Die Aggressivität und die schlechte Prognose des oralen Schleimhautmelanoms erfordern eine exakte Abklärung der Dignität sämtlicher ähnlich imponierender Läsionen.
Viele dunkle Verfärbungen der oralen Mukosa werden durch die Vermehrung von pigmentproduzierenden Melanozyten oder durch eine intensivierte Synthese und Freisetzung des Farbstoffs Melanin hervorgerufen. Allerdings können auch andere, exo- oder endogen eingebrachter Pigmente derartige, primär oft nicht sicher einzuordnende Veränderungen hervorrufen.
Gerinnungsstörungen können mukosale Einblutungen verursachen
Abbauprodukte von Erythrozyten und Haemoglobin können in der Mundschleimhaut rostbraune bis zu grünlich schwarze Verfärbungen hervorrufen. Häufig findet man nach Mikrotraumen besonders in vulnerabler atrophischer Mukosa Ablagerungen von Haemosiderin. Aber auch petechiale Blutungen aus feinen Kapillargefäßen imponieren als braune bis grünlich-schwarze (Biliverdin) punktförmige Läsionen. Ursache derartiger Mikroblutungen sind vor allem Störungen der Blutgerinnung wie Thrombozytopenie oder Entzündungen der Gefäßwände. Bei Verdacht auf Petechien sollte in jedem Fall eine Medikamentenanamnese erfolgen. Überdosierung von Antikoagulanzien aus der Gruppe der Cumarine, wie Phenoprocoumarin oder Warfarin, aber auch Antibiotika wie Sulfonamide, Penicilline und Nitrofurantoin, sowie das Antiepileptikum Carbamazepin kommen als Ursachen in Frage. Da beim Abbau von Haemoglobin Eisen freigesetzt wird, kann dieses in einer Biopsie mittels Berlinerblau nachgewiesen und so gegen melanozytäre Läsionen abgegrenzt werden. Auch im Rahmen von infektiösen Erkrankungen wie einer Streptokokkenangina oder dem Pfeiffer´schen Drüsenfieber treten manchmal Petechien auf der oralen Mukosa auf. Histologisch findet man in diesen Fällen die Ablagerungen in Form von Granula an den Gefäßwänden oder in mesenchymalen Zellen als Kerneinschlusskörperchen.
Pigmentierte bakterielle Abbauprodukte am Gingivasaum
Ein besonders bei Kindern und Jugendlichen auftretendes Phänomen ist die Melanodontie. Dabei handelt es sich um schwarzbraune girlandenförmige Verfärbungen am Gingivasaum. Sie werden durch chromogene Bakterien ausgelöst. Auf Grund von Verschiebungen im oralen Mikrobiom kommt es zu einer inadäquaten Vermehrung von Actinomyces und Prevotella melaninogenica. Durch Reaktionen der bakteriellen Stoffwechselprodukte mit Bestandteilen des Speichels entstehen am Zahnfleischrand bukkal und palatinal braunschwarze bis grünliche Ablagerungen von Eisen(III)sulfat. Die Verfärbungen haben keinen Krankheitswert und können mittels professioneller Mundhygiene und Gaben von Lactoferrin relativ leicht entfernt werden. Eine weitere an sich harmlose aber kosmetisch störende farbliche Veränderung ist die nach Langzeitgaben von Antibiotika auftretende Lingua villosa nigra. Die gelbbraune bis schwarze Farbe der Zunge entsteht durch gesteigerte Verhornung und eine Keratinisierungsstörung mit verzögerter Epitheldesquamation der filiformen Papillen, welche dann Längen bis zu 20mm erreichen. Es bedarf wegen der Eindeutigkeit der Diagnose keiner pathohistologischen Abklärung, eine Abtragung der Läsion mittels Spatel ist möglich. Exogen eingebrachte Schwermetalle wie Blei, Silber, Kupfer, Wismut, Arsen und Quecksilber verursachen grauschwarze Pigmentierung. Besonders die Amalgamtätowierung kann aber differenzialdiagnostisch Probleme bereiten. Sie entsteht als Argyrose bei Entfernung alter Füllungen oder der Extraktion amalgamgefüllter Zähne. Auch beim Polieren von Amalgamfüllungen kann das Aerosol die Schleimhaut imprägnieren. Die feinen Partikel geraten in die Gingiva oder in die Mukosa des Alveolarkamms und können dort eine melanozytäre Läsion vortäuschen. Wenn kein eindeutiger Zusammenhang mit vorangegangenen oder noch bestehenden Füllungen nachweisbar ist, muss eine Gewebeentnahme mit nachfolgender histologischer Untersuchung erfolgen. Im Fall der Amalgamtätowierung findet man Metallpartikel in den ortsständigen Makrophagen.
Benigne und maligne Gefäßtumoren auf der Mundschleimhaut
Auch von Blutgefäßen ausgehende Tumore können in umschriebenen Abschnitten Verfärbungen der Mundschleimhaut und der Gingiva verursachen. Durch vermehrte Blutfülle imponieren die benignen Haemangiome als teils flache, teils vorgewölbte blaurote bis braunrote Strukturen und werden deshalb auch als vaskuläre Naevi bezeichnet. Histologisch zeigen sie unterschiedlich große, ektatisch dilatierte, von Endothel ausgekleidete Hohlräume. Das angeborene kavernöse Haemangiom hat eine genetische Komponente und kann entweder isoliert oder im Rahmen von Syndromen, wie Sturge Weber auftreten. Bei letzterem handelt es sich um eine schwere Systemerkrankung mit Angiomatose im Bereich des Trigeminus und der Leptomeningen. Im Gegensatz dazu sind erworbene Haemangiome lokalisierte Gefäßerweiterungen mit erhöhter Vulnerabilität, welche zu Blutextravasaten in das umgebende Gewebe führt. Weit problematischer sind bösartige Varianten von Gefäßtumoren wie Angiosarkome und das Kaposisarkom. Letzteres gilt als Markerkäsion bei HIV/AIDS, ist aber auch mit anderen Formen von Immunschwäche assoziiert. Es wird durch das humane Herpesvirus 8 (HHV8) ausgelöst und kann sowohl die Haut als auch die orale Schleimhaut betreffen. Im Mund findet man es bevorzugt bilateral am weichen Gaumen entlang des Blutgefäßverlaufs, an der Gingiva und am dorsalen Zungenrücken. Die livid bis rotvioletten und blaubraunen Läsionen imponieren zunächst fleckförmig später exophytisch ulzeriert. Der Tumor zeigt eine lymphoplasmazelluläre Entzündungsreaktion und metastasiert in die regionären Lymphknoten. Die Vielfalt sowie die unterschiedliche Genese und Dignität oraler pigmentierter Läsionen sowie ihre oft primär nicht eindeutige Zuordenbarkeit erfordern eine sorgfältige Differenzialdiagnose und eine daraus resultierende spezifische Therapie.
DDr. CHRISTA EDER FA für Pathologie und Mikrobiologin eder.gasometer@chello.at
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