Universitätszahnklinik Wien - Parodontologie, Immunologie, Kieferorthopädie

Ende letzten Jahres erhielt Prof. DDr. Xiaohui Rausch-Fan, stellvertretende Fachbereichsleiterin Parodontologie der Universitätszahnklinik Wien, eine §99 (4)-Professur. Aus diesem Anlass führte ZMT mit ihr das folgende Gespräch.

Wie ist denn Ihr Ausbildungsweg verlaufen?

RAUSCH-FAN: 1987 habe ich mein Studium der Medizin an der Jilin Universität in China abgeschlossen (Master Degree of Medicine) und 1992 mein „Doctor Degree of Medical Science“ (PhD) an der Nippon Medical School in Tokio erhalten. Anschließend forschte ich als Postdoc im Bereich der Immunologie im AKH Wien. 1998 wurde ich an der Universität Wien Dr. med., 2002 Dr. med. dent. Danach war ich Assistentin an der Abteilung für Parodontologie und Prophylaxe der Wiener Universitätszahnklinik und habilitierte mich 2005. Damit war ich die erste, die sich an der Paro-Abteilung habilitieren konnte. Von 2004 bis 2010 absolvierte ich an der Donau-Universität in Krems eine Postgraduate-Ausbildung für „Orthodontics in Craniofacial Dysfunction“ (Prof. Slavicek und Sato). Von 2012 bis 2014 arbeitete ich Vollzeit im Fachbereich Kieferorthopädie (Leiter: Prof. Bantleon) und bin weiterhin Teilzeit in diesem Fachbereich tätig (Leiter: Prof. Jonke). Seit 2012 war ich – nach Erfüllung der Qualifizierungsvereinbarungen – Assoziierte Professorin der MedUniWien. Von 2013 bis 2018 leitete ich das Competence Center for Periodontal Research der Universitätszahnklinik Wien, seit 2014 bin ich stellvertretende Leiterin der Sektion Parodontologie des Fachbereichs Zahnerhaltung und Parodontologie (Leiter: Prof. Moritz). Weiters bin ich Leiterin der Universitätslehrgänge „Master in Clinical Dentistry – Periodontology and Implantology“ und „Master in Clinical Dentistry – Esthetic Dentistry“.

Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?

RAUSCH-FAN: Forschungsschwerpunkte sind insbesondere die Untersuchung der multifaktoriellen Pathogenese der Parodontitis in vivo und in vitro, Speichelbiomarker, Parokeime in der Diagnostik, Stammzellforschung (z.B. Applikation in der Parodontaltherapie oder Immunmodulation durch Stammzellen), Biokompatibilität von Dentalmaterialien und die Laseranwendung in der Zahnheilkunde. Sehr wichtig ist mir der Transfer von der Grundlagenforschung zur Klinik.

Wie sehen Ihre klinischen Schwerpunkte aus?

RAUSCH-FAN: Diese sind – wie gesagt – Parodontologie und Kieferorthopädie. Die interdisziplinäre Behandlung kann bei Parodontitis-Patienten gute ästhetische und funktionelle Resultate erzielen. Ich leite das Parodontologie-Team und die Spezialambulanz für Parodontalchirurgie. Wir sind 14 Parodontologie-Spezialisten, die meisten haben den Paro-Master absolviert. Das ist ein großes Team, das größte in Österreich. In Wien bilden Parodontologie und Zahnerhaltung zusammen einen Fachbereich, dies halte ich für eine gute Struktur für das interdisziplinäre Management von Parodontitis-Patienten.

Was genau ist eine §99 (4)-Professur?

RAUSCH-FAN: Das ist eine Professur mit verkürztem Berufungsverfahren nach §99 Absatz 4 des Universitätsgesetzes. Es gab an der MedUni-Wien mehrere hochqualifizierte Bewerber und ich war überrascht und erfreut, dass ich zu den sieben gehörte, die eine §99 (4)-Professur erhielten. Meine Professur bezieht sich auf Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde.

Wie beeinflusst die COVID-19-Pandemie Ihre Tätigkeit?

RAUSCH-FAN: Zweifellos ist es eine Herausforderung und bedeutet psychischen Stress, einer Infektion mit SARS-CoV-2 vorzubeugen. Die Zahnklinik ist hier aber sehr gut organisiert und konnte im letzten Frühjahr schnell entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen und die Patientenbehandlung gut weiterführen. Was die Patientenzahl betrifft, so hat diese leicht abgenommen. Es war schwierig, den Master-Lehrgang auf eine Online-Veranstaltung umzustellen, wir haben ja auch etliche bekannte Vortragende aus dem Ausland. Ich hoffe, dass die Pandemie-Probleme bald vorbei sind und der praktische Teil im Herbst stattfinden kann.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

RAUSCH-FAN: Mein Fokus liegt auf der Einrichtung eines klinischen Forschungszentrums für Zahnmedizin mit Schwerpunkt auf innovativen Technologien und Therapien in der digitalen Zahnmedizin. Es gibt so viele neue Materialien und Technologien, mir geht es um deren Vor- und Nachteile sowie Fragen der Anwendung im niedergelassenen Bereich. Das ist eine große Herausforderung, aber auch sehr interessant.Nennen möchte ich weiters die Entwicklung neuer Lehrinhalte im Bereich der digitalen Zahnmedizin.

Welche zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Parodontologie erwarten Sie?

RAUSCH-FAN: Ich denke, dass die unterstützende Parodontitistherapie weitere Verbreitung finden wird. Interdisziplinarität und die Beschäftigung mit der multifaktoriellen Genese der Parodontitis und dem Einfluss dieser Erkrankung auf systemische Erkrankungen werden zunehmend Bedeutung erlangen. Und durch entsprechende Frühdiagnostik wird man in vielen Fällen einer Parodontitis frühzeitig vorbeugen können. Zusätzlich brauchen wir innovative klinische Forschung für die parodontale Regenerationstherapie sowie regeneratives Material und Stammzelltherapie und die Anwendung der digitalen Technologie in der Parodontalchirurgie.

Herzlichen Dank für das Interview!

Priv.-Doz. Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

Prof. DDr. Xiaohui Rausch-Fan