Neue Gefahr - Östrogendominanz im Vormarsch

Umweltschützer haben schon vor Jahren Alarm geschlagen, weil in Floridas Sümpfen plötzlich kaum mehr männliche Lurche zu finden waren. Bei diesen Tieren entstehen zuerst weibliche Formen; die Männchen sind eine Weiterentwicklung, die bei einem Östrogenüberschuss unterbleibt.

Beschuldigt wurden Kunststoffe, speziell die Weichmacher darin. Diese haben eine östrogenähnliche Wirkung, und dazu reichen sehr hohe Verdünnungen. Für uns Zahnärzte relevant war Bis GMA (Bisphenol A Di-Methakrylat), ein Basismonomer der Composites. Dieses wird in vielen Produkten bereits ersetzt. Zusätzliche Empfehlung: Möglichst ganz durchhärten. Es gibt aber noch andere Quellen für Xenoöstrogene: Kunststoffflaschen, Jausendosen, Frischhaltefolie… Unter Einfluss von Alkohol und Säuren wie Essig oder Milchsäure kann Weichmacher mit östrogenähnlicher Wirkung frei werden. Auch Parapen in Shampoos, Lotionen und Cremen wirkt xenoöstrogen.
In manchen Ländern werden Hormone eingesetzt, damit Nutztiere schneller zunehmen. In Österreich ist dies verboten. Die Wirkung von Hormonen nützen auch Body-Builder, sie schaden aber in erster Linie sich selbst. Relevante Mengen an Östrogenen geraten durch Kontrazeptiva in unsere Umwelt. Die Metaboliten sind zwar abbaubar, aber es kommt ja auch steter Nachschub, wie Messungen in den Flüssen, die durch große Städte fließen, nachweisen konnten. Und es gibt eine „neue“ Quelle für Östrogen: das Fettgewebe.
Unsere Überflussgesellschaft leidet in über 50% an Übergewicht. Das Fettgewebe produziert Aromatase, diese verwandelt Testosteron in Östrogen – mit fatalen Wirkungen auf den Organismus.

Steroidhormone

Wenn wir die Rolle der Steroidhormone betrachten, so sind diese mitnichten nur Sexualhormone. Sie sind wichtige Neurohormone im Zentralnervensystem, wichtig für Zucker- und Fettstoffwechsel, sie sind Strukturhormone für das Bindegewebe und schützen das Herz.
Die Steuerung erfolgt über Hypothalamus und Hypophyse, Erfolgs-organe sind Nebennierenrinde, Gonaden und Plazenta. Aber auch das Gehirn produziert (und braucht) Steroidhormone!
Aus Cholesterin entsteht Pregnenolon, das wird zu Progesteron und dann Cortison oder DHEA. Dieses wird weiter zu Androstendiol oder Andriostendion verstoffwechselt, Aus diesem können Testosteron oder Östron, Östradiol und Östriol gebildet werden. Die Östrogene sind Endprodukte, diese können nicht wieder in die Ausgangssubstanzen rückverwandelt werden.
Wichtig ist weniger die absolute Menge als vielmehr die Balance der Stoffe. Die richtige Relation schwankt mit Lebensalter und nach Tageszeit, bei Frauen auch je nach Zyklusphase.
In der Prämenopause ist das Verhältnis zwischen Östradiol, Progesteron und Testosteron ausgeglichen. Im Rahmen der Perimenopause steigt Östradiol stark an, Allergien entstehen, es kommt zu verstärkten Blutungen und Gallenblasenproblemen. In der Postmenopause überwiegt Testosteron. Bei älteren Männern wird relativ viel Östrogen, weniger Progesteron und ganz wenig Testosteron gebildet. Oft entsteht ein metabolisches Syndrom.

Nach chinesischer Medizin:
Yangwirkung haben Ostradiol, Östriol und Testosteron. Sie wirken gewebsaufbauend und vitalisierend.
Yinwirkung hat Progesteron. Es wirkt schlaffördernd und entwässernd.

Was merken wir vom Östrogenüberhang?

Die Geschlechtsreife bei Mädchen tritt früher ein, Männer produzieren weniger Sperma. Autoimmunkrankheiten nehmen zu (bes. Hashimoto).  Die Schilddrüsenfunktion ist gestört (T3, T4 sind normal, TSH erhöht). Die Brustkrebsinzidenz steigt, die Knochenfestigkeit sinkt. Es kommt zu Menstruationsproblemen und Depressionen. Bei alternden Männern kommt es zur Zunahme des Brustgewebes und des Bauchumfanges und zu vermindertem Bartwuchs.
Viele erinnern sich noch, dass die Hormonersatztherapie in den Wechseljahren den Frauen geradezu aufgedrängt wurde – als Stimmungsaufheller und wegen der Knochendichte. Bis eine große amerikanische Studie gezeigt hat, dass auch das Brustkrebsrisiko steigt – dann erfolgte eine radikale Abkehr von der Hormontherapie. Für viele Frauen war dies sehr problematisch, sie hatten starke Wechselbeschwerden und Angst, weil sie ja eine zeitlang Hormone genommen hatten.

Wie gehen wir heute damit um?

Wenn wir als Zahnärzte eingreifen wollen, etwa wegen Parodontalabbaus, empfehlen sich in erster Linie homöopathische oder pflanzliche Mittel sowie orthomolekulare Substanzen.
Meine Lieblingshomöopathika sind Phytohypophyson C (starke Wirkung auf die Nebenniere, bei Stress) und Phytohypophyson L (ideal im beginnenden Wechsel). Das sind tiefpotenzierte Mischungen aus homöopathischen Mitteln. Es gibt auch welche, die direkt auf Nebenniere, Ovarien, Hoden oder Schilddrüse wirken (Mittel nach Dr. Riedweg). Ich bevorzuge die Mittel, die am Steuerorgan angreifen. Die Hypophyse regelt ja die Produktion zahlreicher Hormone – mit komplizierten Rückkoppelungen. Diese Mittel stören das komplexe System nicht.

Pflanzliche Mittel:
Östrogenartig: Hopfen, Soja, Rotklee, Silberkerze.
Progesteron: Mistel, Yams, Frauenmantel.
Testosteronsenkend: Süßholz.

Schulmedizinisches Vorgehen:
Hormonstatus im Speichel – dort gibt es nur freie, aktive Hormone und die Messung ist wegen der Farblosigkeit einfach. Zyklusphase und Tagesrhythmus beachten! Progesteron sollte 3x im Abstand von einer Stunde gemessen werden.
Als ideal wird die transdermale Applikation von Progesteron (Creme, Gel) angesehen, dadurch wird die Leber um 70% weniger belastet.
Eingesetzt werden bioidente Hormone in Dosierungen, die der Körper kennt – diese erzeugen keine Nebenwirkungen. Zusätzlich kann man hormonabhängige Gewebe durch Gabe von Phytoöstrogenen schützen (Soja, Rotklee).

Teile des Artikels beruhen auf dem Vortrag von Marianne Krug, Frankfurt, bei der IMAK-Jahrestagung 2016.

MR Dr. EVA-MARIA HÖLLER

Zahnärztin und Kieferorthopädin in Wien
Schwerpunkt: Komplementärverfahren
Gerichtlich beeidete
Sachverständige mit Zusatzbezeichnungen
Kieferorthopädie und
Komplementärverfahren
ordi.hoeller@aon.at

 

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