Zahnkorrektur bei Neurodermitis

Als Daniel das erste Mal bei mir vorspricht, ist er 15 Jahre alt und bereits mitten in der Pubertät. Er hat schon drei Jahre Zahnspange hinter sich: der elastisch offene Aktivator sieht gar nicht übel aus. Die Zähne 13 und 43 sind allerdings rotiert und gekippt und im Kreuzbiss verfangen. 43 zeigt beginnende Parodontalschäden, durch deutlichen Slide über 13 klickt das linke Kiefergelenk. Die ständige Abweichbewegung bedeutet Dauerstress, der über die gesamte Körperhaltung kompensiert werden muss - eine Überstellung der Eckzähne dringend notwendig.

Den Aktivator auch nachmittags zu tragen kann sich Daniel nicht vorstellen. Eigentlich will er gar keine Regulierung mehr und fragt, ob es sich nicht nur um eine kosmetische Korrektur handelt. Crozatgeräte scheinen mir daher auch ungeeignet. Ich schließe mich der Meinung des Vorbehandlers an und schlage eine Multibandtherapie vor.

Da erfahre ich von einem weiteren großen Problem: Daniel hat eine massive Neurodermitis, Ellenbeugen und Kniekehlen weisen starke Kratzspuren verschiedenen Alters auf: ganz frische, noch blutige und schon stark verkrustete. Die Beugeseiten jucken so sehr, dass es unmöglich erscheint, nicht zu kratzen.

Jegliche weitere Belastung ist dem Patienten in diesem Stadium nicht zumutbar, auch eine Zahnspange wäre jetzt zuviel, zumal ich große Probleme mit der Materialauswahl hätte:
Neurodermitis hat meist etwas mit Milchunverträglichkeit zu tun, es besteht eine Kreuzunverträglichkeit mit anderen Nahrungsmitteln wie Äpfeln und Nüssen sowie mit Metallen, v.a. mit Nickel.

Wirklich effektiv zum Überstellen des Kreuzbisses sind NiTi- Drähte. Diese sind schnell und wirken mit sanften Kräften, die Zahnfleisch und Kiefergelenk schonen. Menzaniumdrähte sind zu hart, belastend für das Parodont und das Craniosakralsystem.

Könnte ich Daniel zu Crozatgeräten motivieren, wäre die Materialfrage ebenfalls problematisch: Es gibt zwar Geräte aus (fast nickelfreiem) Menzanium, die gelasert (statt gelötet) werden, diese sind aber eher steif, schlecht aktivierbar und sehr bruchanfällig.

In Daniels großer Familie gibt es mehrere Therapeuten und Apotheker. Die Problematik ist der Mutter daher bewusst, sie will mitarbeiten. Wir einigen uns darauf, zuerst eine ganzheitliche Sanierung durchzuführen, um anschließend eine sinnvolle Regulierung zu ermöglichen.

Beim ersten Test finden wir eine Dysbiose in Dünn- und Dickdarm mit Resorptionsstörungen und daraus resultierenden Mangelversorgungen sowie Immunschwäche. Positiv testende Allergene: Histamin, Milch, Nickel, Staub, Tierhaare, Gräser, Getreide. Ersttherapie: Hylaktropfen, Leinöl, L-Glutamin, Zink. Der posttraumatisch devitale, schwarz verfärbte Zahn 21 stört im Test nicht.
Zweite Sitzung nach 5 Wochen: Die linke Ellenbeuge ist noch ganz zerkratzt, sie juckt v.a. beim Duschen. Es testen eine Dickdarmdysbiose sowie eine Sinusitis, weniger Allergene. Therapie: Omniflora, Lachsöl, L-Glutamin, Calcipot D3. Lokal gegen Juckreiz: Sambuccus Niger Salbe DHU (Wirkstoff: schwarzer Holunder).

Nach weiteren 5 Wochen ist der Darm in Ordnung, wir brauchen keine Symbiosekeime mehr, die anderen Mittel bleiben aber noch.

Über die Sommerferien kommt es zu einem leichten Rückfall, wir benötigen Lachsöl, Calcium und Zink, die Sambuccus-Salbe bewährt sich. Kleine Milchmengen sind bereits möglich.

Im Herbst kommt ein grippaler Infekt dazu, die Ellenbeuge juckt leicht. Der Schnupfen wird mit Mukokehl-Tropfen behandelt, weiters braucht Daniel Leinöl und Kalzium. Die Holler-Salbe wirkt immer noch.

Mit Beginn der kalten Jahreszeit jucken die Ellenbeugen wieder stärker, die Mutter vermutet wegen langärmeliger Pullover. Tatsächlich testen Baumwolle, Schafwolle, Polyamid, Acryl, Dispersionsblau und Brillantschwarz (Daniel trägt derzeit nur schwarz). Dieses Testergebnis erinnert ein bisschen an unsere Materialtests: Es bleibt kein vernünftiges Material übrig und unser Ziel kann daher nur allgemeine Toleranzsteigerung sein. Therapiemittel: Beruhigendes Nachtkerzenöl und Kalzium.
Beim nächsten Test gibt es weniger Unverträglichkeiten, wir konzentrieren uns mehr auf die Darmprobleme: Wir brauchen nochmals Mukokahl, Omniflora, Leinöl, Kalzium und unsere Sambuccus-Salbe.

Nach fast einem Jahr schuppen die Ellenbeugen nur mehr leicht, wir verordnen Leinöl, die Salbe passt noch. Daniel ist beschwerdefrei, er legt eine Therapiepause ein. Gegen die relativ starke Akne empfehlen wir Schüssler-Salze. Reiten ist jetzt kein Problem mehr, auch der Staub im Pferdestall ist verträglich.

Es vergeht nochmals ein Jahr, dann kann sich Daniel zu einer fixen Spange entschließen. Wir testen vorher nochmals: alles ist in Ordnung, alle kieferorthopädischen Materialien verträglich. Wir bebändern und verwenden NiTi-Drähte. Nach 2 Monaten tritt ein leichtes Ekzem auf: L-Glutamin, Leinöl und Zink helfen. Die nächsten vier Monatebegleiten wir die Regulierung mit Ölen und Mineralstoffen. Im Nachhinein erfahren wir, dass der Vater schwere Depressionen hatte und sich von der Familie getrennt hat.

Die nächsten vier Monate verlaufen komplikationslos, dann treten wieder leichte rote Tupfen in der Ellenbeuge auf: Schüssler-Salz Silicium, später Kalzium und Vitamin D3.

Nach 15 Monaten nehmen wir die fixe Spange ab und setzen einen Tiefziehretainer ein (letzte Feineinstellungen durch Set-up am Gipsmodell). Der Zahn 21 bekommt einen Composite-Überzug.
Nach einem weiteren Monat tritt ein Schnupfen mit allergischer Komponente und Augenbeteiligung auf - Silizium-Tabletten passen wieder.

Die Retentionsbehandlung läuft gut, es kommt zwar häufig zu Brüchen, weil Daniel knirscht und nicht sehr auf seine Geräte achtet, die Zahnstellung hält jedoch. Gelegentlich kommt es zu kleinen Ekzemschüben. Silizium passt immer wieder. Ein Infekt wird mit Engystol behandelt, eine Irritation der Handflächen mit Zinksalbe.

Nach weiteren 15 Monaten möchte Daniel die Behandlung beenden und sich beim Hauszahnarzt eine Krone auf 21 anfertigen lassen. Das Ergebnis ist ein langfristig stabiler Biss. Die ideale Krone und der Stiftaufbau bestünden aus Zirkon-oxyd, mit Phosphatzement befestigt.

Dr. Eva-Maria Höller

Veranstaltung Metallproblematik in der Zahnheilkunde:
Labornachweise, Ausleittherapie für Zahnärzte

Vortragende: Prof. Dr. Vera Stejskal, Immunologin
Doz. Dr. Thomas Endler, Labormediziner
Dr. Peter Spleit, Zahnarzt

Termin: 15./16. Jänner 2010
Kursort: Büro des Zahnärztlichen Interessenverbandes, 1010 Wien
Anmeldung: Tel.: 513 37 31
E-Mail: office@zahniv.at

Multiband ? ein Materialproblem