Zahnerhaltung - Von Schladming bis zum Amalgamverbot

Seit 1999 leitet Prof. Dr. Karl Glockner, Grazer Univ.-Klinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit, die ARGE Zahnerhaltung. ZMT sprach mit ihm über aktuelle Fragen der Zahn-erhaltung.

Ich darf Sie um eine kurze Vorstellung der ARGE Zahnerhaltung bitten?

GLOCKNER: Die ARGE Zahnerhaltung ist ein Teil der ÖGZMK. Das Ziel der ARGE ist, den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen praxisnahe Fortbildung zu erschwinglichen Preisen zu bieten. Das bedeutet, dass wir im Rahmen der ÖGZMK nicht gewinnorientiert arbeiten und versuchen, alle zwei Jahre ein Symposium in angenehmer Atmosphäre zu organisieren, in dem praxisnahes Wissen vermittelt wird. Wir veranstalten im Februar 2018 in Schladming im Sporthotel Royer nun schon zum 9. Mal unser Konservierendes Symposium. Meine Tätigkeit an der Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit in Graz gibt mir die Möglichkeit, auf viele berufliche Kontakte zur Industrie und zu Wissenschaftlern und klinisch tätigen Zahnärzten anderer Universitätskliniken zurückzugreifen. Dadurch kenne ich eine große Reihe sehr guter Vortragender, die praxisnahe mit viel Engagement und Freude Wissen vermitteln können und wollen.

Ihre Vorschau auf das Konservierende Symposium in Schladming?

GLOCKNER: Wir haben mehrere Highlights. Wir starten mit unserer steirischen Zahnärztekammerpräsidentin mit Neuigkeiten bei den Kassenverträgen und besonders mit der Amalgamproblematik, die sich ab 1.7.2018 ergibt. Aus Bern kommt Herr Prof. Lussi, der über sinnvolle Kariesdiagnostik in der Praxis – in seiner bekannt humorvollen Art – sprechen wird. Dann hören wir von Dr. Arnetzl, einem Ästhetikexperten, über ästhetische Frontzahnversorgungen mit Veneers. Prof. Hickel aus München, ein anerkannter Wissenschaftler und beliebter Fortbildungsreferent, wird praxisnah über Komposite und Neuerungen referieren. Am Samstag haben wir mit Herrn Dozent Wicht aus Köln einen erfahrenen Kliniker und Kommunikationsexperten, der seine Erfahrungen mit minimal invasiven Interventionen und auch deren Kommunikation an die Patienten mit uns teilen wird. Oberarzt Dr. Haffner aus München wird beleuchten, wie es möglich ist, mit kassentauglicher Endodontie Erfolg zu haben. Abschließend wird Prof. Kielbassa, ein Top-Wissenschaftler und -praktiker aus Krems, noch über Amalgamalternativen im Rahmen der neuen gesetzlichen Bestimmungen sprechen. Als Rahmenprogramm haben wir neben dem gemütlichen Ambiente von Schladming und Umgebung auch wieder eine Rodelpartie am Freitagabend, die sich immer noch großer Beliebtheit erfreut. Hier ist ein zwangloses Miteinander unter ZahnärztInnen, StudentInnen und Industrie sehr einfach.

Wie sehen Ihre Erfahrungen mit hochviskösen GIZ aus?

GLOCKNER: Im Vergleich zu den vorher üblichen GIZ stellen die hochviskösen GIZ eine deutliche Verbesserung dar. Durch das zusätzliche Coating und die anschließend folgende Lichthärtung wird die Indikationsbreite auch auf den Seitenzahnbereich erweitert. Als Versorgung von Milchzähnen im Seitenzahnbereich ist das sicher vernünftig, jedoch bei bleibenden Zähnen je nach Größe der Kavität derzeit bestimmt nur ein Kompromiss.

Was möchten Sie zum Thema „Bleichen“ besonders betonen?

GLOCKNER: Voraussetzungen sind die Diagnose durch den Zahnbehandler und eine eingehende Beratung. Läsionen in Hart- oder Weichgewebe müssen zuallererst versorgt werden. Erst anschließend ist nach einer professionellen Belagentfernung ein Bleaching möglich. Der Patient muss vorher unbedingt wissen, dass es an Porzellan oder Komposit keine Aufhellungswirkung gibt und daher diese Versorgungen nach Bleichende ausgetauscht werden müssen. Bleichzahnpasten sind reine Geldverschwendung, ungeachtet dessen, was die Werbung verspricht. State of the Art ist seit Jahren das Bleichen mit Schiene über Nacht mit niedrig konzentrierten Bleichmitteln.

Gibt es noch einen Punkt, der Ihnen besonders am Herzen liegt?

GLOCKNER: Man findet im Internet sehr viele Informationen, die man nicht unkritisch hinnehmen darf. Hier hätte ich gerne, dass auch junge Zahnärzte vermehrt praxisrelevante Fortbildungen absolvieren. Auch wenn Implantatkurse und entsprechende Fortbildungen sicher interessant und wichtig sind, sollte man doch daran denken, dass ein sehr hoher Prozentsatz der Routinetätigkeit in der Praxis Zahnerhaltung ist. Damit ist eine breit gefächerte Fortbildung wie das Symposium Schladming mit internationalen Referenten in einer sonst doch sehr unübersichtlichen Fortbildungslandschaft eine gute Gelegenheit, in einem gemütlichen Rahmen kollegiale Kontakte zu pflegen, Probleme auszutauschen und zwanglos sein Wissen zu vervollständigen. Ein weiterer Punkt ist die Problematik, die sich mit der Einschränkung des Amalgams bis zum 15. Lebensjahr und bei Schwangeren und Stillenden ergeben wird. Mir ist es sehr wichtig, dass es nicht notwendig wird, aufgrund des Kostendrucks Komposit im Seitenzahnbereich wegen eines nicht kostendeckenden Tarifs falsch zu verarbeiten. Damit würde einerseits eine hervorragende Materialgruppe in Verruf geraten. Wir müssen andererseits auch vermeiden, dass es im Nachhinein zu unzähligen Wurzelkanalbehandlungen und Patientenleiden kommt.

Herzlichen Dank für das Interview!

Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und
Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

Prof. Dr. Karl Glockner