Neuwah:l Veränderungen im ODV

Mit 29. Juni beendete Dr. Gottfried Fuhrmann seine siebenjährige Präsidentschaft im ODV. Was hat er bewegt, sind seine Visionen aufgegangen und wie sieht das Leben nach dem ODV aus? – ein Gespräch mit Dr. Gottfried Fuhrmann.

Herr Dr. Fuhrmann, Sie sind nun sieben Jahre dem ODV vorgestanden, waren es sieben fette oder sieben magere Jahre?

FUHRMANN: Ihre Frage verwendet eine Textstelle aus dem Alten Testament, in welcher Joseph den Traum des Pharao deutet – auf sieben fette Jahre folgen sieben magere Jahre und es empfiehlt sich, in den fetten Jahren vorzusorgen. Beim Österreichischen Dentalverband geht es aber vorrangig nicht um wirtschaftliche Entwicklung, sondern um das Erreichen des Vereinszwecks, der in den Statuten festgeschrieben ist. Und so antworte ich, dass es sieben erfolgreiche Jahre waren.

Was konnte der Vorstand unter Ihrer Führung im ODV erreichen, welche Ziele konnten verwirklicht werden?

FUHRMANN: Ich gliedere die Antwort entsprechend den Vereinszielen und bitte um Verständnis, dass die Antwort sehr umfangreich ist, denn es waren fette, erfolgreiche Jahre.

Qualität
Punkt 1 des Vereinszwecks ist die Förderung von Qualitätsstandards. Hier haben wir vier Schritte verwirklichen können. Der erste Schritt war der Beschluss der Generalversammlung 2013, den noch vor meiner Präsidentschaft entwickelten ODV-Kodex als für alle Mitglieder verbindlich festzulegen. Er beschreibt die grundlegende Wertvorstellung des ODV im Sinne von Leitlinien für sich und seine Mitglieder und stellt somit einen Auftrag zur entsprechenden Handlungsweise an die Organe des Vereins und dient als Orientierung für die Mitglieder. Als nächste Stufe folgte, daraus abgeleitet, das Legal Compliance Audit. In diesem wird durch einen externen Auditor überprüft, ob sich die auditierte Firma an die Richtlinien des ODV-Kodex hält. Diese Maßnahme ist dem ODV so wichtig, dass die Kosten des Honorars des  Auditors für dieses Audit vom ODV getragen werden. Einen weiteren Schritt stellt das Good Dental Distributor Practice (GDDP) Audit dar. Dafür gibt es ein eigenes Handbuch, in welchem beschrieben wird, welche Standards geprüft werden. Das erfolgreiche Audit erlaubt den auditierten Firmen, das Logo zu führen. Elf namhafte Dentalfirmen haben das Audit und die alle zwei Jahre notwendigen Re-Audits abgeschlossen. Der derzeit letzte Schritt ist der Plan, dass diese Qualitätsregelungen verbindliche Norm werden.

Schulungen
Basis für die Erfüllung der Qualitätsstandards ist die laufende Schulung. Der ODV bietet dazu viermal im Jahr Face-to-face-Schulungen für Medizinprodukteberater. Zusätzlich gibt es noch zwei Angebote von Schulung über das Internet. Um den immer höher werdenden Ansprüchen zu genügen, hat der Vorstand beschlossen die ODV Akademie zu gründen. Es wird dies ein Lehrgang in Zusammenarbeit mit der Sigmund Freud Universität.

Öffentlichkeitsarbeit
Es war uns aber auch immer wichtig, den Markt über die Tätigkeit des ODV zu informieren. Dies gelang in erster Linie über die Printmedien. Hier wurde über Veranstaltungen des ODV berichtet wie Klausurtagung, Generalversammlung und Schiweltmeisterschaften, aber auch über die Übergabe von Zertifikaten für erfolgreiche GDDP-Audits und die jeweils Jahresbesten. Weitere Beiträge betrafen Fachartikel, welche unter der Flagge des ODV veröffentlicht wurden, sowie Artikel des ODV mit Erläuterungen zu LC- und GDDP- Audits und Informationen über die Leistungen des ODV. Ein anderer Weg zur Informationsweitergabe sind unser Internetauftritt, die Vertretung auf Facebook und der Jahresbericht.

Veranstaltungen
Hier ist vor allem die Wiener Internationale Dentalausstellung zu nennen. Wie die statistischen Zahlen – siehe www.wid.dental – zeigen, erfreut sich die WID bei den Besucherinnen und Besuchern großer Beliebtheit. 4.000 Besucher mit Schwankungen von rund 120 auf oder ab bestätigen das rege Interesse an dieser größten Informationsplattform für Zahnärzte, Zahntechniker, Assistentinnen und allen anderen im Dentalbereich Tätigen. Auch die Anzahl der ausstellenden Firmen ist im Wesentlichen konstant, wobei wir zum Bedauern der Besucher feststellen, dass einige Hersteller in IDS-Jahren nicht beziehungsweise nicht mit einem eigenen Stand ausstellen, sondern als Subaussteller bei ihren Handelspartnern vertreten sind.
Andere „öffentliche“ Veranstaltungen waren die Schiweltmeisterschaften in den Jahren 2016 und 2018. Diese sind auch als Beitrag zur Förderung der Gemeinsamkeit zwischen den Dentalfirmen, aber auch in Richtung zu den Kunden zu sehen.
„Interne“ Veranstaltungen waren die jährlichen Klausurtagungen. Hier sind die Schwerpunkte einerseits die Informationsvermittlung und die Fortbildung sowie Anregungen für Maßnahmen, um auf die Veränderungen im Markt zu reagieren.
Die Generalversammlung diente zur Erledigung der Punkte, welche das Vereinsgesetz fordert. Die Einladung an die Firmenrepräsentanten mit einer privaten Begleitung zum Abendessen und einem Vortrag dient ebenfalls dem Vereinszweck.

Kooperationen
Die Vereinsstatuten fordern die Zusammenarbeit mit inländischen und ausländischen Verbänden.
Dies erfolgt mit den Zahnärzten einerseits durch den Austrian Dental Award: Dieser wird gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ausgeschrieben und im Rahmen des Zahnärztekongresses für wissenschaftliche Arbeiten vergeben. Eine zweite Zusammenarbeit mit den Zahnärzten wurde 2013 mit dem ODV Wissenschaftspreis des ZIV ins Leben gerufen. Hier werden Arbeiten prämiert, welche von hervorragender Bedeutung für die praktische Berufsausübung auf dem Gebiet der ZMK-Heilkunde sind. Gut angenommen wurde auch das Angebot des ODV an den Zahnärztlichen Interessenverband und das Zahnärztliche Fortbildungsinstitut, Vorträge im Rahmen des WID-Forums zu halten. Gleichartige Angebote gab es auch an die Innung der Zahntechniker. Auf internationaler Ebene ist der ODV Mitglied in der Association of Dental Dealers in Europe (ADDE).

Marktdaten
Es wurden zwei Versuche durchgeführt, über Abfrage bei den Mitgliedsfirmen Daten über Stückzahlen und Umsätze des Marktes zu erhalten. Obwohl die Abwicklung über eine Notariatskanzlei erfolgte, überwogen die Forderungen nach Anonymität, sodass den Projekten kein Erfolg beschieden war. Erfolgreich war jedoch eine Marktbefragung zum Thema des Einkaufsverhaltens junger Zahnärzte. Erfreulich, weil sehr positiv, fiel die Befragung der Mitarbeiter der Mitgliedsfirmen aus, in welcher sie über den ODV und seine Aktivitäten urteilen sollten.  

Wie sehen Sie die Zukunft der Dentalindustrie?

FUHRMANN: Auch in Zukunft wird die Dentalindustrie Zahnärzte und Zahntechniker mit innovativen und qualitativ hochwertigen Produkten bei der Ausübung ihres Berufes unterstützen. Weiter ändern werden sich allerdings die Rahmenbedingungen. Der Trend der Firmenzusammenschlüsse wird anhalten. Ebenfalls anhalten wird die Marktentwicklung, dass Produkte für gleiche Indikationen von immer mehr Firmen angeboten werden.

Wohin geht der Weg im Dentalhandel? Wird es in Zukunft noch die persönliche Betreuung geben oder regieren bald nur mehr der Preis und das Online-Bestellwesen den Markt?

FUHRMANN: Ich knüpfe an meinen letzten Satz zur vorhergehenden Frage an: Mehr Produkte für die gleiche Indikation von verschiedenen Herstellern bedeutet für den Handel  einen  großen Logistikauf-wand und für die Medizinprodukteberater ein immer umfangreicheres Produktwissen. Hier ist die Unterstützung der Industrievertreter gefordert. Das Berufsbild des Außendienstmitarbeiters wird sich weiter in Richtung eines „Unternehmensberaters“ für Praxis und Labor entwickeln, der in Zusammenarbeit mit Zahnarzt und Zahntechniker ganzheitliche Lösungen für die Arbeitsabläufe und die wirtschaftliche Entwicklung anbieten muss. Der Preisunterschied zum Mitbewerber und dem Online-Handel muss durch diese Beratungsqualität ausgeglichen werden. Die Leistungen des Medizinprodukteberaters müssen dem Zahnarzt und dem Zahntechniker diesen Mehrpreis wert sein.

Wo sehen Sie zukünftige Chancen?

FUHRMANN: Die höheren Anforderungen an die Mitarbeiter des Handels bieten die Chance, sich stärker als Berater des Kunden zu profilieren. Aus diesem Grund entwickelt der ODV in Zusammenarbeit mit der Sigmund Freud Universität den Zertifikatslehrgang „Experte im Medizinproduktehandel“.

Wie wichtig ist die Kooperation zwischen Industrie und Handel?

FUHRMANN: Ich sehe Industrie und Handel wie ein Paar Schuhe. Man kann auch mit nur einem Schuh am Fuß gehen – besser ist es aber mit zwei Schuhen. Die einen bringen die Produkte und die spezialisierten Produktkenntnisse und die anderen den individuellen Kundenkontakt und das Wissen um die speziellen Kundenwünsche und Lösungsanforderungen.

Waren Sie mit der heurigen WID zufrieden?

FUHRMANN: Aus meiner Sicht ist die WID erfolgreich, wenn sie ihr Ziel erreicht – Information an die Zahnärzte, Zahntechniker, Assistentinnen und alle anderen aus dem Bereich der ZMK-Heilkunde. Es gab auch in diesem Jahr eine Vielzahl von neuen Ausstellern, wodurch die Informationspalette wieder erweitert wurde. Bedauerlich war, dass große Firmen aus Handel und Industrie nicht als Aussteller vertreten waren.
Dies wurde auch von Besuchern negativ beurteilt. Zufrieden sind wir mit der Anzahl der Besucher. Über 4.000 entspricht den Zahlen der Vorjahre, in welchen es immer ein Auf und Ab um rund 120 Besucher gab – in diesem Jahr ein Auf. Das zeigt aber auch, dass das Informationsbedürfnis in IDS-Jahren höher ist. Besonders gefreut hat mich die positive Beurteilung der WID durch die Aussteller. Wer da war, war zufrieden. Dies gilt vor allem für Firmen, die im Vorfeld der WID aktiv gewesen sind und ihre Kunden mobilisieren konnten. Natürlich hat mich besonders gefreut, dass die Aufgaben, welche im Rahmen der WID dem ODV als Veranstalter zufallen, durch den Organisator, die Firma admicos, in bewährter Bravour erledigt wurden. Die Werbung für die WID durch Inserate und Mailings und die Abwicklung der Ausstellung wurde von allen Seiten gelobt.

Ist es ein Problem, wenn Firmen auf der WID nicht mehr ausstellen, aber diese doch gerne besuchen?

FUHRMANN: Diese Entwicklung, die in diesem Jahr besonders stark aufgetreten ist, stellt vor allem für die Aussteller ein Ärgernis dar. Sie finanzieren ihren Stand, tragen durch ihre Standmiete auch zur Werbung für die WID bei und dass dadurch Besucher kommen. Meine Bitte im Vorfeld der WID an eine Firma, die nicht ausstellt, aber mit Personen anwesend ist, hat übrigens für Verstimmungen gesorgt. Mehr als ein Appell an die Fairness ist aber nicht möglich.

Sie haben mit sehr viel persönlichem Engagement den ODV geführt. Fällt der Abschied schwer?

FUHRMANN: Es hat mich gefreut, dass der Vorstand im Jahr 2012 an mich herangetreten ist mit der Frage, ob ich das machen will. Da ich nicht nur seit 1983 im Dentalgeschäft tätig war, sondern auch als Gründungsmitglied des ODV den Betrieb gut gekannt habe, war mir die Übernahme dieser Aufgabe eine große Freude. Die sieben Jahre haben aber auch gezeigt, dass die jüngere Generation – und ich könnte vom Alter her fast bei allen Vorstandsmitgliedern der Vater sein – Dinge anders sieht und an Problemlösungen anders herangeht. So sehe ich es auch als meine Aufgabe im Sinne der positiven Weiterentwicklung des ODV, Jüngeren Platz zu machen.

Was werden Sie denn nun mit der vielen Zeit anfangen?

FUHRMANN: Viele meiner weitgestreuten Interessen sind während meiner Berufszeit zu kurz gekommen. Hier bietet sich ein weites Tätigkeitsfeld. Arbeiten, die ich in unserem Landhaus an Handwerker vergeben habe, werde ich – sehr zu meiner Freude – selber machen können. Viele Bücher, die ich in den letzten Jahren geschenkt bekommen habe, werde ich lesen. Für fünf Enkelkinder werde ich mehr Zeit haben, und dann habe ich auch noch meine Tätigkeit als Mitarbeiter in der Spitalseelsorge. Und ganz wichtig: Meine Frau und ich werden mehr Zeit für Reisen haben.   

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Dr. Gottfried Fuhrmann