MKG Feldkirch: 3D Planung & CAD/CAM

ZMT sprach mit Prim. Univ.-Doz. DDr. Oliver Ploder, Abt. für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des LKH Feldkirch. 

Könnten Sie uns die Feldkircher Abteilung für MKG-Chirurgie ein wenig vorstellen?

PLODER: Die Klinik, die einen Versorgungauftrag für ganz Vorarlberg hat, verfügt über acht Betten. Wir sind neun Ärzte und Ärztinnen (fünf MKG-Chirurgen, vier Oralchirurgen).
Ein Schwerpunkt der Abteilung sind Umstellungsoperationen, dysgnathe Patienten kommen aus ganz Öster-reich, Südtirol, Deutschland und der Schweiz zu uns. Pro Jahr führen wir rund 100 esichtsumstellungsoperationen durch. Zum Einsatz beim Knochenschneiden kommt dabei nur mehr das Ultraschallmesser (25.000 Hz). Wir haben bisher 600 bis 700 Patienten mit dieser Technik operiert. Man ist mindestens ebenso schnell wie mit konventionellen Sägen und man kann mit dem Ultraschallschnitt das Risiko für Nerven oder Gefäßverletzungen reduzieren. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Traumachirurgie (ca. 130 Operationen pro Jahr). Ambulant stehen die Weisheitszahn-OPs im Vordergrund, hier führen wir rund 2.500 Eingriffe pro Jahr durch. In vielen Fällen in Sedoanalgesie, da kann man problemlos alle vier Weisheitszähne in einer Sitzung entfernen.
Hinsichtlich unserer drei Ausbildungsstellen (eine davon für Oralchirurgie) herrscht eine sehr große Nachfrage, wir können die Stellen immer sofort besetzen und haben kein Nachwuchsproblem. Offensichtlich hat sich unser hohes Niveau herumgesprochen.

Wie kommen Sie mit dem Arbeitszeitgesetz zurecht?

PLODER: Naja, wenn es eine Häufung von Unfällen gibt (wir hatten zum Beispiel kürzlich in einer Woche neun Unfälle!), kann man lang geplante Umstellungsoperationen nicht einfach verschieben und muss zusätzlich die anfallenden Notfälle operieren. Da muss man dann am nächsten Tag eine Ambulanz schließen, wenn dies das Arbeitszeitgesetz erfordert.

Welche Neuerungen gibt es an der Klinik?

PLODER: Hier möchte ich die 3D-Planung des Gesichts bei Umstellungsoperationen und die CAD/CAM-Fertigung von Kunststoffsplints, die für die Operation benö-tigt werden, nennen. Bei der Planung von Gesichtsumstellungen wurde das anfänglich durchgeführte Durchzeichnen von Röntgenbildern auf Acetatfolien von der digitalen 2D-Planung am Computer abgelöst, und nun im letzten Jahr haben wir vollständig auf 3D umgestellt. Zunächst werden die digitalisierten Gipsmodelle auf Röntgendatensätze „draufgelegt“, dann wird ein Foto auf das Gesicht „gemergt“. Mit diesem 3D-Gesicht wird dann am Computer die Operation simuliert. Anschließend schicken wir für die Splintherstellung einen STL-Datensatz ins zahntechnische Labor, wo mit einer speziellen Fräse einer Vorarlberger Firma die Anfertigung der Kunststoffsplints erfolgt.
Wir haben uns im Rahmen einer Studie die Veränderungen der Arbeitszeiten bei 2D- und 3D-Planung angesehen. Bei Umstellung von Ober- und Unterkiefer verkürzt sich die Planungszeit bei 3D um 75 Minuten. Auch die Zahntechniker-Arbeitszeit im Labor nimmt deutlich ab. Der Arzt plant nur mehr am Computer.
Früher (bei 2D) erfolgte am Montag die Planung, das Modell auf Basis der Alginatabformung kam am Dienstag vom Labor zurück, am Mittwoch erfolgte die Modell-OP im Artikulator, am Donnerstag wurden die Splints angefertigt. Die Operation erfolgte dann am Freitag oder eher in der darauffolgenden Woche. Mit der 3D-Planung erfolgt am Montag Vormittag die Planungssitzung (Röntgen, Abformung etc.), am Nachmittag macht der Arzt die Planung und schickt noch am Abend die Daten ins Labor. Der Splint ist bereits am Dienstag fertig. Die Kosten für den 3D-Splint (330 Euro) sind kaum höher als für den 2D-Splint. Einige Uni-Kliniken haben die Splintherstellung an eine belgische Firma ausgelagert. Diese verlangt für einen Splint fast 1.500 Euro. Das sind schon gewaltige Unterschiede. Für die Ausbildung ist es auch nicht gut, wenn OP-Planung und Splintherstellung ausgelagert werden.  Allerdings darf man die Vorlaufzeit für unsere Methode nicht ausblenden. Wir haben sechs Monate trainiert und hatten ca. 100 Stunden Schulung.
Unsere Studie zum Vergleich 2D- und 3D-Planung haben wir vor Kurzem auch auf der MKG-Jahrestagung in Bad Hofgastein präsentiert. Das Hauptthema der Tagung lautete übrigens: „Wieviel Technik braucht die MKG-Chirurgie?“.

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft aus?

PLODER: Für mich stellen virtuelle 3D-Planung und CAD/CAM die Zukunft der orthognathen Chirurgie dar. 3D-Planung betreiben derzeit allerdings nur wenige Kliniken in Europa. Ein großer Vorteil bei der digitalen Planung ist die Speicherung der Daten auf einem Server, da sonst Gipsmodelle 30 Jahre in einem Archiv gelagert werden müssen. Auch bei den Scannern ist der nächste Schritt gelungen, mit puderfreien intraoralen Scannern mit einer Auflösung von 8–9 Mikrometern. Wir haben allerdings festgestellt, dass die orthognathe Chirurgie für die Einstellung der perfekten Okklusion die Haptik braucht, daher denke ich, dass die Gipsmodelle nicht so schnell verschwinden werden. Eine Einstellung der finalen Okklusion am Computer ist derzeit nicht vernünftig möglich, daher verwenden wir die Piggyback-Methode, bei der die Daten von der gescannten Okklusion übernommen werden. Ich denke, wir werden die Gipsmodelle noch vier bis fünf Jahre haben. 

Herzlichen Dank für das Interview!

Dr. Peter Wallner

Umweltmediziner und
Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

 

Doz. DDr. Oliver Ploder