Praxisabfall als Kostenfalle

Von Behördenvertretern wird bisweilen beklagt, dass sich Zahnarztpraxen zu wenig oder falsch über die Anforderungen bei der Abfallentsorgung informiert zeigen. Mitschuld daran ist die Desinformation durch verschiedene Abfallsammler und -behandler.
Grundsätzlich ist laut ÖNORM S 2104 (Abfälle aus dem medizinischen Bereich) zwischen sog. ungefährlichem und gefährlichem Abfall zu unterscheiden. Motivation für diesen Artikel waren die Praktiken jener Abfallsammler und -behandler, die sich um Praxisabfälle kümmern, die - wie es in der Norm heißt - eine Gefahr darstellen. Dabei handelt es sich überwiegend um Amalgam-Abfälle und gebrauchte Röntgen-Chemikalien. Darüber hinaus führt die Norm noch weitere gefährliche Abfälle an, so z.B. die mit gefährlichen Erregern behafteten Abfälle unter der Schlüsselnummer (SN) 97101 gn.

Gemeint sind damit Abfälle, die von Patienten mit Cholera, Lepra, Milzbrand, Pest usw. stammen. Da Zahnarztpraxen solche Abfälle in der Regel nicht „produzieren", scheidet die teure Sammlung und Entsorgung dieses (begleitscheinpflichtigen) Abfalls in einer sog. „schwarzen Tonne" eigentlich aus. Abfälle aus der Zahnbehandlung von Patienten mit HBV, HCV und HIV fallen ebenfalls nicht unter diese Schlüsselnummer.

Weiters stellt die Norm eindeutig klar, dass Abfälle ohne Verletzungsgefahr (SN 97104) wie z.B. Einmalartikel (Mulltupfer, Handschuhe, Einmalspritzen ohne Kanüle, etc.), auch wenn diese blutig sind, nicht wie gefährlicher Abfall entsorgt werden müssen.

Besucht man nun die Websites von Entsorgungsfirmen, so findet sich etwa auf der Seite der Firma Saubermacher (www.saubermacher.at) der apodiktische Satz: „Medizinische Abfälle sind gefährlich." Saubermacher bietet ein Entsorgungs-„Zahnärztepaket" mit stichfesten, flüssigkeitsdichten 30- oder 60-Liter-Behältern an , damit „infektiöser Abfall nicht in den Restmüll gelangt". In Zahnarztpraxen fällt aber im Regelfall kein infektiöser Abfall mit der Schlüsselnummer SN 97101 gn an. Daher werden die angeführten Behälter nicht benötigt.

Weiters heißt es bei „Saubermacher" in Bezug auf die „stichfesten, flüssigkeitsdichten 30- oder 60-Liter-Behälter": „Die ordnungsgemäße Übernahme bekommen Sie von uns mittels Begleitschein bestätigt." Abgesehen davon, dass solche Behälter im Normalfall nicht notwendig sind, stellt sich die Frage, warum ein Begleitschein ausgestellt werden sollte. Eventuell soll hier suggeriert werden, dass Abfälle mit Verletzungsgefahr eines Begleitscheins bedürfen. Dies ist aber nicht richtig.

Das „Dental Eco Service" wiederum (Metasys Group) bietet auf seiner Website (www.metasys.com) eine „Gesamt-Praxisentsorgung aller anfallenden gefährlichen Abfälle" an. Die „Gesamtentsorgung" umfasst auch „infektiöse Abfälle (medizinischer Abfall)". Diesem Abfall wird von der Firma im Kapitel über die rechtlichen Grundlagen der Abfallcode 180103* (genau genommen müsste es EAV-Code 18 01 03* heißen) zugeordnet, der in Österreich nicht angewendet werden kann (nur in Deutschland) und der bei unseren Nachbarn für „Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden" steht. Gemeint sind damit Abfälle, die mit gefährlichen Erregern wie denjenigen von Cholera, Lepra, Pest, Tollwut oder Creutzfeld-Jakob-Krankheit behaftet sind (in Österreich SN 97101 gn). Solche Abfälle sind - wie erwähnt - in einer Zahnarztpraxis wohl nur extrem selten zu finden. Was die Firma - um mehr als 4 Euro pro Kilogramm exkl. MwSt. für „infektiösen und medizinischen Abfall" - tatsächlich entsorgen möchte, kann nur vermutet werden (blutige Tupfer, Handschuhe, etc.?).

Sollte tatsächlich einmal infektiöser Abfall anfallen, muss er in Österreich bekanntlich in der sog. schwarzen Tonne entsorgt werden. Dental Eco Service bietet hingegen die Entsorgung infektiösen Abfalls in Dosen an (1 Liter, 1,6 Liter, 2 Liter oder 5 Liter).

Insgesamt handelt es sich hier wohl um eine ärgerliche Mischung aus Desinformation und Geschäftemacherei. Zu hoffen ist, dass Zahnärzte nicht darauf hereinfallen!

Dr. Peter Wallner