EuGH-Urteil erklärt Bedarfsprüfungen für rechtswidrig

Lange hat der „Löwe" gekämpft, jetzt bekam er Recht. Schon vor fast 10 Jahren wollte Robert Hartlauer in Wien ein Ambulatorium für Zahnheilkunde im 21. Wiener Gemeindebezirk errichten, sein Ansinnen wurde jedoch von der Wiener Landesregierung am im August 2001 mit der Begründung abgelehnt, dass kein Bedarf bestünde. Auch die Oberösterreichische Landesregierung sah die Sache ähnlich, für ein zu errichtendes Hartlauer-Ambulatorium in Wels wäre ebenfalls kein Bedarf gegeben und wurde daher im September 2006 abgelehnt. Gegen beide Bescheide legte Robert Hartlauer beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde ein, das Urteil, das am 10.3.2009 gefällt wurde, gibt ihm Recht.

Die Bedarfsprüfung hätte in seinem Fall nicht angewandt werden dürfen, da sie nur bei Krankenanstalten, nicht aber bei Gruppenpraxen angewendet werde, und daher gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße. Erschwerend kam hinzu, dass die Bedarfsprüfungen von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt werden. Während in Wien dazu die Zahl der Patienten pro Zahnarzt im Versorgungsgebiet entscheidend ist, wobei dabei weder eine Obergrenze festgelegt ist noch bekannt gegeben wird, so ist in Oberösterreich allein die Länge der Wartezeit für einen Zahnarzttermin entscheidend. Und eben diese wird einzig und allein durch Befragung der im fraglichen Gebiet praktizierenden Zahnärzte ermittelt. „Eine solche Methode ist geeignet, die Objektivität und Unparteilichkeit der Behandlung des betreffenden Bewilligungsantrags zu beeinträchtigen," so das Urteil, das schließlich zum Schluß kommt: „Nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde eine Bewilligung erforderlich ist und diese Bewilligung, wenn angesichts des bereits bestehenden Versorgungsangebots durch Kassenvertragsärzte kein die Errichtung einer solchen Anstalt rechtfertigender Bedarf besteht, zu versagen ist, steht Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG entgegen, sofern sie nicht auch Gruppenpraxen einem solchen System unterwerfen und sofern sie nicht auf einer Bedingung beruhen, die geeignet ist, der Ausübung des Ermessens durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen zu setzen."

Die Auswirkungen des Urteils auf die österreichische Bedarfsprüfung werden sich noch weisen. Experten meinen, dass entweder die Bedarfsprüfung nun gänzlich aufgehoben wird, oder es aber eine einheitliche Vorgangsweise für Ambulatorien und Gruppenpraxen geben wird. Letzteres ist sicher wahrscheinlicher, denn ein völliger Wegfall der Bedarfsprüfung würde allen mehr oder weniger obskuren Diskontern die Türen öffnen, und das ist wohl kaum im Sinne der Ärzteschaft.
Hartlauer selbst ist aber zwar über das Urteil erfreut, hat aber den Bereich Zahnmedizin für sein Unternehmen schon abgehakt. Er will sich auf seine Kerngeschäfte konzentrieren, meint sein Prokurist Hannes Weinzierl. Mitentscheidend dabei ist sicherlich, dass es noch Jahre dauern könnte, bis alle Bescheide aufgehoben sind und er wirklich mit den Ambulatorien starten könnte, andererseits aber sicherlich die Tatsache, dass Robert Hartlauer gut rechnen kann. Die Zahnmedizin ist längst nicht so lukrativ, dass sich dieser Einsatz lohnen würde.