Genaue Abklärung - Zähne oder Nebenhöhlen

Bei einem Herdverdacht denken mittlerweile Patienten und Kollegen schnell an Zähne. Allerdings ist eine möglichst genaue Abklärung erforderlich. Umfangreiche, teure Maßnahmen sind auf unserem Gebiet häufig – und natürlich sinnvoll und gerechtfertigt, wenn sie Erfolg bringen.

Die Suche nach dem relevanten Entzündungsherd und ob ein Zusammenhang mit den Beschwerden besteht, gehört zu den Kernaufgaben der biologischen Testverfahren.
 
Ein Fallbeispiel
 
Der Patient ist 60 Jahre, schlank und sportlich. Er hat ein dichtes Alltagsprogramm – und er ist Musiker. Viele meiner Patienten spielen Instrumente, rheumatiforme Beschwerden sind für sie eine Katastrophe und Schmerzmittel beeinträchtigen ebenfalls ihre Kunstausübung. Künstler kommen daher früher zur Komplementärmedizin, und das erhöht unsere Chancen. Rheuma ist eine Überreaktion des Immunsystems, eine fortgeleitete Entzündung – oft, aber nicht immer entlang eines Akupunkturmeridians. Weitergeleitet werden Giftstoffe wie z.B. Streptolysin oder Immunkomplexe und Entzündungsbotenstoffe. Dadurch gibt es Formen, die nur ein Gelenk betreff en, oder auch solche, wo mehrere Gelenke betroffen sind und wechselnde Beschwerden ohne sichtbare Entzündungszeichen auftreten. Bei unserem Patient liegt die zweite Form vor, betroff en sind Finger, Handgelenke, Ellbogen, Schultern und linkes Oberkiefer. Die Gelenksschmerzen dauern etwa drei Tage, im Akutstadium treten leichte Schwellungen auf, Voltarengel hilft. Gleichzeitig mit den Gelenksbeschwerden kommt es zu Schläfenkopfschmerzen. Anamnestisch berichtet der Patient von einer Kieferhöhlenentzündung in der Jugend. Jetzt leidet er unter rezidivierender Gastritis und stark schwankenden Nahrungsmittel-unverträglichkeiten. Hier sieht er Zusammenhänge mit einer schwierigen Partnerschaft. Zahnärztlich ist Herr G. gut versorgt, im Unterkieferseitzahnbereich gibt es beidseits Implantate. Im linken Oberkiefer wurde vor Kurzem ein Zahn gezogen, dort befindet sich beim ersten Test eine provisorische Brücke. Nun haben ihn Bekannte auf die Idee gebracht, dass große zahntechnische Versorgungen ein Problem darstellen könnten. Er vertraut zwar seinem Zahnarzt, aber er hat gehört, dass gerade im Zahnbereich versteckte Entzündungen häufig sind. Beim Durchtesten finden wir tatsächlich zahlreiche Hinweise auf eine chronische Entzündung im Kieferbereich: das Handmode und zwei Suchampullen auf Entzündungsherd, Kieferostitis, Zahnwurzelgranulom, chronische Ostitis, hämolysierende Streptokokken und Immunschwäche. Bei der Einzelzahntestung werden wir aber nicht fündig. Pathologische Therapielokalisationen: Magen, Thymus, limbisches System, Nasennebenhöhlen. Priorität hat dabei die Kieferhöhle. Die über das „Handmode für Herd“ ausgelöste Armlängendifferenz wird durch ein Berühren des Kieferhöhlenpunktes aufgehoben. Dasselbe gilt für die Therapielokalisation an Gelenken, an der Schläfe, den Kaumuskeln und dem Akupunkturpunkt Lymphe 2. Die irreführende Reaktion auf Zahnampullen erklärt sich dadurch, dass infolge der engen räumlichen Beziehung sowie ähnlicher anatomischer Verhältnisse Keimspektrum und Entzündungsverlauf bei Zähnen und Nebenhöhlen sehr ähnlich sind. Das akribische Überprüfen der Akupunkturpunkte ist daher sehr wichtig. Bei der konservierend-medikamentösen Therapie sprechen daher auch die gleichen Mittel an. Das ist besonders praktisch, wenn sich die Entzündungsgebiete überschneiden. Aber natürlich wäre eine Zahnextraktion nicht zielführend, wenn die Entzündung in der Kieferhöhle sitzt.

Erste Therapierunde

Lachesis D8 Glob (2x5) für sechs Wochen. Homöopathisierte Schlangengifte wirken gegen Krankheitserreger, durchdringen verhärtete Entzündungsbezirke und stärken das Immunsystem (T-Zellen). Magnesium für das Bindegewebe und Fischöl.

Zweiter Besuch

Der Patient erzählt, dass die Gelenke besser seien. Zwischenzeitlich habe es Probleme im Brustbereich gegeben. Herzuntersuchungen brachten kein Ergebnis, aber im Magen wurde Helicobacter festgestellt. Als kritischer Mensch hat der Patient mittlerweile ein CT der Nebenhöhlen machen lassen, das eine Schleimhautschwellung in der Kieferhöhle zeigt. Diesmal gibt es Mucokehltropfen (2x10 und 2x täglich am Reflexpunkt Kieferhöhle auftragen). Diese sind besonders bei Verschleimungen der Nebenhöhlen geeignet, gegen Helicobacter gibt es ein homöopathisches Präparat namens Oricant. Außerdem passen Zinkcitrat und wieder Fischöl.

Dritter Besuch

Der Zahnbereich ist beschwerdefrei, die Gelenke auch, testen aber noch. Wir empfehlen ein homoöpathisches Konstitutions- und Magenmittel; Nux vomica D12 (1x5), stabilisierendes Silicium und immer noch Fischöl. Es empfiehlt sich, die Therapie fortzusetzen, bis auch im Test nichts mehr zu finden ist, damit es nicht doch noch zu einem Rezidiv kommt. Rheumatische Beschwerden sollen frühzeitig bekämpft werden, sie gehen oft mit Substanzzerstörung einher. Was einmal abgebaut wurde, kann nicht vollständig regenerieren.

MR Dr. EVA-MARIA HÖLLER
Zahnärztin und Kieferorthopädin in Wien
Schwerpunkt: Komplementärverfahren
Gerichtlich beeidete
Sachverständige mit Zusatzbezeichnungen
Kieferorthopädie und
Komplementärverfahren
ordi.hoeller@aon.at

Kieferhöhlenpunkt = Austrittspunkt V/2