Frischer Wind: Zahnärztekammer-Wahl 2021

Während noch viele in der Corona-Schockstarre verharren, nutzen andere die Gelegenheit, sich in aller Ruhe über die Zukunft der Zahnmedizin Gedanken zu machen. Wie wird die Zukunft des zahnärztlichen Berufes aussehen? Wohin soll die Reise gehen? Wo gibt es dringend Verbesserungsbedarf? Wie schafft man den Sprung von der Steinzeit ins 3. Jahrtausend? Eine Gruppe engagierter Zahnärztinnen und Zahnärzte hat sich zusammengetan, um bei der kommenden Kammerwahl in Wien anzutreten. Wir haben sie zu ihren Ideen und Visionen befragt.

Wie heißt die Gruppe? Wer verbirgt sich dahinter?

ROMANIN: Anfänglich gründete – nach vielen Debatten über Verbesserungen bei der Standespolitik und bei den Serviceleistungen – eine zunächst noch lose Gruppe, bestehend aus einigen Wiener Zahnärztinnen und Zahnärzten, einen Verein, aus dem sich dann eine standespolitische Bewegung mit beeindruckender Dynamik formierte. Das klare Ziel ist, bei den Zahnärzte-Kammerwahlen in Wien 2021 zu kandidieren und zu gewinnen. Unser Team ist bunt gemischt, von frisch gebackenen Kolleginnen und Kollegen bis zu arrivierten Expertinnen und Experten aus den verschiedensten Teilgebieten der Zahnmedizin. Der Name unserer Bewegung lautet NOVUM 21.

Warum haben Sie diese Gruppe gegründet?

ROMANIN: Einige Kolleginnen und Kollegen haben schon vor Jahren über eine standespolitische Liste nachgedacht. Nachdem die Coronakrise aufgezeigt hat, dass die Kommunikation unserer Standesvertreter gegenüber ihrer Basis desaströs war und unsere Anliegen und dahingehenden Versuche, sie zu motivieren, beharrlich ignoriert und zurückgewiesen wurden – zahlreiche Schreiben zwischen Standesvertretung und Kollegen liegen vor –, war die Bildung einer standespolitischen Opposition nur eine logische Konsequenz.

Was sind die wichtigsten Ziele?

ROMANIN: Die Beantwortung dieser Frage würde den Rahmen sprengen, jedoch sind unsere drei vorrangigen Ziele: Wir treten für eine Verbesserung der Kommunikation seitens der Standesvertretung und Einbeziehung der Basis ein. (Die Kammer ist für uns da – nicht umgekehrt). Wir fordern mehr Transparenz. Fragen wie: Was verdient ein Funktionär inkl. Sitzungsgelder? Was passiert mit unseren Zahlungen an den Wohlfahrtsfonds? etc. müssen klar beantwortet werden können. Haben Sie z.B. gewusst, dass der Wohlfahrtsfonds bald eine Milliarde Euro schwer sein wird, und unsere Kammer diskutiert noch immer darüber, warum unsere Regierung die Ärzte finanziell nicht mehr stützt? Wir unterstützen daher eine Reduktion von Kammer- und Wohlfahrtsfondsbeiträgen.

Um eine Liste zu gründen – wie viele Unterschriften brauchen Sie? Wie viele haben Sie schon?

ROMANIN: Eine standespolitische Liste benötigt aktuell 23 aktive Mitglieder und 120 Unterstützer. Wir haben mit Stand heute (Anfang Jänner, Anm. d. Red.) 15 Mitglieder und etwa 100 Wiener Kolleginnen und Kollegen, die uns unterstützen. Übertragen auf ein Land wie Österreich bedeutet dies, dass rund eine Million wahlberechtigte Menschen die Gründung einer politischen Partei unterstützen müssten, damit sie zugelassen wird. Inwiefern man solch ein „Politikum“ als Hürde unserer derzeitigen Standesvertretung bezeichnen mag, überlasse ich jedem Einzelnen.

Die Wahlen finden ja alle fünf Jahre statt. Wie hoch war die Wahlbeteiligung 2016?

ROMANIN: Ich bedauere, ich kann diese Frage leider nicht beantworten. Diesbezüglich gibt es meines Wissens nach keine gesicherten Informationen. Da es nur eine wahlwerbende Liste gab, war die Beteiligung an der Wahl meiner Einschätzung nach nicht sehr hoch.

Haben Sie schon ein Wahlprogramm für den Antritt bei der Wiener Wahl?

ROMANIN: Ja, aus vielen Diskussionen untereinander und zudem unzähligen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen ging ein ausführliches Wahlprogramm hervor, das in seinen Grundzügen seit Mai 2020 existiert und seither ständig weiterentwickelt wurde. Es ist auf unserer Website www.novum21.com einfach abzurufen.

Was sind Ihre wichtigsten Kritikpunkte an der derzeitigen Kammerführung?

ROMANIN: Fehlende Kommunikation und nicht vorhandenes Krisenmanagement. Eine Kammer sollte sich für die Interessen ihrer Basis einsetzen. Einige Kollegen würden sich gerne aktiv an unserem standespolitischen Engagement beteiligen, fürchten jedoch Repressalien seitens der Zahnärztekammer. Das heißt, dass es tatsächlich Kolleginnen und Kollegen gibt, die Angst vor ihrer eigenen Standesvertretung haben. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Viel zu hohe Beitragszahlungen an Kammer und Wohlfahrtsfonds.

Haben Sie dazu konkrete Verbesserungsvorschläge?

ROMANIN: Unser Ziel ist es, die Standesvertretung deutlich serviceorientierter zu gestalten und auch „heiße Eisen“ anzupacken. Wie sieht es etwa mit neuen Technologien aus? Die Digitalisierung der Ordinationen schreitet zügig voran, es gibt keine erkennbaren Prozesse seitens der Standesvertretung, wie sie damit umzugehen gedenkt. Mehr Service gegenüber Ordinations-Gründern, klare Konzepte für Spezialisierungen und die Umsetzung eines modernen und familienfreundlichen Berufsbildes gehören neben der Schaffung von deutlich mehr Transparenz einfach zu den Basisaufgaben einer Standesvertretung.

Haben Sie Reaktionen auch aus den Bundesländern? Will da vielleicht auch wer mitmachen?

ROMANIN: NOVUM 21 ist zunächst einmal für den Antritt zur Wiener Wahl gegründet worden. Wir stehen mit Kollegen sowie Standesvertretern aus anderen Bundesländern in regem Austausch. Seitens der Kollegen gibt es großen Zuspruch, dennoch ist unser Fokus aktuell auf das Antreten bei der Wiener Wahl gerichtet.

Hat sich die Zahnärztekammer bereits zu Ihrem Vorhaben geäußert?

ROMANIN: Ja, aber ich möchte weder die Art und Weise kommentieren, noch das Niveau auf Grundlage dessen Kommentare seitens des Kollegen Ratschews veröffentlicht wurden, bewerten. Jeden, den es interessiert, kann es nachlesen und sich selbst ein Bild machen. Diesbezügliche Schreiben finden sich z.B. in der ÖZZ 3/2020, 12/2020 und diversen uns vorliegenden ZIV-Newslettern.

Vielen Dank für das Interview!

Nähere Informationen finden Sie unter www.novum21.com.
In der nächsten Ausgabe stellen wir eine andere neue Liste vor – das „Forum Zahnärzte Wien“.

Dr. Marius Romanin