Bisphosphonate und Zahnmedizin: Auf die Dosis achten!

Nicht der Zahnarzt sollte nach Bisphosphonattherapie fragen, sondern jener Arzt, der die Bisphosphonate verschreibt nach vorhergehenden Zahnbehandlungen.

Zum wiederholten Mal berichtete Dr. Reinhard Gruber, Leiter des Labors für orale Zellbiologie, Zahnmedizinische Kliniken Bern, beim Osteoporoseforum in St. Wolfgang über den Zusammenhang zwischen Osteoporosetherapeutika und Zahnheilkunde. Bei parodontologischen und bei implantologischen Behandlungen spielt der Knochenumbau eine Rolle, speziell bei der Osseointegration von Implantaten und der Ausheilung der Alveolen nach Extraktion.
Ein oft diskutiertes Thema sind dabei die Bisphosphonate. Immer noch soll es Zahnärzte geben, die PatientInnen unter Bisphosphonat-Therapie rundweg ablehnen - eine Vorgehensweise, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt.
Nach einer randomisierten, placebokontrollierten Studie aus dem Jahr 2004 bewirkte Alendronat bei postmenopausalen Frauen mit Parodontalerkrankung eine Verbesserung bei Sondierungstiefe und Blutungsin-dex(1). „Das soll jetzt nicht heißen, dass Bisphosphonate eine Therapieoption bei Parodontalerkrankungen sind, aber sicherlich auch keine Kontraindikation", so Gruber.
Bisphosphonate unterstützen auch die Frakturheilung, wie eine Studie vom McDonald zeigt. Es bildet sich ein deutlich größerer Kallus(2). Vielleicht aus dieser Idee heraus wurden Zahnimplantate entwickelt, die mit Bisphosphonaten gecoated sind. Sie haben eine deutlich höhere Stabilität als solche ohne entsprechendes Coating(3).
Berichte über Kieferosteonekrose (Osteonecrosis of the Jaw, ONJ) unter Bisphosphonattherapie gibt es, allerdings als Fallberichte. In der großen Zulassungstudie des einmal jährlich intravenös zu gebenden Bisphosphonats Zolendronat (Aclasta®) trat in drei Jahren bei 3.876 PatientInnen in der Verum- und 3.867 PatientInnen in der Placebogruppe je ein Fall von ONJ auf(4).
Gruber erzählt von Versuchen seiner eigenen Arbeitsgruppe, durch hohe Zolendronatgaben ein Osteonekrosemodell bei Ratten zu etablieren. Der Versuch scheiterte. „Sowohl bei den Kontrollen als auch unter Zolendronattherapie heilten Zahnextrationen wunderbar aus", so Gruber.
Für die zahnärztliche Praxis ist wohl besonders bedeutend, dass 90 bis 95% der ONJ unter Bisphosphonattherapie Fälle mit einer onkologischen Erstdiagnose(5) sind. Bei dieser Patientengruppe sind die Bisphosphonatdosen unvergleichlich höher als bei der Behandlung von Osteopathien wie Osteoporose.
Grundsätzlich ist eine Bisphosphonattherapie also durchaus keine Kontraindikation zu zahnärztlichen Behandlungen aller Art. Gruber rät allerdings, besonders parenterale Bisphosphonate nicht unmittelbar nach einer Extraktion oder einem Implantat zu geben. Der Grund: „Die Bisphosphonate lagern sich in neu gebildetem Knochen ein. Evidenz gibt es wie so oft keine, aber pathophysiologisch ist es sinnvoll, während der Knochenregeneration, also zwei bis drei Monate nach dem Eingriff im Kiefer, keine Bisphosphonate zu geben", so Gruber.
Bei einer Bisphosphonatgabe vor einem Eingriff im Kiefer besteht dieses Problem nicht, da sich die Bisphosphonate sehr schnell im Knochen einlagern, also keine freien Moleküle zur Verfügung stehen, die im Kieferknochen wirken könnten.  Es sollte also nicht der Zahnarzt nach einer Bisphosphonattherapie fragen, sondern umgekehrt der die hoch dosierten Bisphosphonate verabreichende Arzt nach vorhergehenden Kieferbehandlungen.
Für das Biologikum Denusomab gilt übrigens ganz Ähnliches wie für Bisphosphonate: Auch hier wurde eine leicht erhöhte Inzidenz von ONJ gefunden, aber wiederum ganz überwiegend bei onkologischen PatientInnen.
Einen positiven Einfluss auf die parodontale Regeneration hat ein ausreichend hoher Vitamin-D-Spiegel(6). Gruber: „Auch bei der Implantateinheilung spielt der Vitamin D-Spiegel eine Rolle." Ebenso bestehen für Parathormon Hinweise darauf, dass es die Osseointegration von Implantaten verbessern könnte, allerdings fehlen auch hier noch große klinische Studien.

Livia Rohrmoser

Literatur:
1 Rocha ML, Malacara JM, Sánchez-Marin FJ et al., Effect of alendronate on periodontal disease in postmenopausal women: a randomized placebo-controlled trial. J Periodontol. 2004 Dec; 75(12): 1579-85

2 McDonald MM, Dulai S, Godfrey C et al., Bolus or weekly zoledronic acid administration does not delay endochondral fracture repair but weekly dosing enhances delays in hard callus remodeling. Bone. 2008 Oct; 43(4): 653-662

3 Abtahi J, Tengvall P, Aspenberg P, A bisphosphonate-coating improves the fixation of metal implants in human bone. A randomized trial of dental implants Bone. 2012 May; 50(5): 1148-1151

4 Black D, Delmas PD, Eastell R et al.,   Once-Yearly Zoledronic Acid for Treatment of Postmenopausal Osteoporosis. NEJM 2007; 356(18): 1809-1822

5 Kraut M-T, Fügl A, Gruber R, Bisphosphonat-assoziierte Osteonekrosen des Kieferknochens. Wiener Klinische Wochenschrift, 2008, 120 (15-16): 467-476

6 Bashutski JD, Eber RM, Kinney JS et al., The impact of vitamin D status on periodontal surgery outcomes. J Dent Res. 2011 Aug; 90(8): 1007-1012