Behandlungseinheiten: Bestens bedient und behandelt

Der Stuhl, auf den es ankommt: Moderne Behandlungseinheiten sind Alleskönner. Doch nicht dem Patienten wird geschmeichelt, sondern in erster Linie dem Arzt.

Die Behandlungseinheit ist das zentrale Element einer zahnärztlichen Praxis. Schon lange bevor ein Zahnarzt weiß, wo er sich niederlassen wird, macht er sich Gedanken darüber, welche Behandlungseinheiten er einmal anschaffen wird. Oft hängt es davon ab, wo er studiert hat, welche positiven oder negativen Erfahrungen er gemacht hat, denn so bekommt er schon sehr früh ein subjektives Gefühl dafür, welches Produkt für ihn in die engere Wahl kommt.

Modell XO4 von XO Care.

Die Behandlungseinheit hat sehr wesentliche Aufgaben, zum Beispiel, dass der Patient möglichst bequem gelagert sein soll. Das ist ein Aspekt, der in jedem Fall zu berücksichtigen ist, aber in seiner Priorität erst weiter hinten gereiht wird. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Ergonomie für den Zahnarzt und seine Assistenz, da sie bis zu zehn Stunden am Behandlungssystem arbeiten, während sich der durchschnittliche Patient nur eine dreiviertel Stunde dort aufhält. Somit ist der ergonomische Aspekt der wichtigste Punkt, gefolgt von jenem des ungehinderten Arbeitsflusses. Diese beiden Themen gehen Hand in Hand. Für den Arbeitsfluss ist es besonders wichtig, so viele Arbeitssysteme wie möglich im Treatment-Center vereint zu haben. Die Integration vieler Funktionen, die heute „State of the Art" sind, ermöglicht den optimalen Workflow mit wenigen zusätzlichen Bewegungen und wenigen Arbeitsunterbrechungen.  

Anthos A7 plus Continental
Damals und heute
Behandlungseinheiten haben sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Bis Mitte der 1970er-Jahre war ein relativ aufrechtes Sitzen in einem gepolsterten Sessel gang und gäbe, bei dem der Zahnarzt sehr viel über seinen eigenen Bewegungsapparat ausgeglichen hat. Meist gelang nur mit sehr stark verkrümmter Haltung eine optimale Sicht in den Patientenmund. Das Verhältnis der Proportionen darf nicht übersehen werden: Der Patient ist relativ groß, das Arbeitsfeld ist im Vergleich dazu sehr klein, dort spielt sich aber alles ab: Besichtigung, Diagnose, Arbeiten mit rotierenden Instrumenten und Handinstrumenten. Alles muss dabei optimal ausbalanciert sein. Aufgrund der wachsenden Problematik, etwa Wirbelsäulenverformungen der Zahnärzte, wurde das Arbeiten in Richtung liegender Lagerung des Patienten verändert, wodurch die Bedeutung der Haltung der Zahnärzte viel weiter ins Bewusstsein gerückt wurde.
Modell Teneo von Sirona
Eine Position des Arztes wurde angestrebt, in der dieser relativ aufrecht sitzen kann und das Teamwork mit der Assistenz perfekt funktioniert. Auch an den Universitäten wurden viele Lehrmeinungen weitergegeben, etwa dass man für die Behandlung im Unterkieferbereich den Patienten relativ aufrecht lagert. Dadurch kommt es immer wieder zu starken Kollisionen, weil die Grundkonzeption des Behandlungsgerätes mit der Arbeitsweise nicht zusammen stimmt. Diese Kollisionen liegen vor allem im Fußbereich, während auch weiterhin der Wirbelsäulenbereich problematisch ist, weil Behandler nach wie vor Patienten in Relation zur Arbeitshaltung falsch positionieren.
Modell Estetica E 80 von Cavo

Mitte der 1970er-Jahre fand also eine Ergonomie-Revolution statt. Es wurden damals einige neue Ansätze entwickelt, die das moderne Arbeiten entweder allein oder mit Assistenz vorsahen. Zielsetzung heute ist es, mit geringen Wegen und Kreuzungspunkten im Team arbeiten zu können. Das Zuarbeiten von frischen Instrumenten und Materialien und der Abfluss der Produkte müssen funktionieren. Für diesen Punkt ist die Behandlungseinheit die wesentliche, zentrale Komponente. Wenn man eine Praxis, Teamwork und Abläufe plant, muss man bei der Behandlungseinheit beginnen. Essenzielle Faktoren, die das Konzept maßgeblich beeinflussen, sind, ob man allein behandeln möchte oder nicht, ob man viel Chirurgie oder Kieferorthopädie ausübt etc. Diese dienen dazu, herauszufinden, wie der Zahnarzt arbeiten möchte.

In Österreich gibt es überwiegend zwei Basiskonzepte, die nach Wünschen entsprechend adaptiert werden. Sie ermöglichen die verschiedensten Behandlungspositionen von neun Uhr bis zwei Uhr. Die Positionen können individuell nach Zahnarzt ausgewählt und eingestellt werden. Arbeitet man zum Beispiel viel auf Zwölf-Uhr-Position, sodass man Ober- und Unterkiefer direkt vor sich hat und der Patient zur Decke blickt, braucht man dazu abgestimmt ein Linksgerätesystem, bei dem man sich die Instrumentierung von vorne greift. Dabei ergibt sich ein Blickfeld von 120° mit relativ wenig Blickwinkel. Der Behandler wird von der Seite her von der Assistenz mit Instrumentarium und Materialien unterstützt. Die großen Vorteile sind wenige Blickwechsel, und dass die Wirbelsäule relativ wenige Bewegungen ausführen muss. Dies wäre eine optimale Ausgangssituation.

Das Rundherum
Die perfekt geplante Praxis beinhaltet nur drei Komponenten: Gute Beleuchtung, das optimal abgestimmte Behandlungseinheitensystem und den entsprechenden Verbau dazu, um Tätigkeiten, die im Ordinationsraum durchzuführen sind, perfekt abzudecken. In der unmittelbaren Peripherie ist es je nach Behandlungsmethode wichtig, dass, wenn man zum Beispiel nicht mit Drehsystemen arbeitet, wo die Instrumentierung auf die jeweilige Indikation vorbereitet ist, sich die Möglichkeit ergibt, sich der Instrumente und Materialien aus Greif- und Reichweite ohne Aufstehen bedienen zu können. Streng zu betrachten ist das Ganze auch unter dem Gesichtspunkt der Hygiene hinsichtlich der Materialien und Kontaminationswege. Die Oberflächen sind ein wesentliches Kriterium. Die Hersteller bieten hochwertige Materialien an, vom hochwertigen Kunststoff bis zu oberflächenbeschichteten oder lackierten Metallen. Das Wichtigste ist bei allen die Desinfektionsmittelbeständigkeit. Alle Materialien - ob harte oder weiche Sitzauflagen - müssen den Hygieneansprüchen entsprechen. Das bedeutet keine Verfärbungen, keine Materialunverträglichkeiten, Kunststoffauflösungen oder Lackabsplitterungen. Sie sollen so wenig wie möglich verwinkelt sein, damit sie wenig Schmutzkanten haben und auch für das Bedienpersonal die Möglichkeit schaffen, die Geräte hygienisch und optisch rein halten zu können.

Bestand früher die Behandlungseinheit aus einem Patientenstuhl und einer rotierenden Welle, in die ein Bohrer, ein Fräser oder ein Diamant eingespannt wurden, so ist sie heute ein komplettes System für optimale Patientenpositionierung, mit Vorrichtungen für die Erstbefundung, um sich parallel zum Röntgenbild eine Übersicht zu schaffen, ausgestattet mit einer intraoralen Kamera. All das ist heute Stand der Technik, um dem Patienten ohne viel zu reden visuell darstellen zu können, welche Ausgangssituation vorherrscht. Mit dem integrierten Monitor am Behandlungsstuhl kann man sehr schnell auf die Zielrichtung hinkommen und damit die Befundung bildlich untermalen. Diese kann man abspeichern und so im Fall des Falles beweisen, was gemacht wurde. Weiters gibt es eingebaute Turbinensysteme, wo Schnelllauf-Winkelstücke bis zu 200.000 Umdrehungen laufen können. In den letzten Jahren kommen auch immer mehr Systeme dazu, die drehmomentüberwacht sind. Die Drehzahleinstellung ist bereits eine Selbstverständlichkeit, auf die man zurückgreifen kann. Die Drehmomentüberwachung dient dazu, maschinelle Aufbereitung im Endobereich durchführen zu können, ohne dass ein Zusatzgerät gebraucht wird. Damit erfolgt eine automatische Umstellung auf Linkslauf, und man kann die Arbeit ohne Unterbrechung beenden. Bei manchen Herstellern sind auch schon voll sterilisierbare Chirurgiemotoren mit dabei, die Aufzeichnungen direkt ins Laufwerk einspeisen. Auch begleitende Patientenkommunikation ist möglich, was bedeutet, dass man nicht an die Tastatur zum PC zurück muss, sondern sogar eine Powerpoint-Präsentation direkt vor Ort durchführen kann. Der Patient ist im absoluten Fokus, der Arzt muss sich nicht abwenden, kann im Dialog bleiben und hat den optimalen Workflow. Die Präsentationen können am Systemmonitor gestartet werden.

In Zukunft wird es Systeme geben - der Zeitpunkt ist allerdings noch nicht definierbar - bei denen ein Diodenleser sowie Ultraschall und Paro-Systeme eingebaut sind, sodass die Assistenz ebenfalls weniger Wege haben wird. Da das Gerät alles umfasst, braucht man keine Zusatzgeräte, kommt ohne Vielzahl von Fußpedalen aus und kann sich somit ohne Ablenkung besser auf die Arbeit und auf den Patienten konzentrieren. Mit einem etwas höheren Geräte- und Ressourcenaufwand aus finanzieller Sicht erzielt man einen wesentlich besseren Durchsatz und Workflow, weil in weiterer Folge auch Dokumentationen automatisiert ablaufen und sich besser nachverfolgen lassen.

DI Barbara Jahn

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