Lasertherapie in der Kieferorthopädie - Laserbeam statt Phosphorsäure, Turbine und Skalpell

Die Anwendung von Lasertechnologie hat sich in vielen Bereichen der Medizin als wegweisend erwiesen. Der Einsatz von Lasern stellt beispielsweise einen essentiellen Bestandteil in der Augenheilkunde dar. In der Zahnmedizin haben sich Behandlungen mit Lasern von der Weichgewebschirurgie über die Endodontologie bis hin zur konservierenden Zahnheilkunde im Sinne von Veneerdebondings und Kavitätenpräparation etabliert. Dieser Artikel soll einen kurzen Überblick über den Einsatz von Lasern in der Kieferorthopädie und deren Möglichkeiten geben.

Schmelzätzung und -konditionierung:

Mit Hilfe von Erbium-Lasern lassen sich auf der Schmelzoberfläche ähnliche Ätzmuster entsprechend Typ III nach Silverstone erzeugen, wie nach konventioneller Ätzung mit 37-prozentiger Phosphorsäure. Diese Eigenschaft kann vor allem intraoperativ bei der Freilegung retinierter Zähne zur Befestigung eines Kettchens verwenden werden (1). Dabei kann eine ähnliche Scherfestigkeit erzeugt werden wie bei herkömmlichen Ätzvorgängen (2,3,4). Faizee et al. berichten zusätzlich von einer reduzierten Wahrscheinlichkeit des Auftretens von White-Spot-Läsionen als Folge konventionellen Ätzens (5). In Bezug auf das Bonding von Metallbrackets scheint eine vorhergehende Schmelzätzung mittels Er:YAG-Laser und Er,Cr:YSGG-Laser eine vergleichbare Alternative zur konventionellen Ätztechnik zu bieten (6).

Bracketdebonding

Ein Problem der Kieferorthopädie stellen Schmelzdefekte im Zuge der Bracketabnahme nach abgeschlossener Zahnregulierung dar. Häufiger bei der Abnahme von Keramikbrackets können Risse und brüchige Schmelzdefekte entstehen. Über einen erhitzenden Effekt im Zuge einer Laserbestrahlung lässt sich das Befestigungskomposit erwärmen und führt damit zu einer Reduktion der Haftfestigkeit und zum Ablösen der Bracketbasis von der Schmelzoberfläche. Die schnell ansteigende Temperatur führt zu einer Verdampfung des Befestigungsmaterials. (1) Der Einsatz von Diodenlasern bei der Entfernung von monokristallinen Keramikbrackets führt zur Erwärmung und Erweichung des Befestigungskomposits ohne signifikante Erhöhung der Pulpenkammertemperatur (7). Eine Erhöhung der intrapulpären Temperatur über 5,5° C liegt außerhalb des Toleranzbereichs der Pulpa und führt zu irreversiblen Schäden im Pulpengewebe (8). In einem systematischen Review berichten Ajwa et al. von einem geringeren Risiko von Schmelzschäden bei der Zuhilfenahme von Er:YAGLasern bei der Entfernung von Keramikbrackets. Jedoch weisen sie darauf hin, dass die zusätzliche Therapie mittels Er:YAG-Laser zeitaufwendiger sei als die konventionelle Abnahme, jedoch eine Reduktion von Schmelzbrüchen ermöglicht. (9) Grzech-Lesniak et al. ntersuchten das laserunterstützde Debonding an Keramik- sowie Metallbrackets mittels Er:YAG-Lasern. Es zeigte sich eine geringfügige Erhöhung der Pulpenkammertemperatur innerhalb des Toleranzbereichs (1,78° C bei den Keramikbrackets, 1,29° C bei den Metallbrackets), jedoch im Vergleich zu der Kontrollgruppe keine Schmelzdefekte in der SEM-Analyse (10).

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Frenektomie

Ein tief einstrahlendes Frenulum und ein damit einhergehendes Diastema mediale stellt ein häufiges Problem in der kieferorthopädischen Therapie dar. Im Vergleich zu einer konventionellen Frenektomie mittels Skalpell lässt sich die selbe Prozedur unter Verwendung von beispielsweise Diodenlasern aufgrund reduzierter intraoperativer Blutung und damit besserer Sicht urchführen (11). Aufgrund adäquater Koagulation ist kein Nahtverschluss notwendig (12). Es zeigt sich eine vergleichsweise bessere Wundheilung, weniger Entzündungszeichen sowie eine intra- und postoperative Schmerzreduktion (12, 13). Während der Heilungsverlauf im Vergleich zur konventionellen Frenektomie ähnliche Ergebnisse zeigt, soll der Einsatz von Nd:YAGLasern die intraoperative Anästhesie-Dosis sowie den subjektiven Schmerz reduzieren und aufgrund direkter Koagulation ohne Nahtverschluss kürzere Behandlungszeiten bieten (14, 15). Beispielsweise Gingivektomien, Gingivoplastiken und Depigmentationen können somit letzte ästhetische Korrekturen nach der kieferorthopädischen Therapie ermöglichen (16, 17).

Low Level Laser Therapie (LLLT)

Auch wenn die Therapie mittels Low-Level-Laser noch Teil aktueller Untersuchungen ist, zeigen sich in Bezug auf Schmerzreduktion und Zahnbewegung Hinweise auf vielversprechende Ergebnisse (18). Die Behandlung findet mittels geringen Energiemengen statt, die über antiinflammatorische und neuronale Effekte eine analgetische Wirkung hervorrufen sollen (19). Deana et al. postulierten in einem systematischen Review den positiven Effekt von LLLT auf das spontane Schmerzempfinden sowie Beschwerden bei Mastikation nach kieferorthopädischer Kraftapplikation (20). Jedoch wären weitere Studien mit größeren Untersuchungsgruppen zielführend (21). Zudem könnte eine LLLT einen positiven Effekt auf die Stabilität von Mini-Implantaten (22), sowie die Zahnbewegung haben (23, 24, 25). Die Zahnbewegung gilt jedoch als sehr individuell, weshalb derzeitige Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten seien (23).

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Kontakt:

Dr. Carla Siebenrock
Kieferorthopädische Abteilung der SFU Zahnklinik
carla.siebenrock@sfu.ac.at