Gemeinschaftstagung - Neues aus Parodontologie und Prophylaxe

Prof. Dr. Michael Haas ist Leiter der Spezialambulanz für Parodontologie und Prophylaxe der Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit Graz und als solcher verantwortlich für Forschung, Lehre und Patientenbetreuung in diesem Fachgebiet. ZMT interviewte ihn zu aktuellen Themen im Bereich von Parodontologie und Prophylaxe.

Was sind aus Ihrer Sicht die interessantesten Entwicklungen der letzten Jahre?

HAAS: Eine Vielzahl von Faktoren ist dafür verantwortlich, dass wir heute in der Therapie der Parodontitiden immer erfolgreicher werden. Eine umfassende Diagnostik erlaubt uns eine auf den Patienten ausgerichtete spezifische Therapie. Die Berücksichtigung aller Risikofaktoren führt zu einem individuellen Risikoprofil, auf dessen Basis der definitive Behandlungsplan erstellt wird. Zwei Punkte möchte ich herausgreifen: Erstens machen Erkenntnisse der Biofilm- und Mikrobiom-Forschung die Entwicklung von neuen  antimikrobiellen Medikamenten möglich. Probiotische bzw. präbiotische Therapieansätze werden es in Zukunft erlauben, den Einsatz von Antibiotika und von hochdosierten Antiinfektiva wie Chlorhexidin drastisch zu reduzieren. Zweitens können wir heute im Rahmen des Biofilm-Managements einen großen Anteil unserer Zahnoberflächen mit schonenden Pulverstrahltechnologien bearbeiten und damit vor allem im Wurzelbereich die für die Heilung so wichtige Zementschicht erhalten. Wir haben vor zwei Jahren unsere Systematik völlig auf den Kopf gestellt. Ultraschall und Handinstrumente kommen nur mehr dort zum Einsatz, wo wir sie wirklich benötigen. Neueste Erkenntnisse machen im Schmelzbereich die klassische Politur überflüssig. Genau diese beiden Punkte werden im Zuge unserer nächsten Gemeinschaftstagung erörtert.

Was ist unter Gemeinschaftstagung zu verstehen?

HAAS: Die Gemeinschaftstagung wird von Graz-Zahn und der ÖGZMK Steiermark am 26. und 27. April 2019 im neuen MedCampus der Medizinischen Universität Graz ausgerichtet. Aufgrund der räumlichen Nähe zur Klinik können wir auch ein attraktives Hands-on-Training in unseren modernst ausgestatteten Phantomräumen anbieten. Die Fortbildungsserie „Graz-Zahn“ gibt es seit 15 Jahren als ergänzende Fortbildungsplattform zu unseren postgradualen Kursen und der Ausbildung zur Prophylaxeassistenz. Sie wurde vor drei Jahren mit dem Frühjahrssymposium der ÖGZMK Steiermark zusammengelegt, um einerseits das Überangebot an Fortbildungstagungen zu reduzieren und andererseits attraktive und umfassende Tagungsinhalte über alle Bereiche der Zahnmedizin anbieten zu können.

Wie ist die Ausbildung für Prophylaxeassistenz in Graz organisiert?

HAAS: Wir haben damit in Graz an der Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit mehr als 30 Jahre Erfahrung. Wir sind anfänglich gegen viele Widerstände der Standesvertretung – auch aus der Kollegenschaft – unseren Weg gegangen. Mittlerweile ist klar, dass effektive Prophylaxe und Therapie nur im Team erfolgen können, und wir haben in Österreich seit ein paar Jahren auch die gesetzliche Basis dafür geschaffen. Bei uns erfolgt die Ausbildung wie vorgeschrieben in 64 Theorie- und 80 Praxisstunden im Rahmen von vier Kursmodulen. Besonders großer Wert wird dabei auch auf die korrekte Durchführung am Patienten gelegt. Es war immer unser Ehrgeiz, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszubilden, die die geforderten Fähigkeiten in der täglichen Ordinationsroutine umzusetzen vermögen. Diese Fähigkeiten überprüfen wir in einer umfassenden Abschlussprüfung am Ende der vier Ausbildungsmodule.

Welche Schwerpunkte setzt die Grazer Klinik im Bereich der Lehre?

HAAS: Was das Zahnmedizinstudium betrifft, kann ich natürlich nur für die Abteilung für Zahnerhaltung, Parodontologie und Zahnersatzkunde sprechen, weiß aber, dass unsere Prämissen auch für die anderen Fachgebiete zutreffen. Wir schaffen es bis heute auch dank unserer neuen Klinik mit entsprechender Ausstattung den Studierenden die Möglichkeit zu bieten, eine gewisse Routine in der Patientenbehandlung zu erlangen. Wir haben zudem theoretische Lehrinhalte in den vorklinischen Bereich auslagern können und so de facto fast ein Semester für die klinische Tätigkeit gewonnen. In meinem Fachgebiet, der Parodontologie und Prophylaxe, legen wir großen Wert auf ein klar definiertes, auf den Patienten zugeschnittenes Behandlungskonzept, das auf Basis einer exakten Diagnose erstellt wurde.

Herzlichen Dank für das Interview!

Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und
Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

Prof. Dr. Michael Haas, Leiter der Spezialambulanz für Parodontologie und Prophylaxe der Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit Graz