzusiedeln“, erklärt Professor Lieleg, der diese Moleküle bereits seit über einem Jahrzehnt erforscht. Die Unterseite des Films enthält Hyaluronsäure, ein Material, das für seine wasserbindenden und wundheilungsfördernden Eigenschaften bekannt ist. Chemisch daran geknüpft sind Moleküle, die bei Kontakt mit Feuchtigkeit klebrig werden, sodass der Film selbständig am Gewebe haftet. Bei Bedarf können auch Wirkstoffe wie Antibiotika in die untere Schicht integriert werden. Durch den zweilagigen Aufbau werden die Wirkstoffe bei der Anwendung gezielt nur in eine Richtung, nämlich zur Wunde hin, abgegeben. In Zukunft könnten die Pflaster für spezielle Anwendungsfälle optimiert werden. Sie könnten bei Operationen zum Einsatz kommen, um Wunden im Körperinneren zu schützen, zu denen man – beispielsweise nach dem Verschließen durch Nähen – keinen Zugang mehr hat.

Prof. Dr. Oliver Lieleg

Gefriergetrocknetes Mucin. Diese Moleküle spielen eine wichtige Rolle beim neu entwickelten Film zur Wundheilung