Wien aktuell - Interview mit Dr. Schreder

Auch auf unserer Seite 2 sind Frauen oft unterrepräsentiert. Umso mehr freuen wir uns, dass wir nun den 3. Monat in Folge ein Interview mit einer Zahnärztin bringen können. Diesmal mit Dr. Bettina Schreder, der früheren Präsidentin der LZÄK Wien sowie Vize-Präsidentin der ÖZÄK.

Welche Themen und Schwerpunkte wurden beim 3. Stadtgespräch behandelt?

SCHREDER: Das Stadtgespräch sollte in erster Linie eine Hommage an unsere Bezirkszahnärztevertreter sein. Dank ihrer Rolle und Arbeit in den Bezirken erreicht man leichter die Kolleginnen und Kollegen vor Ort und erfährt, welche Aspekte ihnen ein Anliegen sind und wo die Landeszahnärztekammer aktiv werden soll. Zudem lag der Fokus auf unseren Gästen und auf dem gemeinsam Erreichten. Darunter fallen z.B. die Veranstaltungsreihe „OrdiCheck“, in deren Rahmen wir Ordinationsübergeber und Ordinationsübernehmer zusammenbringen, die Job- und Nachfolgerbörse, die als One-Stop-Shop-Service für Vertretung, Jobsharing, Ordinationsübergabe und -übernahme, aber auch die Mitarbeitersuche online eingerichtet wurde, und vor allem die überarbeiteten Reihungskriterien für Wien. Diese hat das Niederlassungsreferat bereits im Jahr 2022 in Kooperation mit der Österreichischen Gesundheitskasse umgesetzt. Seit Februar 2023 ist nunmehr die Übernahme einer Ordination bereits nach 40 Monaten und nicht wie bisher erst nach 67 Monaten möglich. Das ist eine wesentliche Neuerung für die jungen Kollegen, die damit viel rascher eine Kassenplanstelle übernehmen können.

Gibt es Schätzungen, wie viele Zahnärzte und -ärztinnen in Wien unter die KFO-Qualifikation auf Grund erworbener Rechte fallen?

SCHREDER: Seit der Einführung der Fachzahnärztin/des Fachzahnarztes für KFO in Österreich können Kolleginnen und Kollegen die entsprechende Berufsbezeichnung führen. Dafür ist entweder der Nachweis einer fachzahnärztlichen Qualifikation in einem EWR-Staat oder der Schweiz, eine fachspezifische Ausbildung an einer österreichischen Universitätsklinik oder der Nachweis von sogenannten erworbenen Rechten notwendig. Diese erworbenen Rechte umfassen ein komplexes Zusammenspiel aus einer Weiterbildung in der Kieferorthopädie wie dem ZFP-Diplom, einer zumindest fünfjährigen praktischen zahnärztlichen Tätigkeit innerhalb der letzten zehn Jahre und einer überwiegend oder ausschließlichen kieferorthopädischen Tätigkeit von zumindest drei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre in Österreich. Zudem wurde mit 1. September ein dreijähriger postpromotioneller Universitätslehrgang eingeführt; die ersten Absolventen werden voraussichtlich im Sommer 2027 erwartet. Bislang haben insgesamt 53 Kolleginnen und Kollegen (Stand: 9. Oktober) in Wien den Antrag auf Anerkennung der Berufsbezeichnung gestellt. Diese erfüllen die geforderten Nachweiskriterien entweder über die akademische Qualifikation (21) oder über die erworbenen Rechte.

Wie ist der aktuelle Stand beim Thema „Weiterarbeiten in der WFF-Pension“?

SCHREDER: Der Zahnärzteschaft ist es ein großes Anliegen, die Pensionsantrittsbestimmungen anzupassen. Derzeit müssen alle Anstellungen und Kassenverträge beendet werden, bevor man die WFF-Pension in Anspruch nehmen darf. Aktuell befasst sich daher der Verwaltungsausschuss intensiv mit diesem Thema und einer künftigen Lösung. So hat er auch der Erweiterten Vollversammlung ein zusätzliches Modell der Ruhensbestimmungen empfohlen. Demnach soll der Pensionsbezug ab Erreichen des 65. Lebensjahres möglich sein, auch wenn Kassenverträge oder zahnärztliche Anstellungen aufrecht sind. Davon bleibt die Regelung für die Inanspruchnahme der Altersversorgung vor Erreichen des 65. Lebensjahres unberührt.

Wann war Baubeginn beim Haus der Wiener Zahnärzteschaft?

SCHREDER: Wir haben mit 1. Oktober die Baustelle errichten können. Die einzelnen Bauschritte werden nun nach vorliegendem Plan umgesetzt und können via www.z170.at mitverfolgt werden.

Wie ist Ihre Sichtweise zu den aktuellen Veränderungen auf Ebene der ÖZÄK?

SCHREDER: Der aus meiner Sicht durchaus als erfolgreich zu bezeichnende Weg kann von uns nicht fortgesetzt werden. Meine Versuche, in einen politischen Dialog mit den oppositionell agierenden Protagonisten zu treten und einen Konsens zu erzielen, war leider erfolglos – um nicht zu sagen unerwünscht. Der Vorwurf, nicht hart genug in Verhandlungen aufgetreten zu sein, ist haltlos. Die gute Gesprächsbasis, die mit den Stakeholdern in den letzten zweieinhalb Jahren aufgebaut werden konnte, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Sache hart verhandelt wurde. Für markige Sprüche und Kampfansagen bin ich aber nicht zu haben. Zu groß sind die bestehenden und kommenden Herausforderungen durch die nicht abwendbare demografische Entwicklung. Die angespannte Situation am Arbeitsmarkt ist nur eine davon. Es geht darum Lösungen zu finden. Hier waren wir auf einem guten Weg. Die Versäumnisse der Vergangenheit, die ein Großteil der Personen, welche nun wieder in der ÖZÄK am Ruder sitzen zu verantworten haben, können aber nicht über Nacht gelöst werden – das ist unrealistisch. Auch wenn wir versucht haben die Zerwürfnisse innerhalb der ÖZÄK als auch LZÄK Wien möglichst nicht an die Öffentlichkeit geraten zu lassen, sind diese nicht unbemerkt geblieben. Die Aufmerksamkeit vieler ist nun auf die neuen Führungen gerichtet. Es bleibt abzuwarten, wie mit dieser Verantwortung gegenüber der Kollegenschaft umgegangen wird.

Gibt es noch einen Punkt, der Ihnen besonders am Herzen liegt?

SCHREDER: Es war mir ein besonders Anliegen, für junge Zahnmediziner/ innen den Einstieg in die Arbeitswelt zu vereinfachen. Künftige Kolleginnen und Kollegen sollen bereits während ihres Studiums in Form von Informationsveranstaltungen auf das Berufsleben vorbereitet werden. Die Zahnärztekammer soll eine Anlaufstelle auf Augenhöhe sein, jeder soll unkompliziert nformationen und Hilfestellung erhalten. Die herabgesetzten Reihungskriterien erlauben eine raschere Übernahmemöglichkeit einer Kassenplanstelle und die von uns umgesetzte Reform des Jobsharings ermöglicht zusätzlich einen individuell zugeschnittenen Einstieg in den niedergelassenen Bereich. Dieser Weg ist jedoch weiter fortzusetzen, Stichwort Anstellungsmöglichkeit, um den gesellschaftlichen Veränderungen angemessen nachzukommen. Die Zahnmedizin wird ja nachweislich weiblich.

Herzlichen Dank für das Interview!

Priv.-Doz. Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

 

Dr. Bettina Schreder