Donaustadt: MKG-Chirurgie in Corona-Zeiten

Prim. DDr. Michael Öckher studierte an der MedUni Wien Medizin und Zahnmedizin und absolvierte danach die Facharztausbildung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am AKH Wien. 2013 kam er als Oberarzt an das Kompetenzzentrum für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie im Donauspital (heute Klinik Donaustadt). Nach der interimistischen
Leitung der Abteilung seit Oktober 2017 wurde er mit 1. April 2018 zum Abteilungsvorstand bestellt.

Was macht das Kompetenzzentrum für MKG-Chirurgie?

ÖCKHER: Das Kompetenzzentrum hat zwei Bereiche. Einerseits betreiben wir die Ambulanz für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie in der Klinik Donaustadt. Es stehen uns vier Betten auf der kinderchirurgischen Station und vier Betten, die wir auf der HNO belegen dürfen, zur Betreuung unserer stationären Patienten zur Verfügung. Die insgesamt acht Ärzte (davon zwei in Facharztausbildung) teilen sich rund fünf Vollzeitstellen. Unsere Schwerpunkte sind seit Jahren unverändert – einerseits die orthognathe Chirurgie sowie die Spaltchirurgie, daneben versorgen wir selbstverständlich auch die Gesichtsschädeltraumata und führen ambulant eine Vielzahl verschiedener Eingriffe durch. Im Bereich der Jugendzahnheilkunde gilt unser besonderes Augenmerk den Kindern und Jugendlichen mit „besonderen Bedürfnissen“. Dieser Begriff soll all jene Kinder und Jugendliche inkludieren, die einer Behandlung im niedergelassenen Bereich nicht zugänglich sind. Diese PatientInnen werden dann meist in Sedierung oder Kurznarkose von unseren neun Zahnärzten behandelt.

Was sind Ihre persönlichen Schwerpunkte?

ÖCKHER: Meine Schwerpunkte liegen wie allgemein an der Abteilung im Bereich der orthognathen Chirurgie sowie der Spaltchirurgie. Beide Operationsgebiete machen uns als Abteilung unglaublich Freude, weil sie unsere Patientinnen und Patienten so positiv beeinflussen. So unterschiedlich die beiden Patientengruppen und Operationen sind, so wichtig ist doch bei beiden eine (Wieder-)Herstellung der Funktion, die dann ihrerseits eine positive Beeinflussung der Gesichtsästhetik bewirkt. Deshalb versuchen wir auch, die Patienten möglichst langfristig nachzukontrollieren. Unsere Spaltpatienten sehen wir z.B. einmal jährlich im Geburtsmonat und können dabei beobachten, wie Säuglinge zu Kindern, Jugendlichen und zu jungen Erwachsenen werden. Das macht diese Art der Tätigkeit so lohnend, und wir alle haben neben unseren eigenen Kindern auch eine große Anzahl von Kindern, die wir seit der Geburt kennen und die wir langfristig begleiten dürfen.

Wie geht die Abteilung mit der COVID-19-Pandemie um?

ÖCKHER:
Covid-19 hat uns als Abteilung vor große Herausforderungen gestellt. Besonders in der ersten Phase, in der wenig Information, was die Krankheit betrifft, vorlag, wir aber reagieren mussten. Das machte unsere Arbeit nicht einfach. Wir haben uns Mitte März entschieden, zunächst nur dringend notwendige Eingriffe durchzuführen und dadurch unser zu 95 Prozent aus langfristig geplanten Eingriffen bestehendes OP-Programm zu verschieben. In diesem Zusammenhang muss ich mich auch für die gute Zusammenarbeit aller Berufsgruppen bedanken. Gemeinsam haben wir es geschafft, hunderte Eingriffe zuerst auf unbestimmte Zeit zu verschieben und dann ab Mai alle Operationen durchzuführen, sodass wir mit Anfang September keine ausstehenden Operationen mehr hatten. Im stationären Bereich werden alle Patienten bei der Aufnahme auf Covid-19 getestet und können nach Vorliegen des negativen Testergebnisses operiert werden. Im ambulanten Bereich ist es für uns viel schwieriger, da eine akute Testung derzeit nicht möglich ist und wir es daher immer mit potenziell infektiösen Patienten zu tun haben. Nachdem die Patienten in unserem Bereich bei der Behandlung auch keine Masken tragen können, sind alle Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen sowie Zahnärzte besonders gefährdet. Mir ist es ein Anliegen, meinen an den Patienten tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Berufsgruppen eine Schutzausrüstung bieten zu können, die eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 möglichst unwahrscheinlich macht. Deshalb haben wir mit Unterstützung der kollegialen Führung des Hauses Atemschutzmasken mit externer gefilterter Belüftung angeschafft, die wir bei Eingriffen an nicht getesteten Personen verwenden und die wir auch bei der akut notwendigen Behandlung Covid-19-positiver Patienten verwenden können. Ich hoffe, dass es wirklich nicht so weit kommt, aber selbst im Fall einer weiteren Pandemie in den kommenden Jahren könnten wir mit diesen Masken unsere Arbeit gut weiterführen.

Was liegt Ihnen im Bereich der MKG-Chirurgie noch besonders am Herzen?

ÖCKHER: Meiner Mannschaft und mir macht die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie wirklich Spaß und so hoffe ich, dass wir in den kommenden Jahren weiterhin junge Menschen motivieren können, die lange Ausbildung auf sich zu nehmen und mit uns die Betreuung der Patientinnen und Patienten zu übernehmen.

Herzlichen Dank für das Interview!

Priv.-Doz. Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und
Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

Prim. DDr. Michael Ökher