Mikrobielle Erkrankungen Teil 8: Postmenopause und Stoffwechselstörungen

Der hormonelle Einfluss auf Organe und Gewebe des menschlichen Körpers beeinflusst auch entscheidend die orale Gesundheit. Die Auswirkungen von hormonellen Umstellungen in Entwicklungsphasen wie der Pubertät und auch während der Schwangerschaft wurden in diesem Zusammenhang bereits ausführlich diskutiert.

So wie der Anstieg bestimmter Steroidhormone Veränderungen an den oralen Hart- und Weichgeweben beeinflusst, hat auch das Absinken des Östrogenspiegels während der Menopause und besonders während der Postmenopause Auswirkungen auf Schleimhäute und Parodontium.

Östrogen schützt das Parodontium
Neben dem Abfall des Serumspiegels von 17 Beta Östradiol (E2) im Serum fällt parallel dazu auch die E2- Konzentration im Speichel und in der Sulkusflüssigkeit. Damit geht ein wichtiger Schutzfaktor für die oralen Gewebe verloren. Durch die mangelnde hormonelle Gewebsmodulation kommt es zu einer gesteigerten Gefäßpermeabilität in der Gingiva und damit zu einer Erhöhung der Blutungsbereitschaft. Das Östrogen fördert die Osteoblastenbildung und hemmt die Tätigkeit der Osteoklasten. Die nun mangelnde protektive Wirkung auf den Kieferknochen bewirkt einen beschleunigten Abbau des Alveolarknochens und schafft damit Voraussetzungen für vorzeitigen Zahnverlust. Gleichzeitig bewirkt die niedriger werdende Östrogenproduktion einen Anstieg von Entzündungsmediatoren wie Interleukin 1 (IL1), Il6, IL8 und TNF a, wodurch es wiederum zu überschießenden Reaktionen auf bakterielle Reize kommt. Die unverhältnismäßig vermehrte Entzündungsbereitschaft wendet sich dann letztlich gegen die körpereigenen Gewebe. Bei einer bereits vorbestehenden chronischen Parodontalerkrankung sind dies wesentliche Progressionsfaktoren, und es kann in dieser Phase zu akuten Exazerbationen einer Parodontitis mit aggressivem Verlauf und hohem Gewebsverlust kommen.

Parodontalerkrankung und Osteoporose
Sowohl hinsichtlich des verstärkten Knochenabbaus als auch der erhöhten Produktion von Entzündungsmediatoren finden sich wichtige Parallelen mit der oft ebenfalls im Zuge der Postmenopause auftretenden Osteoporose. Sowohl die Osteoporose als auch die chronische Parodontitis zeigen einen schubhaften Krankheitsverlauf. Knochendichtemessungen an Osteoporosepatienten habe gezeigt, dass der allgemeine Knochenverlust eng mit der Reduktion der mandibulären Knochenmasse einhergeht und dass beide Phänomene positiv mit dem Absinken des Serum-Östrogenspiegels korreliert sind. Die Osteoporose an sich kann nicht als Ursache einer Parodontalerkrankung, sehr wohl aber als wichtiger modifizierender Faktor angesehen werden. In Studien zeigte sich, dass bei postmenopausalen Patientinnen mit Osteoporose durch Östrogensubstitution auch eine Verbesserung der Mundgesundheit mit Verringerung des Alveolarknochenabbaus und der Zahnmobilität erzielt werden konnte.

Protektivfaktor Speichel
Ein zusätzliches parodontales Risiko entsteht durch die bei Menschen in fortgeschrittenem Lebensalter häufig auftretende Verringerung des Speichelflusses. Beim Gesunden beträgt die Speichelflussrate etwa 1,5l pro Tag. Die durch Reduktion der Speichelmenge auftretende Xerostomie kann einerseits die bereits erwähnten hormonellen Ursachen haben, andererseits durch Einnahme von Medikamenten wie Antihypertonika, Diuretika, Anticholinergika, Antihistaminika oder trizyklische Antidepressiva oder auch durch Erkrankungen der Speicheldrüsen verursacht werden. Durch die fehlende schützende Wirkung des Speichels sind die Schleimhäute anfälliger für Verletzungen. Zusätzlich fehlen die im Speichel gelösten antibakteriellen Substanzen wie Iga und die Regulation des intraoralen pH-Wertes. Dadurch können die Zähne nur mangelhaft remineralisiert werden, es tritt vermehrt Karies auf.

Es kommt zu Glossodynie, Brennen der Lippen, des Gaumens und zu starkem Mundgeruch. Die Patienten klagen über metallischen Geschmack im Mund oder über allgemeinen Rückgang des Geschmacksempfindens. Weiters steigt allgemein die Gefahr bakterieller und vor allem auch mycotischer Infekte. Die Schleimhaut wird atroph, neigt zu Riss- und Fissurenbildung und zu ulzerierenden Defekten, welche wiederum Nährböden für die Ansiedelung weiterer Mikroorganismen bilden.

Neben den klassischen Parodontalkeimen können sich durch das veränderte Milieu in der Mundhöhle auch primär nicht zur Mundflora gehörige, atypische Keime ansiedeln. Dazu gehören Bakterien aus der Gruppe der Enterobakterien, Pseudomonaden, Staphylokokken und diverse Pilze. Mittels potenter Pathogenitätsfaktoren können diese Keime zu massiven Entzündungsschüben führen. Die Therapie wird erschwert, da es gerade bei diesen Arten multiresistente Formen gibt. Eine exakte Abklärung des Keimspektrums vor der Therapie ist besonders bei solchen Patienten dringend zu empfehlen. Parallel dazu sind selbstverständlich auch Maßnahmen zur Linderung der Mundtrockenheit, wie ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Vermeidung alkoholhaltiger Mundwässer und bei hartnäckigen Fällen Kunstspeichel oder Medikamente wie Pilocarpin, zu ergreifen.

In jedem Fall ist besonders bei Patienten in fortgeschrittenem Lebensalter vor der zahnärztlichen Behandlung eine exakte Anamnese zu erheben, um bei der Therapie den zahlreichen Interaktionen mit bestehenden Vorerkrankungen und Medikationen Rechnung zu tragen.

DDr. Christa Eder,
Dr. Laszlo Schuder