Wiener Radiologie - Neuer Fachbereichsleiter an der Wiener Universitätszahnklinik

Seit Anfang Oktober letzten Jahres ist Prof. Dr. Stefan Nemec neuer Leiter des Fachbereichs Radiologie an der Universitätszahnklinik Wien. Aus diesem Anlass führte ZMT mit ihm das folgende Interview.

Wie war denn Ihr beruflicher Werdegang bis jetzt?

NEMEC:
Ich habe in Wien Medizin studiert und dann 2003 begonnen, im Wiener AKH auf der Univ. Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin zu arbeiten. Schwerpunkte waren HNO und Kieferchirurgie (speziell im Zusammenhang mit onkologischen Erkrankungen), und ich war ein Bereichsleiter für die Kopf Hals-Radiologie (exklusive Gehirn). An der Zahnklinik bin ich nun auch Strahlenschutzbeauftragter und Blockkoordinator für den Radiologie-Block im Zahnmedizinstudium.

Welche Entwicklungen hat es in Ihrem Bereich in den letzten 10 bis 15 Jahren gegeben?

NEMEC: Bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich spielen heute PET-CT und PET-MRT eine wichtige Rolle. Die Anzahl der MRT-Untersuchungen hat deutlich zugenommen. Im Dentalbereich hat die Anzahl der Cone-Beam-CT-Geräte und der Untersuchungen explosionsartig zugenommen. Die Strahlenbelastung einer Untersuchung hat dabei stetig abgenommen. Das neuestens klinisch eingesetzte Photon Counting-CT führt zu einer weiteren Abnahme der Strahlenbelastung bei steigender Auflösung. Auch bei den Zahnärztinnen und Zahnärzten wächst die Expertise hinsichtlich Cone-Beam-CT stetig deutlich an. Weiters spielt es eine große Rolle in der studentischen Lehre und bei Kongressen. Es hat sich beim Cone-Beam-CT zunehmend eine Sub-Spezialisierung herauskristallisiert, sodass diese Untersuchungsmethode heute in sämtlichen Fachbereichen eine wichtige bildgebende Rolle spielt. Die Wiener Universitätszahnklinik verfügt über ein MRT-Gerät – es gibt kaum Zahn- kliniken, bei denen das der Fall ist. Es wird derzeit nur im Forschungsbereich eingesetzt. Der klinische Einsatz ist allgemein auf die Kiefergelenksdiagnostik fokussiert, vorstellbar ist er auch bei Kindern im Sinne der Strahlenersparnis, bei retinierten Zähnen und kieferorthopädischen Planungen. Das Ziel der Zahnklinik ist daher die Implementierung der MRT in die klinische Bildgebung, basierend auf eigenen Studien und Forschungsergebnissen.

Welche Bedeutung hat heute der Ultraschall?

NEMEC: Im Kopf-Hals-Bereich ist der diagnostische Ultraschall eine wichtige Untersuchung, z. B. für Mukozelen, Hämangiome im Bereich von Lippen und Zunge sowie unklare Weichteilschwellungen und Lymphadenopathie. Auch bei Neuropathien hat der Einsatz von Ultraschall zu genommen, und die Auflösung wird immer besser. Eine solche Untersuchung erfordert jedoch eine sehr spezielle Expertise. Im Dentalbereich im engen Sinn ist der klinische Ultraschall-Einsatz limitiert. Das heißt, der Ultraschall kann als Ergänzung dienen, aber keinesfalls Cone-Beam-CT bzw. CT und MRT ersetzen.

Was ist aus Ihrer Sicht zum Thema „Strahlenschutz“ zu sagen?

NEMEC: Es gibt leider grundsätzlich bei radiologischen Untersuchungen eine gewisse Anzahl von Fehlanwendungen, sodass sich eine höhere Dosis als vorgesehen ergibt. Wichtig ist die korrekte Anwendung, das Untersuchungsfeld soll möglichst klein und spezifisch sein, es soll keine Ganzkopfuntersuchung durchgeführt werden. Das Prinzip "As Low As Reasonably Achievable" (ALARA) würde sonst ad absurdum geführt werden. In diesem Sinne ist die Cone-Beam-CT keine initiale Untersuchung, wenn eine diagnostische Alternative mit niedrigerer Dosis ausreichend wäre. Seit 1.10.2024 entfällt aufgrund einer Änderung der Medizinischen Strahlenschutzverordnung die Verpflichtung, Patientinnen und Patienten bei zahnmedizinischen Röntgenuntersuchungen durch Schutzmittel zu schützen, was zum Teil kritisch gesehen wird. Auf jeden Fall muss es sich erst herumsprechen. Generell sollte man sich bei radiologischen Untersuchungen immer die Frage stellen: Ist dadurch ein Mehrgewinn zu erwarten? Ja oder nein? Und skeptischen Patienten sollte man im persönlichen Gespräch erläutern, was es bedeuten würde, wenn die Untersuchung nicht durchgeführt wird, etwa bei der Lageabklärung von retinierten Weisheitszähnen. Radiologische Untersuchungen sind auch wichtig für die Dokumentation des Behandlungsverlaufs, des Erfolgs oder von Komplikationen.

Gibt es noch einen Punkt, der Ihnen besonders am Herzen liegt?

NEMEC: Ja, ich möchte betonen, dass wir ein kleines, aber sehr eingespieltes, effizientes Team sind. CT und MRT wurden von meinem Vorgänger Prof. Gahleitner implementiert, er war und ist ein wichtiger Mentor und Doyen der Dentalradiologie. Der klinische Einsatz der MRT im Dentalbereich ist unser ambitioniertes Ziel und letztlich die Weiterentwicklung unserer drei Säulen an der Zahnklinik: die diagnostische Versorgung, bildgebende Forschung und Ausbildung.

Herzlichen Dank für das Interview!

Priv.-Doz. Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

 

Prof. Dr. Nemec