Neues aus der Medizin

Hormonersatztherapie lässt das Hirn schrumpfen

Zwei aktuelle Studien weisen auf weitere Nachteile der Hormonbehandlung nach der Menopause hin

Bereits etliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die 40 Jahre lang als Super-Anti-Aging und Allheilmittel gegen Wechseljahrsbeschwerden gepriesene Hormonersatztherapie nicht gefahrlos ist: So werden beispielsweise erhöhte Brustkrebsraten damit in Zusammenhang gebracht. Nun ergaben zwei Mitte Jänner im Fachblatt „Neurology" veröffentlichte Studien mit insgesamt 1.400 Teilnehmerinnen, dass die Hormontherapie bei Frauen über 65 Jahre den Verlust von Gehirngewebe - der an sich einen normalen Alterungsprozess darstellt - beschleunigen kann.

Schon in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Gabe von konjugierten Östrogenen mit oder ohne Gestagene bei älteren Frauen das Risiko kognitiver Defizite, Gedächtnisschwierigkeiten und Demenz anwachsen lässt. Da die Medikamente bekanntlich auch die Schlaganfallhäufigkeit erhöhen, wurde angenommen, dass Frauen während der Therapie öfter so genannte stille Infarkte erleiden, in deren Folge es zu lokalem Gehirngewebsverlust kommen kann. Forscher der US-amerikanischen Wake Forest University und des National Institute of Aging haben nun herausgefunden, dass es bei den betroffenen Frauen jedoch nicht so sehr zu einzelnen Läsionen kommt, sondern dass bei ihnen vielmehr der gesamte für Gedächtnisleistungen zuständige Gehirnregion - Frontallappen und Hippocampus - kleiner ist als bei Vergleichspersonen, die keine Hormonersatztherapie erhalten haben. Dieser Effekt ist am meisten ausgeprägt bei Frauen, die bereits vor Beginn der Therapie über Vergesslichkeit klagten. Die Forscher schließen daraus, dass die Hormonbehandlung einen bereits begonnen neurodegenerativen Prozess beschleunigen kann. Ob die Hormonersatztherapie dergleichen Auswirkungen auf das Gehirn auch bei Frauen unter 65 Jahren hat, soll in weiteren Untersuchungen geklärt werden.

Derzeit wird die Therapie nur dann empfohlen, wenn Frauen wegen Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen oder Schlafstörungen tatsächlich einem starken Leidensdruck ausgesetzt sind. Die Behandlung sollte in der geringst möglichen Dosis und so kurz wie nötig erfolgen. Frauen über 65 sollten keine Hormontherapie erhalten, da die Risiken die Vorteile überwiegen.

Trotz Schrittmacher in die Röhre

An der Grazer MedUni wurde erstmals ein MR-tauglicher Herzschrittmacher implantiert

Ziemlich genau 50 Jahre ist es her, dass in Stockholm der erste Patient einen Herzschrittmacher implantiert bekam. Mittlerweile ist die damals sensationelle Operation Routine, die modernen Nachfolger der einst recht voluminösen Gerätschaften sorgen derzeit bei rund 50.000 Menschen für einen regelmäßigen Herzschlag. Mit einem gravierenden Nachteil: Elektronik und Elektroden der Impulsgeber sind empfindlich gegen stärkere elektromagnetische Felder. Deshalb sollten Patienten mit solchen Implantaten sicherheitshalber Haartrockner, Rasierapparate oder Bohrmaschinen 20 Zentimeter vom Körper entfernt halten. Sicherheitsschleusen auf Flughäfen oder auch Magnetresonanz-Tomografen sind für Träger von Herzschrittmachern bis dato tabu.

An der Grazer MedUni wurde vor kurzem einem Patienten ein Schrittmacher eingesetzt, dem selbst die starken wechselnden Magnetfelder in Magnetresonanz-Tomografen nichts anhaben können. „Damit schließen wir eine wichtige Lücke bei den Diagnosemöglichkeiten für unsere Herzpatienten", erklärt der Vorstand der Universitätsklinik für Chirurgie, Prof. Dr. Karlheinz Tscheliessnigg. Denn gerade bei Herzpatienten können MR-Untersuchungen wegen ihrer mehrschichtigen Darstellung aufschlussreich sein.

Deutliches Zeichen

Menschen mit Hautkrebs erkranken häufiger an anderen Karzinomarten

Forscher der Queen's University in Belfast haben anhand des nordirländischen Krebsregisters festgestellt, dass Menschen, die an einem Hautkrebs erkranken, auch öfter als die hautkrebsfreie Bevölkerung eine andere Krebsart entwickeln. Die Daten wurden unlängst im „British Journal of Cancer" veröffentlicht. An die 21.000 Hautkrebspatienten verzeichnet das Krebsregister Nordirlands in der Zeit von 1993 bis 2002. Darin zeigt sich, dass das Risiko einer weiteren Krebserkrankung bei Melanompatienten verdoppelt ist, bei Menschen mit Basaliom um neun Prozent und bei Patienten mit Spinaliom um 57 Prozent erhöht ist. Risikofaktoren wie Übergewicht, Alkohol, Rauchen und vor allem UV-Strahlen werden für die erhöhte Gefahr verantwortlich gemacht.

Klebt und hält

Forscher der Universität Wien wollen Salamander-Sekrete für die Medizin nutzbar machen

Für manche Salamanderarten ist die Taktik überlebensnotwendig: Sie sondern ein Hautsekret aus, mit dem sie ihren Feinden das Maul zukleben, um nicht selbst gefressen zu werden. Was so fest hält, das kann auch für medizinische Zwecke einsetzbar sein, meint eine Gruppe von Jungforschern um den Biologen Janek von Byern an der Universität Wien. Sie untersuchen derzeit gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung in Bremen die chemische Zusammensetzung des Bio-Uhu. Als Anwendungsgebiete haben die Wissenschaftler unter anderem dentale Implantate im Sinn.

Gefährliche Antipsychotika

Bei Menschen mit Alzheimer verdoppelt sich die Sterblichkeitsrate unter der Therapie mit Antipsychotika innerhalb von drei Jahren

Anfang Jänner veröffentlichte „Lancet Neurology" eine Studie des Londoner King's College, der zufolge die Gabe von Antipsychotika das Sterberisiko von Alzheimerpatienten innerhalb von drei Jahren verdoppelt. 165 Patienten nahmen an der Studie teil.

Viele Menschen mit Alzheimer-Demenz neigen zu Agitiertheit und aggressivem Verhalten, das mit Antipsychotika gut beherrschbar ist. Schon in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Therapie aber auch mit unerwünschten Nebenwirkungen wie Ödemen oder erhöhter Schlaganfallhäufigkeit verbunden ist. Die Daten bezogen sich allerdings bisher nur auf einen Beobachtungszeitraum von 12 Monaten. In der Untersuchung des King's College stellte sich nun heraus, dass die Überlebensrate der mit Antipsychotika therapierten Alzheimer-Patienten im Vergleich mit Patienten, die Placebo bekamen, mit den Jahren abnahm. Lag sie nach einem Jahr bei 70 Prozent (unter Placebo: 77 Prozent), so wurde der Unterschied nach zwei Jahren größer (46 zu 71 Prozent) und lag nach drei Jahren bereits bei 30 zu 59 Prozent. Die Studienautoren empfehlen aufgrund dieser Erkenntnisse den Kollegen „antipsychotische Medikation durch sicherere Behandlungsmöglichkeiten zu ersetzen".

Elisabeth Tschachler