Parodontologie ? Rückblick und Aktuelles

ZMT sprach mit Prof. DDr. Michael Matejka von der Bernhard-Gottlieb-Universitätszahnklinik.

Im Herbst 2001 wurde an der Wiener Zahnklinik die Abteilung für Parodontologie und Prophylaxe eröffnet. Im Rahmen unserer Besuche an den Kliniken ersuchten wir den Leiter der Abteilung, Prof. DDr. Michael Matejka, um einen Rückblick auf das vergangene dreiviertel Jahrzehnt sowie um eine Stellungnahme zu aktuellen Problemen und Themen.

Wenn Sie auf die letzten sieben bis acht Jahre zurückblicken: Welche wesentlichen Veränderungen gab es im Bereich der Parodontologie?

MATEJKA: Auf politischer Ebene ist leider nicht viel passiert. Unsere Forderung, die Untersuchung des Parodontalstatus in den Mutter-Kind-Pass aufzunehmen, wurde bis heute nicht erfüllt. Zwar gibt es im Obersten Sanitätsrat, dem ich selber angehöre, Verständnis für diese Forderung, aber es ist kein Geld dafür da.
An der Abteilung selbst haben wir vor mehreren Jahren den maximalen Personalstand erreicht. Allerdings ist es schwieriger geworden, wissenschaftlichen Nachwuchs zu finden. Aufgrund des fehlenden Universitäts-Kollektivvertrags ist die Bezahlung sehr schlecht. Wir können daher mit den Anfangsgehältern in den Kassenambulatorien nicht mithalten. Hinzu kommt das Fehlen eines durchgängigen Karrieremodells. Hauptgrund für junge Zahnärzte und -ärztinnen, zu uns an die Klinik zu kommen, ist, dass sie bei wissenschaftlichen Neuigkeiten direkt dabei sein und fachlich dazulernen können.
Was die fachliche Ebene betrifft, so ist festzuhalten, dass die Erwartungen, die man vor sieben oder acht Jahren an die Keimbestimmung oder die Risikotests gehabt hat, sich in der Praxis nicht erfüllt haben. Die Bedeutung für die praktische Tätigkeit wurde damals sicher überschätzt, und wir wurden hier auf den Boden der Realität zurückgeholt. Allerdings sind beide Themen nach wie vor von hohem akademischen Interesse.

Was sind die aktuellen Forschungsschwerpunkte Ihrer Abteilung?

MATEJKA: Hier sind vor allem die parodontale Regeneration, Entzündungsgeschehen und -mediatoren bei Parodontitis, Okklusion und Parodontitis, Knochenwachstum sowie der Einfluss von Implantatoberflächen auf Osteoblasten und Endothelzellen zu nennen.

Welche speziellen Beiträge Ihrer Abteilung wird es auf der Jahrestagung der ÖGP Ende April in St. Wolfgang geben?

MATJEKA: St. Wolfgang ist zweifellos eine sehr gut eingeführte Fortbildungsveranstaltung, beinahe schon ein „Event". Daher freut es mich umso mehr, dass wir heuer einen Großteil der Live-Operationen bestreiten werden.

Wann wird es die ersten „Parodontologie-Master" geben?

MATEJKA: Wir bieten den „Paromaster" , eine zweijährige Ausbildung zum Parodontologie-Spezialisten, seit rund einem Jahr an. Die ersten Absolventen werden daher im März 2010 - nach einer kommissionellen Prüfung - ihren Master-Titel erhalten und von der Österreichischen Gesellschaft für Parodontologie als Spezialisten anerkannt werden.

Wie sieht der aktuelle Stand hinsichtlich des Zass-und Pass-Gesetzes, also des Bundesgesetzes für zahnärztliche Assistenzberufe aus?

MATEJKA: Das zahnärztliche Assistenzberufe-Gesetz wurde vor Weihnachten zur Begutachtung ausgeschickt. Da es ja zu einem Ministerwechsel kam, ist aus meiner Sicht ein wenig offen, wie es weitergeht. Auf jeden Fall sollte in Österreich nach mehr als 30 Jahren endlich ein Gesetz, das sich auf Helferinnen und Prophylaxeassistentinnen bezieht, erlassen werden, damit wir nicht noch weiter hinter neue EU-Länder wie Slowenien (das hier eine moderne Gesetzgebung hat) oder sogar Dritte-Welt-Länder zurückfallen. Ich halte den Entwurf für durchaus brauchbar. Anschließend ist aber auch eine gesetzliche Regelung für Dentalhygienikerinnen und -hygieniker notwendig. Schließlich ist davon auszugehen, dass man in Österreich ungefähr eine Dentalhygienikerin auf 40.000 bis 60.000 Einwohner braucht. Die Ausbildungskriterien müssen genau definiert werden, und es muss klargestellt werden, wie die Ausbildung zu implementieren ist. Ich denke hier an eine duale Form der Ausbildung, das heißt, es sollte eine Schiene für Personen mit Matura geben, muss aber auch möglich sein, dass eine Mundhygieneassistentin die Ausbildung zur Dentalhygienikerin absolvieren kann. Die Frage, ob es eine eigene Schule für Dentalhygiene geben soll, eine Fachhochschule oder eine Bakkalaureatsausbildung, halte ich für zweitrangig; wichtig ist, dass etwas geschieht. Allerdings ist die Finanzierung noch offen.

Hat sich nach Ihrer Erfahrung das Bewusstein für die Bedeutung von Prophylaxe und parodontaler Gesundheit in der Bevölkerung verändert?

MATEJKA: Hier ist es sicherlich zu einer wesentlichen Änderung gekommen, das öffentliche Bewusstein dafür hat deutlich zugenommen. Ich denke, dass die Prophylaxearbeit bei Kindern und Jugendlichen gegriffen hat. Man sieht auch bei den Studien des ÖBIG aus den letzten Jahren, dass es zu wesentliche Verbesserungen bei der Mundgesundheit gekommen ist. Es scheint, dass die Patienten den Bedarf an Prophylaxe erkannt haben, und ich hoffe, sie artikulieren diesen Bedarf auch, sodass die Politik aufgrund des Wunsches der „Basis" gezwungen ist, zu reagieren und Geld für Prophylaxeleistungen in die Hand zu nehmen.

Gibt es noch einen Punkt, der Ihnen am Herzen liegt, aber bisher nicht erwähnt wurde?

MATEJKA: Ja, ich möchte erwähnen, dass der Alumniklub an der Medizinischen Universität Wien (www.alumni-meduniwien.at) mittlerweile auch eine eigene Sektion für Zahnmedizin besitzt. Dadurch soll eine engere Verbindung zwischen den Absolventen und der Heimuniversität erreicht werden, im Sinne eines „Give and Take". Einerseits sollen die Erfahrungen, die Jungabsolventen im Studium gemacht haben, zu Verbesserungen im Curriculum führen, andererseits möchte der Alumniklub den Zahnärzten helfen, am Puls der Zeit zu bleiben und ihnen auch das gesellschaftliche Networking erleichtern.

Herzlichen Dank für das Interview!

Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner.

Univ.-Prof. DDr. Michael Matejka